15868/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.08.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend endlich für bessere zahnmedizinische Versorgung sorgen!
Der Besuch beim Zahnarzt gehört für viele Menschen zu den unangenehmsten Erfahrungen im Gesundheitsbereich. Doch nicht nur aufgrund von persönlichen Ängsten ist die zahnmedizinische Versorgung für viele Österreicher*innen eine enorme Belastung: Gerade angesichts der aktuellen Rekord-Teuerung sind die hohen Kosten, die für viele Zahnbehandlungen privat zu zahlen sind, für immer mehr Personen kaum zu begleichen. Lange Wartezeiten, große Entfernungen und vor allem hohe Privatkosten sorgen dafür, dass Österreich europaweit zu den Schlusslichtern im Bereich der Zahngesundheit gehört. In einem europaweiten Ranking lag Österreich 2020 bei der Zahngesundheit nur auf dem 20. Platz und wurde dabei von Ländern wie Polen und Rumänien geschlagen.[1]
Die zahlreichen Absurditäten, die beim Weg zum Zahnarzt zu beachten sind, sind den meisten Österreicher*innen bekannt. Das Online-Medium Moment.at fasste die aktuelle Situation vor wenigen Jahren in den Worten einer zweifachen Mutter, die sich notwendige Zahnimplantate nicht leisten konnte, treffend zusammen: „Ich verstehe nicht, warum die Krankenkasse anstandslos die Behandlung eines gebrochenen Beines bezahlt, aber nicht für einen kaputten Zahn.“[2] Fakt ist, dass nur Leistungen, die im Leistungskatalog der Krankenkasse stehen, bezuschusst werden können. Wer eine Zahnlücke mit einem Implantat schließen möchte, muss dies komplett aus eigener Tasche bezahlen – bezuschusst wird nur eine halb so teure Brücke, diesen Zuschuss zumindest auf ein Implantat zu übertragen, ist aber rechtlich bisher nicht möglich. Auch eine Narkose im Fall einer Zahnwurzelbehandlung muss beispielsweise privat bezahlt werden. Obwohl für diese und viele weitere Situationen sowohl von den Patient*innen als auch von der Zahnärztekammer Reformen gefordert werden, gilt die derzeit gültige Vertragsregelung zwischen Krankenkassen und Zahnärzt*innen in ihren Grundzügen seit 1957.
Wozu diese untragbaren Zustände führen, zeigte eine Studie des Instituts für Höhere Studien zur Zahngesundheit der letzten zwanzig Jahre in Österreich: „Nach der Finanzkrise 2008 leisteten sich Menschen mit niedrigeren Gehältern noch seltener als davor nötige zahnärztliche Behandlungen. 2010, als die Auswirkungen der Krise am deutlichsten zuschlugen, waren es sogar fast 5 Prozent der Bevölkerung in der unteren Einkommensschicht.“[3]

Gerade angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation, sowie der Nachwirkungen der Corona-Pandemie droht sich genau dieses Szenario verstärkt zu wiederholen: Der Zahngesundheit der österreichischen Bevölkerung muss eine hohe Priorität eingeräumt werden, weil gesunde Zähne nicht zum Privileg der obersten Einkommensschichten werden dürfen!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Welche konkreten Pläne hat Ihr Ressort, um Österreich im europäischen Vergleich der Zahngesundheit nach vorn zu bringen und den Österreicher*innen eine bessere und leistbarere Versorgung als in Ländern wie Polen oder Rumnänien zu garantieren?
2. Wie viele Kassenvertragsstellen für Zahnärzt*innen waren in Österreich im Jahr 2022 mehr als drei Monate unbesetzt? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Bundesland.
a. Bitte geben Sie dahingehend auch die entsprechenden Daten der Jahre 2012-2021, aufgeschlüsselt nach Bundesländern, an.
3. Wie viele Kassenvertragsstellen für Zahnärzt*innen sind in Österreich aktuell unbesetzt? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Bundesland.
4. Für die Leistung wie vieler, im Bundesgebiet niedergelassenen Zahnärzt*innen für Allgemeinmedizin wurden im Jahr 2022 Kostenerstattungen eingereicht? Bitte um detaillierte Aufschlüsselung nach Bundesland.
a. Bitte geben Sie dahingehend auch die entsprechenden Daten der Jahre 2012-2021, aufgeschlüsselt nach Bundesländern, an.
5. Wie viele Personen pro Jahrgang werden aktuell für das Zahnmedizinstudium zugelassen?
a. Gibt es seitens Ihres Ressorts Pläne bzw. Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, um die Zahl der zugelassenen Studierenden pro Jahrgang zu erhöhen? Wenn nein, warum nicht?
6. Wie viele Personen haben in den Jahren 2012 bis 2022 um Refundierung von Kosten aufgrund von Zahnbehandlungen angesucht? Bitte um Auflistung nach Jahre, Versicherungsträger und falls möglich Bundesland.
7. Wie hoch waren die Beträge der Kosten aufgrund von Zahnbehandlungen, für die in den Jahren 2012 bis 2022 eine Refundierung angesucht wurden und welche Kosten wurden refundiert? Bitte um Auflistung nach Jahre, Versicherungsträger und falls möglich Bundesland.
8. Gibt es seitens Ihres Ressorts konkrete Pläne, um die aktuell gültige Vertragsregelung mit der Zahnärztekammer zu erneuern und insbesondere bessere Kostenübernahmen für Zahnbehandlungen zu garantieren?
a. Wenn ja, welche Reformen streben Sie wann an?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?
9. Gibt es seitens Ihres Ressorts insbesondere konkrete Pläne, um die Regelungen bez. der Höhe von Selbstbehalten im Bereich der Zahnmedizin zu reformieren?
a. Wenn ja, welche Reformen streben Sie wann an?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?
10. Gibt es seitens Ihres Ressorts insbesondere konkrete Pläne, um den Leistungskatalog im Bereich der Zahnmedizin zu reformieren?
a. Wenn ja, welche Reformen streben Sie wann an?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?
11. Welche konkreten Pläne verfolgt Ihr Ressort, um insbesondere die zahnmedizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und damit langfristige Kosten für die Betroffenen und das Gesundheitssystem abzufedern? Bitte um detaillierte Auflistung der Maßnahmen.
a. Planen Sie insbesondere eine Ausweitung der „kostenlosen Zahnspange“ auch auf herausnehmbare Zahnspannen, wie von vielen Zahnärzt*innen gefordert?
12. Für wie viele Kinder/Jugendliche wurde seit der Einführung dieser Maßnahme 2015 die „kostenlose Zahnspange“ bezahlt? Bitte um Auflistung nach Jahre, Versicherungsträger und falls möglich Bundesland.
a. Wie viele dieser Anträge auf Kostenübernahmen wurden abgelehnt, da die festgestellte Zahnfehlstellung nicht schwer genug war?
13. Welche zusätzlichen Budgetmittel werden Sie, insbesondere aber nicht ausschließlich, im Zuge der laufenden Budgetverhandlungen 2023 beantragen, um die Krankenkassen beim Ausbau der Leistungen im Bereich der Zahnmedizin zu unterstützen?