15950/J XXVII. GP

Eingelangt am 17.08.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Überwachung des öffentlichen Raums

Das im Jahr 2018 von der türkis-blauen Regierung entworfene Sicherheitspaket räumt dem Innenministerium weitreichende Befugnisse im Bereich der Video- und Tonüberwachung öffentlicher Orte ein: Rechtsträger, die den öffentlichen Raum mittels Videokamera überwachen, sind gemäß § 93a SPG verpflichtet, die Sicherheitsbehörden darüber zu informieren. Die Sicherheitsbehörden können die Rechtsträger:innen verpflichten, das Videomaterial bis zu vier Wochen zu speichern. Die Aufbewahrungsverpflichtung kann generell angeordnet werden, wenn sie aus Gründen der Strafverfolgung erforderlich ist, Einschränkungen - etwa auf die Schwere der Straftat - sind nicht gegeben. Es ist bisher lediglich bekannt, dass die Sicherheitsbehörden die ASFINAG zu dieser langen Speicherdauer verpflichtet wurde. 

§ 53 Abs 5 SPG gibt den Sicherheitsbehörden die Kompetenz, Videomaterial zu verwenden, das nicht von ihnen selbst angefertigt wurde. Dabei wird zwischen der freiwilligen Zurverfügungstellung und der Herausgabepflicht unterschieden. Die Verwendung des Videomaterials durch die Behörde muss dabei einen bestimmten Zweck erfüllen. 

Videomaterial ist von der Herausgabepflicht betroffen, wenn die Überwachung einem der folgenden Zwecke dient: 

• Vorbeugung eines gefährlichen Angriffs
• Abwehr eines gefährlichen Angriffs
• Abwehr einer kriminellen Verbindung
• Fahndung

Die Verwendung von Videomaterial, das den Sicherheitsbehörden freiwillig zur Verfügung gestellt wurde, muss einem der folgenden Zwecke dienen:  

• Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistung
• Abwehr krimineller Verbindungen
• Abwehr eines gefährlichen Angriffs und zur Gefahrenerforschung
• Vorbeugung wahrscheinlicher gefährlicher Angriffe (siehe genauer § 53 Abs. 1 Z 4 SPG)
• Fahndung
• Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung bei einem bestimmten Ereignis

Rechtsträger:innen können auch verpflichtet werden, einen Livestream zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 2019 wurde ein Probebetrieb gestartet, bei dem die Sicherheitsbehörden Live-Zugriff auf die Überwachungskameras der Wiener Linien und der OEBB erhalten sollten. Aus technischen Gründen wurde dieser Probebetrieb nicht weitergeführt (Test gescheitert: Polizei kann nicht live auf Kameras von Wiener Linien und ÖBB zugreifen - Netzpolitik - derStandard.at › Web).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wurden andere Rechtsträger außer der ASFINAG gemäß § 93a SPG zu einer längeren Speicherdauer verpflichtet?
    1. Falls ja: Wann und aus welchem Grund?
  1. Wird eine Software von den Sicherheitsbehörden verwendet, um gemäß § 53 Abs 5 SPG freiwillig zur Verfügung gestellte, bzw. herausgeforderte Bilddateien zu analysieren?
    1. Falls ja, um welche Software handelt es sich? 
    2. Welche Firma hat diese Software entwickelt?
    3. Was waren die Kosten für diese Software?
    4. Welche Funktionen hat diese Software?
    5. Ist diese Software in der Lage Bilder automatisch zu erkennen?

                                          i.    Falls nein: ist eine automatische Bilderkennung geplant?

  1. Laut Anfragebeantwortung 13324/AB wurden im Jahr 2022 in dreizehn Fällen Bild- und Tondaten im Sinne des § 53 Abs. 5, 3. Satz SPG durch die Sicherheitsbehörden verarbeitet, dabei handelte es sich um die Bild- und Tondaten eines Eisenbahnunternehmens, einer Infrastrukturgesellschaft, von Gemeinden, Geldinstituten, Selbstbedienungskaufhäusern, Wettbüros und Tankstellen. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils die Herausgabeverpflichtung (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)?  
    1. Laut Anfragebeantwortung 13324/AB übermittelten im Jahr 2022 ein Eisenbahnunternehmen, die Österreichische Zollverwaltung, ein städtisches Verkehrsunternehmen, sowie Privatpersonen freiwillig Bild- und Tondaten iSd § 53 Abs. 5, 1. Satz SPG. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils der Zugriff auf das Videomaterial (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)?  
  1. Laut Anfragebeantwortung 9077/AB wurden im Jahr 2021 in neun Fällen Bild- und Tondaten im Sinne des § 53 Abs. 5, 3. Satz SPG durch die Sicherheitsbehörden verarbeitet, dabei handelte es sich um die Bild- und Tondaten eines Eisenbahnunternehmens sowie eines Seilbahnunternehmens. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils die Herausgabeverpflichtung (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)? 
    1. Laut Anfragebeantwortung 9077 übermittelten im Jahr 2021 die Österreichische Zollverwaltung, ein Recyclingunternehmen, ein Kongressunternehmen, ein Eisenbahnunternehmen sowie zwei Privatpersonen freiwillig Bild- und Tondaten iSd § 53 Abs. 5 SPG. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils der Zugriff auf das Videomaterial (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)?  
  1. Laut Anfragebeantwortung 4848/AB wurden im Jahr 2020 in fünf Fällen Bild- und Tondaten im Sinne des § 53 Abs. 5, 3. Satz SPG durch die Sicherheitsbehörden verarbeitet, dabei handelte es sich immer um die Bild- und Tondaten eines Eisenbahnunternehmens. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils die Herausgabeverpflichtung (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)? 
    1. Laut Anfragebeantwortung 4848/AB übermittelten im Jahr 2020 die Österreichische Zollverwaltung, zwei Juweliere und je ein Eisenbahnunternehmen, ein privates Transportunternehmen, ein Kaufhaus, eine Tankstelle und eine Bankfiliale den Sicherheitsbehörden freiwillig Bild- und Tondaten iSd § 53 Abs. 5 SPG. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils der Zugriff auf das Videomaterial (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)?  
  1. Laut Anfragebeantwortungen 3918/AB und 3824/AB wurden im Jahr 2019 in sieben Fällen Bild- und Tondaten im Sinne des § 53 Abs. 5, 3. Satz SPG durch die Sicherheitsbehörden verarbeitet, dabei handelte es sich um die Bild- und Tondaten von Eisenbahnunternehmen und städtischen Verkehrsmittelbetreibern. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils die Herausgabeverpflichtung (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)? 
    1. Im Jahr 2019 übermittelten ein Eisenbahnunternehmen, ein Amt einer Landesregierung, ein Einkaufszentrum sowie zwei Privatpersonen freiwillig Bild- und Tondaten iSd § 53 Abs. 5 SPG. Aus welchem Gründen erfolgte jeweils der Zugriff auf das Videomaterial (welcher der oben angeführten Zwecke war jeweils erfüllt)?  
  1. Wurde seit dem In-Kraft-Treten des Sicherheitspakets 2018 jemals ein Rechtsmittel eines Rechtsträgers gegen die Herausgabepflicht eingelegt?
    1. Falls ja: in welchen Fällen und wie sind die Verfahren ausgegangen? 
  1. Wurden seit In-Kraft-Treten des Sicherheitspakets 2018 jemals Live-Zugriffe auf Bild- und Tondaten im Sinne des § 53 Abs 5 SPG durch die Sicherheitsbehörden ermöglicht?
  2. Im Jahr 2019 wurde ein Probebetrieb gestartet, bei dem die Sicherheitsbehörden Live-Zugriff auf die Überwachungskameras der Wiener Linien und der OEBB erhalten sollten. 
    1. Wurden seit dem Probebetrieb im Jahr 2019 weitere Versuche gestartet, Live-Zugriffe auf Videomaterial von öffentlichen Rechtsträgern und private Rechtsträger mit öffentlichem Versorgungsauftrag zu ermöglichen? 
    2. Falls ja: welche Rechtsträger waren davon betroffen und wann wurden die Versuche durchgeführt?