15878/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.08.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres  

betreffend Rechtsextreme Kundgebung vor dem Mahnmal gegen Faschismus

Am 29.07. versammelten sich etwa 500 Rechtsextreme vor dem Mahnmal gegen Krieg und Faschismus zu einer Kundgebung unter dem Motto „Remigration“. Der ausgewählte Ort diente den Veranstaltern als bewusst gesetzte Provokation gegenüber allen Opfern von Faschismus und Nationalsozialismus. Im Zuge der Kundgebung posierten Teilnehmer vor dem Mahnmal mit dem rechtsextremen „White Power Gruß“, was einer Verherrlichung der nationalsozialistischen Verbrechen, an die das Mahnmal erinnern soll, gleichkommt.[1] Diese Provokationen sind aber keineswegs überraschend, sondern bei Kundgebungen entsprechender Kreise auf der Tagesordnung. Dennoch sah sich das Bundeministerium für Inneres bzw. die Landespolizeidirektion Wien zu keinem Zeitpunkt veranlasst, die Veranstaltung an diesem geschichtsträchtigen Ort zu untersagen bzw. zu verlegen. Gem §6 Versammlungsgesetz 1953 sind Versammlungen, die das öffentliche Wohl gefährden oder den demokratischen Grundwerten der Republik zuwiderlaufen, zu untersagen. In der Praxis ist es auch durchaus üblich, dass angemeldete Versammlungen an einer ausgewählten Örtlichkeit untersagt und im Anschluss auf Vorschlag der Polizei an einem anderen Ort durchgeführt werden. Eine Verlegung der Veranstaltung um wenige Meter hätte also keinen Eingriff in die Versammlungsfreiheit bedeutet. Offensichtlich wird im Innenministerium eine rechtsextreme Kundgebung unter erwartbarer Teilnahme von Neonazis vor dem Mahnmal gegen Faschismus als völlig vereinbar mit den demokratischen Grundwerten der Republik angesehen.

Ebenso wenig überraschend kommen die im Zuge der Kundgebung angezeigten Verstöße gegen das Verbotsgesetz. Wer Neonazis vor einem antifaschistischen Denkmal aufmarschieren lässt, muss mit entsprechenden Provokationen rechnen. Der Innenminister ist aufgefordert, sich schützend vor die Opfer von Faschismus und Nationalsozialismus bzw. deren Angehörige zu stellen und alles zu unternehmen, um Provokationen und Beflegelungen wie sie sich am 29.07.2023 zugetragen haben, im Vorhinein zu unterbinden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


 

 

ANFRAGE

1.       Wann und von wem wurde die Versammlung am 29.07.2023 mit Startpunkt Helmut Zilk Platz unter dem Titel „Remigration“ der Landespolizeidirektion Wien gemäß Versammlungsgesetz angezeigt?

a.       Was war Inhalt der Anzeige bzw. Anmeldung?

2.       Wurde die Problematik einer rechtsextremen Kundgebung vor dem Mahnmal gegen Krieg und Faschismus im BMI bzw. der Landespolizeidirektion Wien im Vorhinein diskutiert bzw. beraten?

a.       Falls ja: Inwiefern? Wer war an den Gesprächen bzw. Beratungen beteiligt? Zu welchen Ergebnissen führten die Gespräche bzw. Beratungen?

3.       Wieso wurde die Versammlung am 29.07.2023 mit Startpunkt Helmut Zilk Platz nicht gemäß §6 Abs 2 Versammlungsgesetz 1953 untersagt?

4.       Gab es in der Landespolizeidirektion Wien Gespräche oder Beratungen über eine mögliche Untersagung bzw. Verlegung der Versammlung am Helmut Zilk Platz?

a.       Falls ja: Wer war an den Gesprächen beteiligt und was war Inhalt der Gespräche?

5.       Wurde die potentielle Untersagung bzw. Verlegung der Versammlung im Vorhinein mit Ihnen oder Ihrem Kabinett besprochen?

a.       Falls ja: Wann? Wer war an den Gesprächen beteiligt? Was war Inhalt der Gespräche?

6.       Sind im Zusammenhang mit der potentiellen Untersagung der Versammlung Weisungen erteilt worden?

a.       Falls ja: Wann und von wem wurde(n) die Weisung(en) erteilt? Was war Inhalt der Weisung(en)?

7.       Laut Presseaussendung der LPD Wien[2] zum Polizeieinsatz rund um die besagte Versammlung wurden 40 Anzeigen erstattet, zwei davon wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz, 16 wegen Verstößen gegen das Strafgesetzbuch und 27 aufgrund von verwaltungsrechtlichen Vergehen.  

a.       Wie viele der Anzeigen wurden gegen bekannte, wie viele gegen unbekannte Täter:innen erstattet?

b.       Aufgrund welcher Verstöße gegen welche konkreten straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Vorschriften wurden die 38 Anzeigen erstattet?

c.       Welche konkreten Beobachtungen bzw. Vorfälle führten zu den beiden Anzeigen nach dem Verbotsgesetz? Aufgrund welcher Verstöße gegen welche Vorschriften im Verbotsgesetz wurden die beiden Anzeigen erstattet?

8.       Wann wurde der schriftliche Einsatzbefehl zur Versammlung am 29.07 mit Startpunkt Helmut Zilk Platz verfasst bzw. erlassen?

a.       Was war Inhalt der Gefährdungseinschätzung im betreffenden Einsatzbefehl? (Bitte um wörtliche Wiedergabe aus dem schriftlichen Einsatzbefehl)

b.       Wurde im betreffenden Einsatzbefehl auf die potentielle Anwesenheit von Neonazis und die damit verbundene Problematik des Kundgebungsortes vor dem Mahnmal gegen Faschismus eingegangen?

                                                               i.      Falls ja: Inwiefern? Welche Schlüsse wurden daraus gezogen? (Bitte um wörtliche Wiedergabe aus dem schriftlichen Einsatzbefehl)

c.       Wurde im betreffenden Einsatzbefehl auf die potentielle Anwesenheit von Pressevertrer*innen eingegangen?

                                                               i.      Falls ja: Bitte um wörtliche Wiedergabe des betreffenden Auszugs aus dem schriftlichen Einsatzbefehls

9.       Wurde die Versammlung bzw. der damit verbundene Polizeieinsatz am 29.07. mit Ihnen oder Ihrem Kabinett im Vorhinein besprochen?

a.       Falls ja: Wer war an den Gesprächen beteiligt? Was war Inhalt der Gespräche?



[1] https://www.flickr.com/photos/124471633@N05/53079207237/in/album-72177720310112301/

[2] https://www.polizei.gv.at/wien/presse/aussendungen/presse.aspx?prid=4E5470774E7A777256456F3D&pro=0