15998/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.08.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Barbara Neßler, Eva Blimlinger, Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend Förderungen an den Österreichischen Pennäler Ring (ÖPR) und die Vergabe des 8. Berichts zur Lage der Jugend

 

Der Österreichische Pennäler Ring (ÖPR) erhält seit der Neuordnung der Jugendförderung durch die frühere schwarzblaue Bundesregierung und der Beschlussfassung des Bundes-Jugendförderungsgesetzes im Dezember 2000 jährlich Mittel aus der Bundesjugendförderung. Bis heute wurde die Förderung nicht wieder abgeschafft.

Schon von Beginn an waren die nicht unerheblichen Förderungen an den ÖPR sehr umstritten, da die politische Orientierung des ÖPR starke Verbindungen zu rechtsextremen und deutsch-völkischen Positionen aufweist. So wurde mehrfach in parlamentarischen Anfragen (vgl. parlamentarische Anfrage Grossmann vom 24.05.2007[1]) aber auch in Stellungnahmen von Organisationen wie dem Mauthausen-Komitee die demokratische Orientierung des ÖPR bezweifelt und die Streichung der Förderungen verlangt[2]. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) ortet „starke rechtsextreme Tendenzen“[3] im ÖPR.

Vor kurzem rückte der ÖPR mit den Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung gegen den ÖPR-Vorsitzenden Udo Guggenbichler in den Fokus der Medienberichterstattung.

Am 24. Mai 2023 wurde durch einen Artikel in der Tageszeitung „der Standard“ bekannt, dass gegen den FPÖ-Politiker Udo Guggenbichler ein Verfahren wegen Verdachts der Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne eingeleitet wurde[4]. Grund hierfür ist die Anzeige einer Frau, die Guggenbichler über mehrere Monate getroffen hatte, und die Aussage der ehemaligen Nationalratsabgeordneten Martha Bißmann. Diese geben zu Protokoll, in der Burschenschaft von Udo Guggenbichler, der Wiener akademischen Burschenschaft Albia, befänden sich eine Reihe von NS-Devotionalien, Bilder mit Mitgliedern der Burschenschaft in NS-Uniformen, sowie ein Gemälde eines SS-Sturmführers, der auf dem Dachgeschoss der Burschenschaft leben soll, um sich einer Strafvollziehung zu entziehen. Des Weiteren würden sich Liederbücher mit verbotenen nationalsozialistischen Inhalten sowie ein Buch mit einem klar erkennbaren Hakenkreuz auf dem Cover in den Räumen der Burschenschaft befinden, die Guggenbichler ihnen teilweise gezeigt haben soll.

Die Vorwürfe gegen Udo Guggenbichler werfen nicht nur erneut ein Licht auf das studentische Verbindungswesen in Österreich, wo nach Rechtsextremismus-expert:innen wie dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW), deutschnationale Burschenschaften oft rechtsextremen bis neonazistischen Umtrieben nahestehen. Und es ist nicht das erste Mal, dass Hausdurchsuchungen und Ermittlungen im Zusammenhang mit dem NS-Verbotsgesetz im Kontext deutschnationaler Korporationen die Öffentlichkeit beschäftigen. Erinnert sei hier beispielsweise nur an die diversen Liederbuchaffären.

Die Vorwürfe wiegen darüber hinaus deshalb schwer, weil Udo Guggenbichler nicht nur ein hochrangiger aktiver Funktionär der FPÖ und seit 2010 Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderates ist. Er nimmt auch für die deutschnationalen Burschenschaften in Österreich eine zentrale Rolle ein. So ist er Vorsitzender des Österreichischen Pennäler Rings (ÖPR), dem Dachverband der deutschnationalen Schülerverbindungen, und Organisator des von der Wiener Landesgruppe der FPÖ ausgerichteten Wiener Akademikerballs, der als Nachfolgeveranstaltung des Balls des Wiener Korporationsrings (WKR), dem Zusammenschluss aller deutschnationalen studentischen Verbindungen in Wien, gilt.

Des Weiteren zeigt der ÖPR-Burschentag, der vom 1. bis zum 3. September in Klagenfurt/Celovec ausgerichtet wird, erneut Verbindungen des ÖPR zum Rechtsextremismus auf. So warb die Kärntner pennale Burschenschaft Tigurina Feldkirchen, deren 50jähriges Jubiläum am Burschentag begangen werden soll, im Jahr 2019 mit NS-Symbolen um junge Mitglieder, was Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung zur Folge hatte[5]. Auf der offiziellen Homepage des Landesdelegiertenconvent pennalstudentischer Verbindungen Kärntens (LDC Kärnten)[6], der den Burschentag mit ausrichtet, werden drei Persönlichkeiten auf der Startseite angeführt, die stellvertretend für das korporierte Milieu stehen sollen. Neben Norbert Hofer sind dort Ferdinand Porsche und Herbert von Karajan vertreten, die beide hohe Funktionen im NS-Regime einnahmen. Eine Kontextualisierung oder gar Distanzierung findet sich aber natürlich nicht. Bei den Verweisen auf der Homepage werden eine Reihe von rechtsextremen Medien angeführt, viele davon mit Verbindungen zum Neonazismus, die antisemitische Propaganda betreiben (InfoDirekt, AUF1, Heimatkurier, Compact). Bei der Rubrik „Wissen“ wird das Projekt „GegenUni“ der rechtsextremen Identitären beworben. Und bei „Initiativen“ verweist man auf die deutschen Rechtsextremen von „Ein Prozent“, die vom deutschen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ und als verfassungsfeindlich eingestuft werden und unter Beobachtung stehen.

Diese Verweise zeigen noch einmal in aller Deutlichkeit, welche Ideologie hinter dem Österreichischen Pennäler Ring und vor allem dem Kärntner Landesverband steht. Nicht verwunderlich, hat das deutschnationale Verbindungswesen immer schon ideologische Schnittmengen und personelle Überschneidungen zum hiesigen Rechtsextremismus und Neonazismus.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Welche Förderungen gemäß B-JFG hat der ÖPR jeweils in den Jahren 2000 bis 2023 aus der Bundesjugendförderung erhalten?

a.    Wie viel davon entspricht der Basisförderung? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahren.

b.    Welche Projekte wurden in den Jahren 2000 bis 2023 zusätzlich zur Basisförderung aus Mitteln der Bundesjugendförderung gefördert? Bitte um Auflistung nach Jahr, Projekttitel, Projektbeschreibung, ggf. Unterorganisation und Fördersumme.

 

2.    Entspricht die Gesinnung des ÖPR den Grundsätzen der Jugendarbeit (lt. § 3 B-JFG)? Insbesondere

a.    der Demokratieförderung?

b.    der Förderung der Bereitschaft junger Menschen zu Toleranz, Verständigung und friedlichem Zusammenleben sowie Förderung des gegenseitigen Verständnisses im innerstaatlichen wie auch im internationalen Bereich?

c.    der Förderung gemeinschaftsstiftender und menschenrechtsbezogener Bildung?

d.    von politisch- und staatsbürgerlicher Bildung sowie religions- und ethikbezogener Bildung junger Menschen?

e.    von Gleichberechtigung beider Geschlechter?

 

3.    Wenn alle diese Grundsätze zutreffen, bitte um Begründung warum.

 

4.    Wenn diese Grundsätze nicht zutreffen, warum wurde dann eine Förderung vergeben?

 

5.    Wie erfolgt der Nachweis von Mitgliedern bezüglich des § 6 (Basisförderung)
des Bundesjugendförderungsgesetzes bei verbandlich organisierten
Jugendorganisationen?

a.    Muss die Anzahl der Mitglieder jährlich glaubhaft gemacht werden?

b.    Müssen die Organisationen Mitgliederlisten vorlegen?

c.    Wer gilt als Mitglied?

d.    Welche Mitgliederanzahl des ÖPR ist dem Bundeskanzleramt bekannt (falls bekannt: Auflistung der Mitgliederanzahl für die Jahre 2000 bis 2023)?

 

6.    Liegen dem Bundeskanzleramt Zahlen zu den im ÖPR organisierten Mitgliedsverbänden vor?

a.    Muss die Anzahl der im ÖPR organisierten Mitgliederverbände jährlich bekanntgegeben werden?

b.    Welche Mitgliederverbände sind im ÖPR organisiert? (Bitte um Auflistung der Mitgliederverbände nach Bundesländern für die Jahre 2001 bis 2023)

 

7.    Wird der ÖPR Burschentag 2023 aus den Mitteln der Bundesjugendförderung finanziert und wenn ja mit welcher Summe?

a.    Erhält der LDC Kärnten oder die pennale Burschenschaft Tigurina Feldkirchen finanzielle Zuwendungen aus der Bundesjugendförderung und wenn ja mit welcher Summe werden sie gefördert?

 

8.    Der ÖPR ist trotz rechtsextremer Befunde nach wie vor Mitglied der Bundesjugendvertretung. Warum wird dieser nicht ausgeschlossen?

 

9.    Am 10. August 2023 wurden von der Staatssekretärin im Bundeskanzleramt erste Zahlen des 8. Berichts zur Lage der Jugend in Österreich präsentiert.

a.    Gab es für den Auftrag zur Erstellung des Berichts ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren?

                                          i.    Wenn ja, bitte um Auflistung aller Einreicherinnen beim Vergabefahren.

                                        ii.    Wenn ja, bitte um Begründung für die Vergabe an das Institut für Jugendkulturforschung als Bestbieter.

                                       iii.    Welche Abteilung/Kommission hat das Vergabeverfahren im Bundeskanzleramt durchgeführt?

                                       iv.    Wenn nein, warum nicht?

 

10. Wann wird der 8. Bericht zur Lage der Jugend zur Gänze vorliegen?

 

11. Welches Datum ist mit dem Auftragnehmer vereinbart?

 

12. Wird dieser Bericht öffentlich als Download zugänglich sein? Wenn nein warum nicht?

 

13. Werden dem Bundeskanzleramt die Rohdaten zur Verfügung gestellt?

a.    Wenn ja, werden diese überprüft?

b.    Wenn nein, warum nicht?

14. Bitte um eine Aufschlüsselung nach Berichten der Vergaben der Berichte zur Lage der Jugend in Österreich vom 1. bis zum 7. Bericht.

 

15. Bitte um eine Übersicht was von den Empfehlungen des 1. Berichts bis zum 8. Bericht umgesetzt wurde und was nicht. Bei jenen Empfehlungen die nicht umgesetzt worden sind bitte um eine Begründung.

a.    Gibt es im 8. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich Fragen zur Rolle und Bedeutung der Bundesjugendvertretung, immerhin die größte Organisation mit rund 3 Millionen Menschen bis 30 Jahre. Wenn nein, warum nicht?

b.    Wenn ja, bitte um die Fragen und die Ergebnisse und Interpretationen.

 



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/J/J_00862/fnameorig_079257.html

[2] https://derstandard.at/2893524/Streichung-der-Subventionen-fuer-Pennaelerring-gefordert

[3] Ebd.

[4] https://www.derstandard.at/story/3000000050716/verdacht-der-wiederbetaetigung-gegen-fpoe-politiker-und-akademikerball-chef-guggenbichler-

[5] https://www.derstandard.at/story/2000101969151/kaerntner-burschenschaft-wirbt-mit-ns-symbolen-um-junge-mitglieder

[6] https://ldc-kaernten.at/