15929/J XXVII. GP

Eingelangt am 10.08.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend anwaltliche Vertretung und psychosoziale Unterstützung durch die Prozessbegleitung

 

Die Einrichtung der Prozessbegleitung seit 2008 ist ein wichtiger Schritt gewesen, um den fairen Zugang zum Justizsystem und bestmögliche Unterstützung von Opfern unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der jeweils Betroffenen zu garantieren.

 

Während die Prozessbegleitung ursprünglich vor allem für Sexualdelikte, sowie Fälle von Gewalt und gefährlicher Drohung beschränkt war, wurde ihr Anwendungsbereich durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz mit 1. Jänner 2021 ausgeweitet. Anwaltliche Vertretung und psychosoziale Unterstützung stehen damit auch den Opfern von übler Nachrede und Beleidigung bzw. von Verleumdung und dem Vorwurf von Vorstrafen in „nicht besonders schweren Fällen“ zur Verfügung – solange diese im Bereich der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computers geschehen. Prozessbegleitung gibt es darüber hinaus auch dort, wo gegen Medieninhaber*innen Entschädigung verlangt wird. Außerhalb dieser Bereiche, also im analogen Leben, wird auch weiterhin nur in „besonders schweren Fällen“ Prozessbegleitung für Opfer ermöglicht.

 

Gerade angesichts der Ausweitung des Angebots der Prozessbegleitung in den letzten Jahren und der lauten Forderung, dass ihr Anwendungsbereich auch auf das analoge Leben ausgeweitet wird, stellt sich die Frage nach ihrer Wirksamkeit und ihren aktuellen Anwendungsbereichen. Im Zuge des Runden Tisches zu LGBTIQ-feindlicher Hasskriminalität im Juni 2023 kündigten Sie an, diese Leistungen beispielsweise auf die Opfer von solchen Delikten auszuweiten. Die Frage der konkreten Umsetzung blieb dabei aber ungeklärt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    In wie vielen Fällen wurde seit 2008 Prozessbegleitung in Anspruch genommen? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Jahren und Tatbeständen.

2.    In wie vielen Fällen wurde Prozessbegleitung in Fällen von Hass-im-Netz-Delikten in Anspruch genommen? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Jahren und Tatbeständen.

3.    In wie vielen Fällen wurde Prozessbegleitung seit 2008 für „nicht besonders schwere Fälle“ gewährt? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Jahren und Tatbeständen.

4.    Welche Budgetmittel standen für Angebote der Prozessbegleitung seit 2008 jährlich zur Verfügung? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren.

5.    Wie viele Rechtsanwält*innen waren seit 2008 österreichweit in der Prozessbegleitung tätig? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Jahren und Tatbeständen.

6.    In wie vielen Fällen wurde Prozessbegleitung in Fällen von Delikten von vorurteilsmotivierten Verbrechen (Hate Crime) seit deren polizeilicher Erhebung in Anspruch genommen? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Jahren, Tatbeständen und Sozialkategorie.

7.    Sind seitens Ihres Ressorts Schritte geplant, um die im Zuge des Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetzes durchgeführte Ausweitung der Prozessbegleitung auch auf Tatbestände außerhalb des Bereichs der Telekommunikation auszudehnen?

a.    Wenn ja, welche Schritte sind konkret geplant?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

8.    Welche konkreten Schritte zur Ausweitung der Prozessbegleitung insbesondere auf Tatbestände von Hasskriminalität, wie für den Bereich von LGBTIQ-Feindlichkeit im Zuge des Runden Tisches vom Juni 2023 angekündigt, sind seitens Ihres Ressorts geplant?

a.    Wann wird eine entsprechende Gesetzesvorlage dem Parlament zum Beschluss vorgelegt?

b.    Welche zusätzlichen Mittel sollen dafür zur Verfügung gestellt werden?

c.    Sollen von diesem Schritt Fälle von allen, im Zuge der polizeilichen Erhebung von Hasskriminalität zur Anwendung gelangenden, Sozialkategorien die Möglichkeit einer psychosozialen Prozessbegleitung erhalten?

d.    Sind seitens Ihres Ressorts Schritte geplant, um mit Interessensvertretungen oder NGOs aus den Bereichen dieser Sozialkategorien zusammenzuarbeiten, um einen leichten und niederschwelligen Zugang zu Leistungen der Prozessbegleitung für Opfer von Hasskriminalität zu ermöglichen? Wenn ja, welche?