15875/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.08.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Folgeanfrage: Kriegsverbrechen in der Ukraine

 

Folter, Misshandlungen, sexuelle Gewalt, Massenhinrichtungen, Verschleppung von Kindern, gezielte Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Spitäler, Supermärkte, Kultureinrichtungen sowie Wohnhäuser: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird fast täglich über „schwere internationale Verbrechen“ im Sinne des Völkerstrafrechts berichtet. Zuletzt auch durch den Ermittlungsbericht der Untersuchungskommission für die Ukraine des UN-Menschenrechtsrats, der eine Vielzahl an durch russische Streitkräfte begangene Verstöße gegen die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht aufzeigt. Eine zentrale Empfehlung dieser Kommission ist es, alle Verstöße und Verbrechen zu untersuchen. Denn die Verantwortlichen müssen - sei es mittels nationaler oder internationaler Strafverfolgung - zur Rechenschaft gezogen werden.1 

Um die Aufklärung der in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen und anderen Völkerrechtsverbrechen voranzutreiben, hat das Außenministerium dem Büro des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) 100.000 Euro zur Verfügung gestellt, das Justizministerium hat zudem eine nationale Expertin zum IStGH entsandt. Laut Medienberichten informieren Justiz- und Innenministerium schutzsuchende Personen aus der Ukraine seit 28.4.2022 mit einer SMS über Ermittlungen zu Kriegsverbrechen.2 Darüber hinaus wurde seitens des Justizministeriums per Erlass vom 5. Juli 2022 an die Staatsanwaltschaften die Voraussetzungen für die inländische Gerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen und anderen Straftaten nach dem 25. Abschnitt des Strafgesetzbuches präzisiert. Essentiell ist jedoch die Beweissicherung von Völkerrechtsverbrechen in jedem einzelnen Land. Mittels parlamentarischen Anfragen3 versuchten wir NEOS herauszufinden, wie viele Ressourcen im Inland zur Verfügung gestellt wurden, um in Österreich wichtige Beweise zu sichern und Verfahren nach dem 25. Abschnitt des StGB zu bearbeiten, inwiefern Schutzsuchende auf der Ukraine informiert werden, wie mit Rechtshilfeersuchen verfahren wird und welchen Beitrag Österreich in diesem Kontext auf nationaler und internationaler Ebene setzt. Aus den Beantwortungen ergab sich, dass weder Justiz- noch Innenministerium per SMS über Ermittlungen zu Kriegsverbrechen informiert worden sind (11971/AB; 12825/AB). Konkrete Angaben hinsichtlich der Ressourcen im Inland bleiben ebenfalls offen. Mit Stand 31. März 2023 gab es noch keine Ermittlungsverfahren betreffend Völkerrechtsverbrechen in der Ukraine. 

Wir NEOS verkündeten erklärten seit Anfang des russischen Angriffskriegs unsere Solidarität mit der Ukraine und deren Bevölkerung. Dazu gehört auch die Aufklärung und Bekämpfung der begangenen begangener Kriegs- und anderen anderer Völkerrechtsverbrechen voranzutreiben, wozu wir bereits Anträge gestellt haben - auch die Zusammenarbeit mit dem ICPA wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung.4 In diesem Sinne ist weiterhin von Interesse, inwieweit Maßnahmen ergriffen werden, damit auch Österreich sich daran beteiligt,Kriegs- und Völkerrechtsverbrechen aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Weiters sind aktuelle Angaben bezüglich Information von ukrainischen Schutzsuchenden sowie etwaigen Ermittlungen von Interesse. 

 

  1. https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/hrbodies/hrcouncil/coiukraine/A_HRC_52_62_AUV_EN.pdf
  2. https://orf.at/stories/3262518/
  3. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/12159; https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/12825; https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/13659
  4. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2519; https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2517; https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/A/3387/fnameorig_1564411.html 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wurden seitens Ihres Ressorts weitere Maßnahmen gesetzt, um Schutzsuchende aus der Ukraine ausreichend über die Möglichkeit der Meldung von Kriegsverbrechen zu informieren?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, welche jeweils? 
    3. Wenn ja, wie viele Personen wurden damit erreicht? Bitte um Aufschlüsselung pro Monat seit Beginn der gesetzten Maßnahmen. 
    4. Welche Ressourcen wurden hierzu wann zur Verfügung gestellt?
    5. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wurde in Ihrem Ressort eine Einrichtung geschaffen, um Beweise von Kriegsverbrechen in der Ukraine so schnell wie möglich zu sichern und Verfahren nach dem 25. Abschnitt des StGB effizient zu bearbeiten?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, welche jeweils? 
    3. Wenn nein, ist die Einrichtung einer derartigen Stelle geplant? 

                                          i.    Wenn ja, wann? 

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

  1. Wurden bereits Beweise iZm dem Krieg in der Ukraine gesammelt? 
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, welche jeweils? 
    3. Wenn ja, wurden diese entsprechend gesichert, damit diese z.B. auch in einem internationalen Strafverfahren verwertet werden können?
    4. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wurden bereits Beweise, die auf der "Uploadplattform" des Innenministeriums (12825/AB) hochgeladen wurden, bearbeitet? 
    1. Wenn ja, inwiefern? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wurden Beweise iZm Kriegsverbrechen in der Ukraine an Eurojust oder den IStGH weitergeleitet?  
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, welche jeweils? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wurden Beweise iZm anderen Kriegsverbrechen an Eurojust oder den IStGH weitergeleitet? 
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, welche jeweils? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Ergingen seitens Ärzt:innen Anzeigen an die Staatsanwaltschaft gemäß § 54 Abs 4 ÄrzteG betreffend ukrainische Schutzsuchende? 
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, wie viele jeweils? 
    3. Wenn ja, wie wurde in der Folge verfahren und mit welchem Ergebnis? 
    4. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wurden inzwischen Ermittlungen in Hinblick auf Völkerrechtsverbrechen in der Ukraine aufgenommen?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, welche wann jeweils durch welche Maßnahmen?
    3. Wenn ja, wie viele Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet? 

                                          i.    Welche Ermittlungshandlungen würden bislang jeweils wann vorgenommen?

1.    Mit welchem Ergebnis? 

                                        ii.    Wurden bisher Personen befragt?

1.    Wenn ja, wann, wie viele und zu wie vielen Sachverhalten?

    1. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wie viele Ressourcen stehen im Inland zur Beweissicherung von Kriegsverbrechen bzw. zur Bearbeitung von Verfahren nach dem 25. Abschnitt des StGB zur Verfügung (in VZÄ)?
    1. Wie viele Personen sind in welchen Funktionen insgesamt beschäftigt? 
    2. Welche zusätzlichen Stellen wurden zur Beweissicherung von Kriegsverbrechen bzw. zur Bearbeitung von Verfahren nach dem 25. Abschnitt des StGB mit Ukraine-Bezug zusätzlich geschaffen (in VZÄ)? 
  1. Wurden weitere Rechtshilfeersuchen seitens der ukrainischen Strafverfolgungsbehörden übermittelt?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, wie viele mit welchem Inhalt jeweils?
    3. Wenn ja, wie wurde in der Folge verfahren bzw. welche Schritte wurden jeweils wann gesetzt, um dieses Ersuchen weiter zu betreiben?
    4. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Hinsichtlich des MoU zwischen der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine und dem Justizministerium: Wurde bisher bereits gegenseitige Hilfsleistungen geleistet, was die Verfolgung von Straftaten iZm dem Krieg in der Ukraine und die Sammlung von Beweisen angeht?
    1. Werden diese bilateral abgewickelt oder ebenfalls über Eurojust?
    2. Ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine Ihr Ministerium bereits um Hilfsleistungen?

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn ja, welche, wie oft und welchen Inhalts?

                                       iii.    Wenn ja, wie wurde in der Folge verfahren?

    1. Wurden bereits Aussagen von aus der Ukraine geflohenen Personen betreffend Völkerrechtsverbrechen gesammelt? 

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn ja, wurden diese gesichert und der ukrainischen Seite im Rahmen des MoU zur Verfügung gestellt? 

    1. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Welche konkreten Handlungen zur Unterstützung der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wurden seitens Ihres Ministeriums auf Basis des MoU gesetzt? Bitte um Auflistung.
    1. Jeweils wann und mit welchem Ergebnis?
  1. Inwiefern kooperiert Ihr Ressort mit dem ICPA? 
    1. Seit wann?
    2. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit? 
    3. Welche Ressourcen stehen hierfür zur Verfügung?
    4. Wenn nein, warum nicht?  
  1. Welche weiteren Schritte wird Ihr Ressort weiters wann setzen, um die Beweissicherung von Kriegsverbrechen und anderer Völkerrechtsverbrechen auf nationaler Ebene sicherzustellen? 
    1. Ist die Zurverfügungstellung von weiteren (personellen, finanziellen) Ressourcen geplant?

                                          i.    Wenn ja, wann und in welchem Umfang? 

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

 

 

  1. Welche weiteren Schritte wird Ihr Ressort weiters wann setzen, um die Beweissicherung von Kriegsverbrechen und anderer Völkerrechtsverbrechen auf internationaler Ebene sicherzustellen?  
    1. Ist die Zurverfügungstellung von weiteren (personellen, finanziellen) Ressourcen geplant?

                                          i.    Wenn ja, wann und in welchem Umfang?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

    1. Die Entsendung der nationalen Expertin Österreichs zum Office of the Prosecutor beim IStGH war für ein Jahr geplant. Ist eine Verlängerung geplant?

                                          i.    Wenn nein, warum nicht?