15859/J XXVII. GP

Eingelangt am 03.08.2023
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Anfrage

 

der Abg. Mag.a Selma Yildirim

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Versagen der Bundesregierung – parteipolitische Personalentscheidungen - Weisungsrat

 

Mit 1. Jänner 2016 wurde der sogenannte Weisungsrat eingesetzt. Diesem gehören der Generalprokuratur als Vorsitzender und zwei weitere Mitglieder an; zur Vertretung der Mitglieder werden zwei Ersatzmitglieder bestellt. Die Vertretung des Generalprokuratur als Vorsitzenden findet über seinen ersten Stellvertreter in der Rangfolge von § 182 Abs. 3 RStDG statt. Die Bestellung erfolgt für sieben Jahre, Wiederbestellungen sind nicht zulässig.

 

Die diesbezügliche Bestimmung in der Strafprozessordnung, § 29b StPO, lautet:

 

"§ 29b (1) Bei der Generalprokuratur besteht ein Beirat für den ministeriellen Weisungsbereich („Weisungsrat“). Diesem gehören der Generalprokurator als Vorsitzender und zwei weitere Mitglieder an. Im Fall ihrer Verhinderung werden der Generalprokurator durch seine Ersten Stellvertreter in der Rangfolge (§ 182 Abs. 3 RStDG), die beiden weiteren Mitglieder durch Ersatzmitglieder vertreten.

 

(2) Die beiden weiteren Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder werden auf Basis einer Vorauswahl durch den Rechtsschutzbeauftragten der Justiz (§ 47a StPO) nach Anhörung der Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs über Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten für die Dauer von sieben Jahren bestellt. Wiederbestellungen sind nicht zulässig. Der Vorschlag hat zumindest doppelt so viele Namen zu enthalten, wie Personen als Mitglieder zu bestellen sind. Bei vorzeitigem Ausscheiden eines Mitglieds oder Ersatzmitglieds ist ein Nachfolger für den Rest der Funktionsperiode zu bestellen.

 

(3) Die Bestellung der weiteren Mitglieder und der Ersatzmitglieder endet bei Verzicht, im Fall des Todes, mit Ende der Funktionsperiode oder wegen nachträglicher Unvereinbarkeit gemäß Abs. 4, im Fall des Endes der Funktionsperiode jedoch nicht vor einer Neubestellung gemäß Abs. 2. Jedes Mitglied des Weisungsrats hat eine Befangenheit im Sinne des § 47 Abs. 1 StPO unverzüglich den anderen Mitgliedern anzuzeigen.

 

(4) Die gemäß Abs. 2 bestellten weiteren Mitglieder und Ersatzmitglieder des Weisungsrats müssen besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Straf- und Strafverfahrensrechts aufweisen sowie mindestens fünfzehn Jahre in einem Beruf im Bereich des Strafrechts tätig gewesen sein, für den der Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften Berufsvoraussetzung ist. Richter- und Staatsanwälte des Dienststandes, der Rechtsschutzbeauftragte und seine Stellvertreter, Rechtsanwälte, die in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen sind, und andere Personen, die vom Amt eines Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen oder zu diesem nicht berufen sind (§§ 2 und 3 des Geschworenen- und Schöffengesetzes) dürfen als weitere Mitglieder nicht bestellt werden. Das Gleichbehandlungsgebot ist zu beachten.

 

(5) Der Weisungsrat ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende oder seine Vertretung und zwei weitere Personen als Mitglieder oder Ersatzmitglieder anwesend sind. Er trifft seine Entscheidungen mit einfacher Mehrheit. Eine Stimmenthaltung ist unzulässig. Eine Beschlussfassung im Umlaufweg ist zulässig, wenn sich sämtliche Mitglieder des Weisungsrats damit im Einzelfall einverstanden erklären.

 

(6) Die Sitzungen und Abstimmungen des Weisungsrats sind nicht öffentlich. Die Mitglieder des Weisungsrats unterliegen der Amtsverschwiegenheit. Sie sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Die Äußerungen (§ 29c Abs. 3) des Weisungsrats können von diesem in sinngemäßer Anwendung des § 35b bekannt gegeben werden.

 

(7) Die näheren Regelungen über die Aufgaben des Vorsitzenden, Rechte und Pflichten der Mitglieder, die Einberufung von Sitzungen, die Vertretung der weiteren Mitglieder im Verhinderungsfall, die Bedingungen der Beschlussfassung im Umlaufweg und die Protokollierung sind in einer Geschäftsordnung des Weisungsrats zu treffen, die der Genehmigung des Bundesministers für Justiz bedarf.

 

(8) Die Kanzleigeschäfte des Weisungsrats werden von der Geschäftsstelle der Generalprokuratur wahrgenommen. Den gemäß Abs. 2 bestellten Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Weisungsrats gebührt als Entschädigung für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Bundesgesetz für jede, wenn auch nur begonnene Stunde ein Zehntel der Entschädigung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes für einen Sitzungstag (§ 4 Abs. 3 des Verfassungsgerichtshofgesetzes). Für die Vergütung ihrer Reisekosten gelten die Bestimmungen der Reisegebührenvorschrift für Bundesbedienstete sinngemäß mit der Maßgabe, dass ihr Wohnsitz als Dienstort gilt und dass ihnen die Reisezulage in der Gebührenstufe 3 gebührt. Für die Bemessung der den gemäß Abs. 2 bestellten Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Weisungsrats zustehenden Gebühren ist der Bundesminister für Justiz zuständig."

 

Die Mitglieder des Weisungsrats sind gemäß der Homepage der Generalprokurator folgende Personen:

Vorsitzender

Generalprokurator Prof. Dr. Franz Plöchl

 

Stellvertreter des Vorsitzenden

Erster Generalanwalt Mag. Ulrich Knibbe

Erster Generalanwalt Mag. Alexander Bauer

Erste Generalanwältin Mag. Margit Wachberger

Erster Generalanwalt Mag. Georg Höpler

 

 

Weitere Mitglieder

Dr. Walter Presslauer, Generalprokurator i.R.

Univ.-Prof. Hon.-Prof. (UQ) Dr. Susanne Reindl-Krauskopf

 

Ersatzmitglieder

em. O.Univ.-Prof. Dr. Helmut Fuchs

Dr. Walter Pilgermair, Präsident des OLG Innsbruck i.R.

 

Mit 1. Jänner 2023 besteht daher der Weisungsrat seit sieben Jahren.

 

Auf der Homepage meineabgeordneten.at ist ersichtlich, dass beispielsweise Dr. Walter Presslauer mit 1. Jänner 2016 zum Mitglied des Weisungsrates durch Bundespräsident Dr. Heinz Fischer bestellt wurde; seine Funktionsperiode ist daher am 31. Dezember 2022 abgelaufen.

 

Da die Bundesregierung aufgrund von parteipolitischen Absprachen und dem totalen Zerwürfnis der beiden Regierungsparteien in Personalangelegenheiten nicht in der Lage ist, sich auf die Bestellung von wichtigen Funktionen in der Republik zu einigen und diese dem Bundespräsidenten gesetzeskonform vorzuschlagen (siehe die Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde und die Stelle des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts), erhebt sich daher auch die Frage, wie dies bei der so wichtigen Einrichtung des Weisungsrates ist.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

1. Mit welchem Datum wurden die Mitglieder des Weisungsrates Dr. Walter Presslauer, Generalprokurator i.R. und Univ.-Prof. Hon.-Prof. (UQ) und Dr. Susanne Reindl-Krauskopf jeweils als Mitglied bestellt und wann läuft ihre Funktionsperiode jeweils ab?

 

2. Mit welchem Datum wurden die Ersatzmitglieder des Weisungsrates em. O.Univ.-Prof. Dr. Helmut Fuchs und Dr. Walter Pilgermair, Präsident des OLG Innsbruck i.R. jeweils als Ersatzmitglied bestellt und wann läuft ihre Funktionsperiode jeweils ab?

 

3. Wie viele Sitzungen hat der Weisungsrat seit 1. Jänner 2023 abgehalten und welche Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder haben jeweils daran teilgenommen?

 

4. Haben an Sitzungen des Weisungsrates Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder teilgenommen, bei welchen die siebenjährige Funktionsperiode bereits abgelaufen ist und wurde dabei die Bestimmung des Abs. 3 (siehe oben) in Anspruch genommen?

 

5. Wenn ja, wie rechtfertigen Sie als zuständige Ministerin die Inanspruchnahme dieser Bestimmung, die nur in Ausnahmefällen schlagend werden sollte?

 

6. Wann hat der Rechtsschutzbeauftragte der Justiz gemäß den oben zitierten Bestimmungen eine Vorauswahl für neue Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Weisungsrates Ihnen jeweils übermittelt?

 

7. Wann haben Sie jeweils der Bundesregierung einen Ministerratsvortrag betreffend die Bestellung von Mitgliedern bzw. Ersatzmitgliedern des Weisungsrates vorgelegt?

 

8. Wenn Sie keinen Ministerratsvortrag vorgelegt haben, wer hat dies wann verhindert?

 

9. Welche Maßnahmen haben Sie im gegenständlichen Verfahren seit der Vorauswahl durch den Rechtschutzbeauftragen der Justiz gesetzt?

 

10. Gemäß der Systematik unserer Bundesverfassung haben Oberste Organe ihre Aufgaben ohne unnötigen Aufschub zu erledigen. Wie beurteilen Sie als Bundesministerin für Justiz den der Anfrage zugrunde liegenden Sachverhalt, wonach Bestellungen von wichtigen Organen und Einrichtungen dieser Republik von den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung nicht ordnungsgemäß und gesetzeskonform erledigt werden und was werden Sie unternehmen, um endlich eine gesetzeskonforme Lösung hinsichtlich der Bestellung von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Weisungsrates auf den Weg zu bringen?