15991/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.08.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend ÖGK-Landesstelle Vorarlberg schikaniert Versicherte mit Wahlarztrechnung

 

Die ÖGK-Landesstelle Vorarlberg will es nicht mehr zulassen, dass Versicherte einem Versicherungsmakler eine Vollmacht zur Erledigung von SV-Angelegenheiten, zum Beispiel zur Einreichung einer Wahlarztrechnung, erteilen. Die Wirtschaftspresseagentur hat am 09.08.2023 über den konkreten Fall eines Versicherungsmaklers berichtet.

Grundsätzlich sieht das österreichische Recht die Erteilung von Vollmachten vor.
Das weiß auch die ÖGK, die ihren Versicherten für solche Fälle eigene Formulare anbietet: https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/load?contentid=10008.734576&version=1588682737 und https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/load?contentid=10008.770952&version=1664188696 

Es ergibt keinen Sinn und entbehrt jeder Rechtsgrundlage, auf Seiten der ÖGK abhängig vom Beruf des Bevollmächtigten einzelne Vollmachten nicht zu akzeptieren, wenn diese vom Versicherten wirksam erteilt sind.

Eine Vollmacht ist eine Erlaubnis, die es einer juristischen oder natürlichen Person gibt, im Namen einer anderen Person zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Damit kann jemand rechtliche Aufgaben für jemand anderen erledigen. Auf diese Möglichkeit greifen auch viele Patient:innen zu, um ihre Angelegenheiten bei Sozialversicherungsträgern in der Krankenversicherung abzuwickeln. Die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS), sowie die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) stellen diese Möglichkeit zur Verfügung (1,2). Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) in Vorarlberg scheint diese langjährige Praxis beendet zu haben, bei der Dritte (wie zum Beispiel Versicherungsmakler oder Angehörige) Abrechnungen für Kunden oder Angehörige mit privater Krankenversicherung übernehmen können. Diese Dienstleistung wurde durch Kunden-Vollmachten ermöglicht und auch auf der öffentlichen Webseite der ÖGK als Möglichkeit zur Verfügung gestellt (3). Die Formulierung im Formular der ÖGK lautet wörtlich, eine Vollmacht "zur Beantragung des Kostenersatzes für Leistungen von Wahl(zahn)ärzten oder sonstigen Wahlbehandlern und zur Einholung von Auskünften darüber" (4).

 

Seit März 2023 verweigert das die ÖGK Landesstelle Vorarlberg, mit der Erklärung, dass rechtliche Grundlagen fehlen würden (5). Die ÖGK scheint in einigen Fällen Kostenerstattungen abzulehnen, wenn Patienten Dritten eine Vollmacht zur Einreichung von Kostenerstattungsanträgen erteilen. Dieses Vorgehen erweckt den Eindruck, dass Patienten, die von ihrem gesetzlichen Recht auf Kostenerstattung Gebrauch machen und hierzu einen Bevollmächtigten einsetzen, unangemessen schikaniert werden. Es ist anzumerken, dass die Einreichung von Kostenerstattungsanträgen durch Dritte, sein es Verwandte wie Geschwister oder Versicherungsunternehmen, rechtlich zulässig ist und im Rahmen der geltenden Gesetze erfolgt (siehe §§ 1002 ff ABGB). Das Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei TWP unterstützt die  Rechtmäßigkeit der Vollmachtserteilung an Versicherungsmakler, was an der Situation für die Versicherten bei der ÖGK-Landesstelle Vorarlberg aber nichts geändert hat (5).

 

Der Minister als Aufsichtsbehörde hat sicherzustellen, dass die Kassen die Gesetze einhalten. Er hat weiters sicherzustellen, dass Versicherte ihr gesetzliches Recht auf Kostenerstattung (§ 131 ASVG) bei der Sozialversicherung reibungslos und ohne schikanöse Hindernisse ausüben können.

 

(1) https://www.svs.at/cdscontent/?contentid=10007.880242&portal=svsportal
(2) https://www.bvaeb.at/cdscontent/load?contentid=10008.711983&version=1577960362.
(3) https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.888210&portal=oegkportal.
(4) https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/load?contentid=10008.770952&version=1664188696. 
(5) https://www.vol.at/versicherer-im-clinch-mit-oegk-vorarlberg/8230330. 

 

Anfrage:

 

  1. Wie viele Anträge auf Kostenerstattung wurden aufgrund von Vollmachen an Dritte in den Jahren 2020, 2021, und 2022 abgelehnt?
  2. Welche statistischen Daten liegen dem Gesundheitsministerium vor, die die Anzahl der abgelehnten Kostenerstattungsanträge aufgrund von Vollmachten an Dritte bei der ÖGK dokumentieren?
  3. Wie bewertet das Ministerium die potenziellen Auswirkungen dieses Verhaltens auf die Versicherten und das Gesundheitssystem im Allgemeinen?
  4. Welche rechtliche Grundlage besteht für die Ablehnung von Kostenerstattungen durch die ÖGK aufgrund von Vollmachten an Dritte?
  5. Welche rechtliche Grundlage besteht für eine Differenzierung von Vollmachten anhand des Kriteriums, welchen Beruf der Bevollmächtigte ausübt?
  6. Welche Schritte setzt der BMSGPK, um sicherzustellen, dass die ÖGK im Einklang mit geltendem Recht handelt und Versicherte nicht unangemessen schikaniert werden?
  7. Welche Schritte setzt der BMSGPK, um sicherzustellen, dass die Vollzugspraxis hinsichtlich erteilter Vollmachten bei allen Landesstellen eines Versicherungsträgers gleich aussieht? 
  8. Inwiefern ist es mit den Grundsätzen der Patientenrechte und des Datenschutzes vereinbar, wenn die ÖGK Kostenerstattungen aufgrund von Vollmachten an Dritte ablehnt und somit möglicherweise die freie Entscheidung der Versicherten in Bezug auf die Abwicklung ihrer Gesundheitsangelegenheiten beeinträchtigt?
  9. Welche Schritte setzt der BMSGPK, um sicherzustellen, dass die ÖGK Versicherten eine klare und transparente Kommunikation bezüglich der Verwendung von Vollmachten und der Kostenerstattungsverfahren bietet, um potenzielle Missverständnisse oder Unannehmlichkeiten zu minimieren?
  10. Welche Maßnahmen setzt der BMSGPK, die die bundesweite Vereinheitlichung der Vollzugspraxis hinsichtlich Kostenerstattungsprozesse durch Dritte vorantreiben?