16069/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.08.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

 

betreffend Budgetkürzung für aktive Arbeitsmarktpolitik

 

„Die aktive Arbeitsmarktpolitik in Österreich gliedert sich grob in drei Arten von Maßnahmen: Beschäftigung, Qualifizierung und Unterstützung. Ziel ist es Beschäftigung zu fördern und Arbeitslosigkeit zu vermeiden.“, heißt es in der Publikation „Aktive Arbeitsmarktpolitik in Österreich 2015 bis 2023“ des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft.

 

Medienberichten zufolge wird bei den Mitteln für das Arbeitsmarktservice seitens des Bundes im kommenden Jahr 2024 massiv gekürzt. Allein das AMS Tirol soll 7,3 Mio. Euro weniger bekommen. Von 46 Mio. Euro sollen die Mittel auf 38,7 Mio. Euro beschnitten werden – und das bei enorm hoher Inflation.

Argumentiert wird das mit der guten Beschäftigungssituation. Betroffen sind von diesen Einschnitten insbesondere Förderprogramme für jene Menschen, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben. Laut dem AMS Tirol kommt es dadurch zu einer Unterversorgung für die aktive Arbeitsmarktpolitik und Qualifizierung. Es müssten damit 30 von 80 Plätzen bei sozialökonomischen Betrieben abgebaut werden, so ein Bericht der Tiroler Tageszeitung vom 3.7.2023.[1]

 

Ein Hilferuf erreichte uns am 28. August 2023 von „arbeit plus Tirol“ unter dem Titel „Kahlschlag für die aktive Arbeitsmarktpolitik in Tirol droht!“:

 

„Zahlreiche Initiativen und Betriebe aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik wurden über einschneidende Kürzungen in ihrem Budget für 2024 bereits informiert. Dies führt unweigerlich zu einer massiven Einschränkung der bestehenden Beratungsleistungen und der Angebote für Menschen mit Unterstützungsbedarf am Arbeitsmarkt. Unabhängig von der niedrigen Arbeitslosenquote von 2,6%, gibt es vielfältige Gründe, warum Menschen für längere Zeit nicht am Erwerbsleben teilnehmen können. Sei dies aufgrund fehlender Kinderbetreuung, durch die Pflege von Angehörigen, oder weil gesundheitliche oder psychische Belastungen bestehen. Dabei kann Arbeitslosigkeit Jede und Jeden treffen – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Umso wichtiger sind dann Betreuungs- und Beratungseinrichtungen sowie sozial-ökonomische Betriebe, die bei der (Re-) Integration in den Arbeitsmarkt unterstützend zur Seite stehen.

„Die sozialen Unternehmen von arbeit plus – Soziale Unternehmen Tirol, verfügen über die entsprechende Erfahrung und wissen, was es braucht, damit Langzeitarbeitslose Menschen (wieder) arbeiten können. Die anstehenden Kürzungen des AMS-Budgets 2024 bedrohen die aktive Arbeitsmarktpolitik in Tirol. Unterstützende Angebote sind jedoch wichtig, um die Erwerbstätigkeit zu steigern. Wer hier spart, spart an der falschen Stelle, denn dadurch verringert sich das Potential für den Arbeitsmarkt – und das ist im Hinblick auf den Arbeitskräftemangel allenfalls kontraproduktiv.“-so Melanie Spangler, Geschäftsführerin von arbeit plus Tirol.

Die massiven AMS-Kürzungen in Millionenhöhe fordern ihre ersten Tribute, denn sie haben Schließungen sowie eine deutliche Angebotsreduktion zur Folge. Nicht nur die Unterstützungsleistung für strukturell benachteiligte Personen reduziert sich dadurch maßgeblich, es verlieren auch zahlreiche Fach-und Schlüsselkräfte ihren Job.

Einer dieser betroffenen Betriebe ist der Verein WAMS, der seit 1984 Frauen und Männern Arbeitsplätze als Sprungbrett ins Erwerbsleben bietet. Das nun seit bald 40 Jahren bestehende Unternehmen kommt nicht umher, den Second Hand Laden und die Sortierung in Hall sowie die Fahrradwerkstatt Conrad mit Ende des Jahres zu schließen. Betroffen sind bei dieser Schließung 21 Planstellen.

„Unsere Betriebe erfüllen seit Jahrzehnten einen wichtigen sozialen, arbeitsmarktpolitischen und gesellschaftlichen Auftrag: Wir unterstützen Menschen auf ihrem Weg zurück ins Arbeitsleben. Wir leisten einen großen Beitrag in der Kreislaufwirtschaft. Wir arbeiten wirtschaftlich erfolgreich. Die benötigten Förderungen der öffentlichen Hand sind im Vergleich zum Volkswirtschaftlichen Nutzen unserer Betriebe sehr gering. Es braucht rasche politische Entscheidungen, damit unsere Betriebe JETZT erhalten bleiben und nicht morgen fehlen!“ – so Christine Regensburger, Geschäftsführerin Verein WAMS.

Sowie dem Verein WAMs geht es zahlreichen anderen sozialen Institutionen und Betrieben aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Natürlich auf Kosten derer, die sowieso schon strukturell benachteiligt sind.

Wir fordern den Bund daher auf, von Kürzungen auf Grund der vermeintlich „positiven Arbeitsmarktsituation“ abzusehen und weitere Gelder zur Verfügung zu stellen, damit jene Menschen weiterhin die Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen können, die sie für eine berufliche (Wieder)- Eingliederung benötigen.“[2]

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft folgende

 

 

Anfrage

 

1.    Wurde Ihnen berichtet, dass aufgrund der geplanten Kürzungen arbeitsmarktpolitische Projekte nicht mehr fortgeführt werden können? Wenn ja, welche? Bitte um Auflistung nach Bundesländern.

2.    Wurde Ihnen berichtet, welche Initiativen und Betriebe der aktiven Arbeitsmarktpolitik über Kürzungen bereits informiert wurden, wie das in den zitierte Medienberichten angeführt ist? Bitte um Auflistung nach Bundesländern.

3.    Haben Sie im Zuge der geplanten Kürzungen Vorgaben gemacht, für welche Initiativen und Betriebe Mittel in welcher Höhe für das Jahr 2024 bereitgestellt werden sollen?

4.    Haben Sie im Zuge der geplanten Kürzungen Vorgaben gemacht, für welche Vereine, die mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen betraut sind, für das Jahr 2024 Mittel in welcher Höhe bereitgestellt werden sollen?

5.    Wurde Ihnen berichtet, wie viele Stellen aufgrund der geplanten Budgetkürzungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingespart werden müssen? Bitte um Auflistung nach Bundesländern.

6.    Wie stellen Sie sicher, dass trotz geplanter Budgetkürzungen wichtige arbeitsmarktpolitische Projekte, für den Wiedereinstieg von Personen, die es am Arbeitsmarkt schwerer haben, erhalten bleiben?

7.    Nehmen Sie die Schließung solcher Projekte aufgrund der geplanten Budgetkürzungen in Kauf?

8.    In welcher Höhe sind die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik in den Bundesländern von den Budgetkürzungen betroffen?

9.    Wie viele Teilnehmer:innen von Aus- und Weiterbildungskursen können im Jahr 2024 nach den aktuellen Budgetentwürfen unterstützt werden? Wie ist die Aufteilung nach Frauen und Männern?

10. Wie viele Teilnehmer:innen von Aus- und Weiterbildungskursen konnten jeweils in den vergangenen zehn Jahren unterstützt werden? Wie war die Aufteilung nach Frauen und Männern?

11. In welcher Höhe sind finanzielle Mittel in die Starthilfe für Saisonbetriebe geflossen? Bitte um Auflistung nach Bundesländern.

12. Wie wurde die Starthilfe für Saisonbetriebe finanziert?

13. Wie haben sich die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Bitte um Aufschlüsselung nach Projekten.

14. Welche zusätzlichen Maßnahmen planen Sie im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik?

15. Welche Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik werden wegfallen?

16. Werden die geplanten Kürzungen auch zu Leistungskürzungen (z.B. bei der Eingliederungsbeihilfe etc.) führen? Wenn ja in welchen Bereichen und in welchem Ausmaß?

17. Ist angesichts der hohen Inflation geplant das Arbeitslosengeld zu valorisieren? Wenn ja, in welchem Ausmaß? Wenn nein, warum nicht?

18. Ist angesichts der hohen Inflation geplant die Notstandbeihilfe zu valorisieren? Wenn ja, in welchem Ausmaß? Wenn nein, warum nicht?



[1] Vgl.: https://www.tt.com/artikel/30858785/ams-tirol-muss-angebot-massiv-kuerzen-30-plaetze-wackeln-in-den-sozialbetrieben

[2] Vgl.: Kahlschlag für die aktive Arbeitsmarktpolitik in Tirol droht! (arbeitplus.at)