Eingelangt am 04.08.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen
und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Folgeanfrage: Kriegsverbrechen
in der Ukraine
Folter, Misshandlungen,
sexuelle Gewalt, Massenhinrichtungen, Verschleppung von Kindern, gezielte
Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen,
Spitäler, Supermärkte, Kultureinrichtungen sowie Wohnhäuser:
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird fast
täglich über „schwere internationale Verbrechen“ im Sinne
des Völkerstrafrechts berichtet. Zuletzt auch durch den Ermittlungsbericht
der Untersuchungskommission für die Ukraine des UN-Menschenrechtsrats, der
eine Vielzahl an durch russische Streitkräfte begangene
Verstöße gegen die internationalen Menschenrechte und das
humanitäre Völkerrecht aufzeigt. Eine zentrale Empfehlung dieser
Kommission ist es, alle Verstöße und Verbrechen zu untersuchen. Denn
die Verantwortlichen müssen - sei es mittels nationaler oder
internationaler Strafverfolgung - zur Rechenschaft gezogen werden.1
Um die Aufklärung der
in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen und anderen
Völkerrechtsverbrechen voranzutreiben, hat das Außenministerium dem
Büro des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH)
100.000 Euro zur Verfügung gestellt, das Justizministerium hat zudem eine
nationale Expertin zum IStGH entsandt. Laut Medienberichten informieren Justiz-
und Innenministerium schutzsuchende Personen aus der Ukraine seit 28.4.2022 mit
einer SMS über Ermittlungen zu Kriegsverbrechen.2 Darüber
hinaus wurde seitens des Justizministeriums per Erlass vom 5. Juli 2022 an die
Staatsanwaltschaften die Voraussetzungen für die inländische
Gerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen und anderen Straftaten nach dem 25.
Abschnitt des Strafgesetzbuches präzisiert. Essentiell ist jedoch die
Beweissicherung von Völkerrechtsverbrechen in jedem einzelnen
Land. Mittels parlamentarischen Anfragen3 versuchten wir NEOS
herauszufinden, wie viele Ressourcen im Inland zur Verfügung gestellt
wurden, um in Österreich wichtige Beweise zu sichern und Verfahren nach dem
25. Abschnitt des StGB zu bearbeiten, inwiefern Schutzsuchende auf der Ukraine
informiert werden, wie mit Rechtshilfeersuchen verfahren wird und welchen
Beitrag Österreich in diesem Kontext auf nationaler und internationaler
Ebene setzt. Aus den Beantwortungen ergab sich, dass weder Justiz- noch
Innenministerium per SMS über Ermittlungen zu Kriegsverbrechen informiert
worden sind (11971/AB; 12825/AB).
Konkrete Angaben hinsichtlich der Ressourcen im Inland bleiben ebenfalls offen.
Mit Stand 31. März 2023 gab es noch keine Ermittlungsverfahren betreffend
Völkerrechtsverbrechen in der Ukraine.
Wir NEOS verkündeten erklärten seit
Anfang des russischen Angriffskriegs unsere Solidarität mit der Ukraine
und deren Bevölkerung. Dazu gehört auch die Aufklärung und Bekämpfung
der begangenen begangener Kriegs- und anderen anderer
Völkerrechtsverbrechen voranzutreiben, wozu wir bereits Anträge
gestellt haben - auch die Zusammenarbeit mit dem ICPA wäre ein wichtiger
Schritt in diese Richtung.4 In diesem Sinne ist weiterhin von
Interesse, inwieweit Maßnahmen ergriffen werden, damit auch
Österreich sich daran beteiligt,Kriegs- und Völkerrechtsverbrechen
aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Weiters
sind aktuelle Angaben bezüglich Information von ukrainischen
Schutzsuchenden sowie etwaigen Ermittlungen von Interesse.
- https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/hrbodies/hrcouncil/coiukraine/A_HRC_52_62_AUV_EN.pdf
- https://orf.at/stories/3262518/
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/12159; https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12825; https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/13659
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2519;
https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2517; https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/3387/fnameorig_1564411.html
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Wurden seitens Ihres Ressorts weitere
Maßnahmen gesetzt, um Schutzsuchende aus der Ukraine ausreichend
über die Möglichkeit der Meldung von Kriegsverbrechen zu
informieren?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, welche jeweils?
- Wenn ja, wie viele Personen wurden damit
erreicht? Bitte um Aufschlüsselung pro Monat seit Beginn der
gesetzten Maßnahmen.
- Welche Ressourcen wurden hierzu wann zur
Verfügung gestellt?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurde in Ihrem Ressort eine Einrichtung
geschaffen, um Beweise von Kriegsverbrechen in der Ukraine so schnell wie
möglich zu sichern und Verfahren nach dem 25. Abschnitt des StGB
effizient zu bearbeiten?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, welche jeweils?
- Wenn nein, ist die Einrichtung einer
derartigen Stelle geplant?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Wurden bereits Beweise iZm dem Krieg in
der Ukraine gesammelt?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, welche jeweils?
- Wenn ja, wurden diese entsprechend
gesichert, damit diese z.B. auch in einem internationalen Strafverfahren
verwertet werden können?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurden bereits Beweise, die auf der
"Uploadplattform" des Innenministeriums
(12825/AB) hochgeladen wurden, bearbeitet?
- Wenn ja, inwiefern?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurden Beweise iZm Kriegsverbrechen in der
Ukraine an Eurojust oder den IStGH weitergeleitet?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, welche jeweils?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurden Beweise iZm anderen Kriegsverbrechen
an Eurojust oder den IStGH weitergeleitet?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, welche jeweils?
- Wenn nein, warum nicht?
- Ergingen
seitens Ärzt:innen Anzeigen an die Staatsanwaltschaft
gemäß § 54 Abs 4 ÄrzteG betreffend ukrainische
Schutzsuchende?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, wie viele jeweils?
- Wenn ja, wie wurde in der Folge verfahren
und mit welchem Ergebnis?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurden inzwischen Ermittlungen in Hinblick
auf Völkerrechtsverbrechen in der Ukraine aufgenommen?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, welche wann jeweils durch
welche Maßnahmen?
- Wenn ja, wie viele Ermittlungsverfahren
wurden eingeleitet?
i. Welche Ermittlungshandlungen würden bislang jeweils wann
vorgenommen?
1. Mit welchem Ergebnis?
ii. Wurden bisher Personen befragt?
1. Wenn ja, wann, wie viele und zu wie vielen Sachverhalten?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wie viele Ressourcen stehen im Inland zur
Beweissicherung von Kriegsverbrechen bzw. zur Bearbeitung von Verfahren
nach dem 25. Abschnitt des StGB zur Verfügung (in VZÄ)?
- Wie viele Personen sind in welchen
Funktionen insgesamt beschäftigt?
- Welche zusätzlichen Stellen wurden zur
Beweissicherung von Kriegsverbrechen bzw. zur Bearbeitung von Verfahren
nach dem 25. Abschnitt des StGB mit Ukraine-Bezug zusätzlich
geschaffen (in VZÄ)?
- Wurden weitere Rechtshilfeersuchen seitens
der ukrainischen Strafverfolgungsbehörden übermittelt?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, wie viele mit welchem
Inhalt jeweils?
- Wenn ja, wie wurde in der Folge verfahren
bzw. welche Schritte wurden jeweils wann gesetzt, um dieses Ersuchen
weiter zu betreiben?
- Wenn nein, warum nicht?
- Hinsichtlich des MoU zwischen der
Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine und dem Justizministerium: Wurde
bisher bereits gegenseitige Hilfsleistungen geleistet, was die Verfolgung
von Straftaten iZm dem Krieg in der Ukraine und die Sammlung von Beweisen
angeht?
- Werden diese bilateral abgewickelt oder
ebenfalls über Eurojust?
- Ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft der
Ukraine Ihr Ministerium bereits um Hilfsleistungen?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn ja, welche, wie oft und welchen Inhalts?
iii. Wenn ja, wie wurde in der Folge verfahren?
- Wurden bereits Aussagen von aus der Ukraine
geflohenen Personen betreffend Völkerrechtsverbrechen
gesammelt?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn ja, wurden diese gesichert und der ukrainischen Seite im Rahmen
des MoU zur Verfügung gestellt?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welche konkreten Handlungen zur
Unterstützung der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wurden
seitens Ihres Ministeriums auf Basis des MoU gesetzt? Bitte um Auflistung.
- Jeweils wann und mit welchem Ergebnis?
- Inwiefern kooperiert Ihr Ressort mit dem
ICPA?
- Seit wann?
- Wie gestaltet sich die
Zusammenarbeit?
- Welche Ressourcen stehen hierfür zur
Verfügung?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welche weiteren Schritte wird Ihr Ressort
weiters wann setzen, um die Beweissicherung von Kriegsverbrechen und
anderer Völkerrechtsverbrechen auf nationaler Ebene
sicherzustellen?
- Ist die Zurverfügungstellung von weiteren (personellen, finanziellen) Ressourcen
geplant?
i. Wenn ja, wann und in welchem Umfang?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Welche weiteren Schritte wird Ihr Ressort
weiters wann setzen, um die Beweissicherung von Kriegsverbrechen und
anderer Völkerrechtsverbrechen auf internationaler Ebene
sicherzustellen?
- Ist die Zurverfügungstellung von weiteren (personellen, finanziellen) Ressourcen
geplant?
i. Wenn ja, wann und in welchem Umfang?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Die Entsendung der nationalen Expertin
Österreichs zum Office of the Prosecutor beim IStGH war für ein
Jahr geplant. Ist eine Verlängerung geplant?
i. Wenn nein, warum nicht?