15995/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.08.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

die Abgeordnete Petra Bayr,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Sozialleistungsbetrug“

In der Pressekonferenz am 09. August 2023 berichteten die Bundesminister Brunner und Karner über
die Ermittlungsbilanz der Taskforce Sozialleistungsbetrug (Solbe) seit deren Gründung 2018. In fünf
Jahren wurde in Zusammenarbeit mit der Finanzverwaltung eine Schadenssumme von 89 Millionen
Euro durch unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen identifiziert. Im ersten Halbjahr 2023 haben
die Taskforce, Finanz- und Kriminalpolizei Fälle mit einem Schaden von 14 Millionen Euro
aufgeklärt. Dabei wurden 2.218 Fälle von Sozialleistungsbetrug mit insgesamt 2.288 Tatverdächtigen angezeigt, was ein Plus von 28 Prozent darstellt. 72 Prozent der Tat verdächtigen sind ausländische Staatsbürger:innen, 28 Prozent Österreicher:innen. Mehr als die Hälfte der Anzeigen gab es in der Bundeshauptstadt Wien.

Seit 2018 hat die Finanzpolizei mehr als 2.000 Strafanträge aufgrund von unberechtigtem
Leistungsbezug gelegt. Zusätzlich wurden rund 2.650 Kontrollmitteilungen an das AMS übermittelt. Außerdem hat die Finanzpolizei seit 2019 bereits 454 Scheinunternehmen rechtskräftig aufgedeckt,
der mit Abstand größte Anteil mit 364 Scheinunternehmen fällt auf Wien. Zudem legte sie seit 2020 insgesamt 283 Anzeigen an die Taskforce SOLBE, weil die Verstöße besonders gravierend bzw. über
einen längeren Zeitraum stattgefunden haben. Im ersten Halbjahr 2023 stellte die Finanzpolizei rund
170 Strafanträge wegen unberechtigter Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld.

„Kooperation zwischen dem Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) im BMF und der Taskforce Solbe im
BMI“ Die Finanzpolizei trifft auch oft auf komplett schwarz arbeitende Menschen, die arbeitslos
gemeldet sind und somit Arbeitslosengeld beziehen. Außerdem werden auch Fälle von unberechtigtem
Bezug von Familienbeihilfe, Identitätsdiebstahl zur Erlangung von Transferleistungen und
ungerechtfertigtem Bezug von Grundversorgung bei Asylbewerbern, die unberechtigt
Arbeitsleistungen erbringen, aufgedeckt. Erfahrungen der Finanzpolizei zeigen, dass vielfach Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer entgegen ihrer Anmeldung bei der Österreichischen
Gesundheitskasse Vollzeit beschäftigt sind (sog. „Scheingeringfügigkeit“) und dabei in vielen Fällen
Betrug begangen wird. Vermögen, das aus diesen oder unter Umständen auch anderen kriminellen Tätigkeiten generiert wird, wird dann in weiterer Folge an ein Durchleiterunternehmen und von
diesem an das klassische Scheinunternehmen weiter- und schließlich an den Auftraggeber
zurückgeleitet, der damit den Geldfluss an die Dienstnehmer, also die Schwarzzahlung, aufrechterhält.
Die Dienstnehmer können durch diese Vorgehensweise diverse Transferleistungen wie
Arbeitslosengeld, Wohnbeihilfen, etc. beziehen und verdienen ihren Lohn Steuer- und beitragsfrei. Seit
2019 hat die Finanzpolizei 454 Scheinunternehmen rechtskräftig aufgedeckt, der mit Abstand größte
Anteil mit 364 Scheinuntemehmen fällt auf Wien.

Sozialleistungsbetrug sollte nicht mit Sozialbetrug verwechselt werden, da es sich hier um
unterschiedliche Betrugsformen handelt. Während bei Sozialleistungsbetrug die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer falsche Angaben machen, um illegal an Sozialleistungen
zu kommen, handelt es sich bei Sozialbetrug um die betrügerische Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen, oft in Zusammenhang mit Scheinunternehmen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)      Bitte um Information zur Taskforce Sozialleistungsbetrug:

a)       Wann und von wem wurde die Taskforce eingerichtet?

b)       Wer leitet die Taskforce?

c)       Wem gegenüber ist die Leitung der Taskforce berichtspflichtig?

d)       Welcher Auftrag wurde im Erlass zur Gründung der Taskforce formuliert und wurde
dieser in der Zwischenzeit erweitert oder eingeschränkt?

i)     Wenn ja: Was gab den Anlass zur Änderung?

e)       Über wie viel VZÄ verfügte bzw. verfügt diese Taskforce Sozialleistungsbetrug seit
ihrem Bestehen?

f)       Wie viel Budgetmittel wurde für die Taskforce Sozialleistungsbetrug seit 2018
insgesamt eingesetzt?

i)        Bitte um Auflistung nach Personal- und Sachkosten pro Jahr seit der Einrichtung
der Task Force.

ii)      Wie verteilen sich die Personalkosten für die Taskforce seit 2018 nach Bundesland?

2)       Es wird erwähnt, dass die Task Force Sozialleistungsbetrug mit der Kriminal- und
Finanzpolizei zusammengearbeitet hat. Wie viele Personen waren in die Zusammenarbeit
mit der Task Force Sozialleistungsbetrug zudem eingebunden? (Bitte um Auflistung jeweils
nach Vollzeitäquivalenten, Personalkosten)

a)       Wie viele Personen der Kriminalpolizei waren insgesamt involviert?

b)      Wie viele Personen der Finanzpolizei waren insgesamt involviert?

c)       Wie hoch waren darüber hinaus die Sachkosten ?

3)       Bitte um Auflistung der ermittelten Schadenssumme pro Jahr/pro Bundesland/nach Delikt.

(zB. unberechtigter Bezug von Familienbeihilfe, Identitätsdiebstahl zur Erlangung von Transferleistungen, ungerechtfertigtem Bezug von Grundversorgung bei Asylbewerbern, unberechtigter Bezug von Arbeitslosengeld etc.)

4)       Wie setzen sich die ermittelten Schadenssummen zusammen?

a)       Handelt es sich dabei um eine behördlich bzw. gerichtlich festgestellte Schadenssummen oder
um Schätzungen?

b)      Falls es sich um polizeiliche Ermittlungsergebnisse handelt: Gibt es eine Evaluierung, in wie
vielen Fällen die ermittelten Schadenssummen behördlich bzw. gerichtlich festgestellt werden konnten?

i)        Wenn ja: wie viel Prozent der ermittelten Schadenssumme konnte behördlich bzw. gerichtlich festgestellt werden?

ii)      Wenn nein: warum nicht?

c)       Bitte um Auflistung, wie sich die Schadenssummen zusammensetzt? Sind dabei Kosten für Ermittlung und Prozesskosten sowie Kosten für die Task Force bzw Finanzpolizei inkludiert?

5)       Bitte um Auflistung der Schadenssumme pro geschädigte Institution. (AMS / pro
Bundesland, Sozialversicherung, PensionsVersicherung, Landes-GVS, etc.)

6)       Wie ist der Stand der Rückzahlungen zum Zeitpunkt der Anfragestellung? (Bitte um Auflistung
nach Herkunftsland)

7)       Im Jahr 2023 wurden 2.218 Fälle mit 2.288 Tatverdächtigen ausgeforscht. Gleichzeitig wurden
2.288 Tatverdächtige angezeigt. Seit 2018 wurden aber insgesamt nur 2.000 Strafanträge
eingebracht.

a)       Wie viele Tatverdächtige wurden seit 2018 pro Jahr ausgeforscht?

b)       Wie viele Tatverdächtige wurden seit 2018 angeklagt bzw. gegen wie viele wurden Strafanträge eingebracht? Bitte um Auflistung per Monat bzw. Jahr.

c)       Wie viele Tatverdächtige wurden rechtskräftig verurteilt?

d)       Welche Summe der polizeilich ermittelten Schäden konnte gerichtlich festgestellt werden?
Bitte um Auflistung pro Jahr.

e)       In wie vielen Fällen wurden die Tatverdächtigen freigesprochen bzw. das Verfahren ohne Anklageerhebung eingestellt?

f)        Wie hoch ist die Schadensumme für diese Strafanträge?

8)       In besonders schwerwiegenden Fällen wurde in 283 Fällen eine Anzeige an die SOLBE gestellt

a)       Von wem?

b)       Bitte um Auflistung pro Bundesland.

c)       Wie viele Tatverdächtige?

d)       Welche Nationalität?

e)       In wie vielen Fällen wurden die Tatverdächtigen verurteilt?

9)       Waren andere Ressorts als das BMI und das BMF in die Arbeit der Taskforce eingebunden
oder erhielten Informationen über die Ermittlungen ?

a)    Wenn ja: Welche und in welcher Form?