Eingelangt am 31.08.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin
für Justiz
betreffend Schleppende
Ermittlungen rund um die FPÖ-Finanzaffäre
Kurz nach der Gemeindesratswahl in Graz am 26. September
2021 erging eine anonyme Anzeige an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft
(WKStA), die letztendlich Ermittlungen rund um die Finanzen der FPÖ Graz
führte. Die WKStA trat die Ermittlungen in weiterer Folge Anfang Dezember
2021 an die Staatsanwaltschaft (StA) Graz ab. Gegenstand der Ermittlungen ist
eine nicht ordnungsgemäße Verwendung von Partei- und Klubgeldern.
Weiters sollen dabei auch Gelder an nahstehende Vereine und Burschenschaften
geflossen sein. Dies führte zu Ausschlüssen und Rücktritten von
Spitzenfunktionären der FPÖ Graz bzw. Steiermark und Hausdurchsuchungen
bei 6 Wohnadressen und mehreren Burschenschaften sowie Vereinshäusern in
der Steiermark. Auch der FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek ist von dem
Skandal erfasst. Im Frühjahr 2022 wurde der Verfahrenskomplex von der StA
Klagenfurt übernommen, weil es bei der StA Graz Anschein der Befangenheit
gab.1,2
Der zwischenzeitliche Klubobmann der FPÖ Graz wurde im
weiteren Verlauf aus der Partei ausgeschlossen, weil er sich u.a. trotz eines
aufrechten Beschlusses des Landesparteivorstandes weigerte, einen Mandatar der
FPÖ Graz, der als Beschuldigter im Verfahren geführt wird, wieder in
den Klub aufzunehmen.3 Im Zuge dessen bildete sich mit ihm ein neuer
Gemeinderatsklub aus ehemaligen FPÖ-Gemeinderatsmitgliedern namens
"Korruptionsfreier Gemeinderatsklub" (KFG). Diesem wurde von der StA
Klagenfurt der Status als Privatbeteiligter am Verfahren versagt, indem er
nicht als Rechtsnachfolger des nicht mehr existenten Grazer
FPÖ-Gemeinderatsklub qualifiziert wurde. Dadurch blieb ihm das Recht auf
Akteneinsicht sowie die Aussicht auf einen Schadenersatzanspruch verwehrt.4
Der KFG brachte daraufhin einen Einspruch gegen den Ausschluss vom Verfahren
ein, der durch Beschluss des Landesgerichtes (LG) Klagenfurt stattgegeben
wurde.5,6 Überraschenderweise wurde gegen diesen Beschluss von
Seiten der Staatsanwaltschaft Rechtsmittel erhoben und das nachdem dies von der
FPÖ öffentlich gefordert wurde. Dies wirkt als würde die
Staatsanwältin auf Zuruf der FPÖ handeln.
Es ist ein wichtiger Grundsatz unserer Demokratie, dass die
Justiz alle Menschen gleich behandelt. Für das Vertrauen der
Bürgerinnen und Bürger in die Politik ist es wichtig, dass dies
insbesondere gilt, wenn politische Kräfte in den Fokus von
Strafermittlungen gelangen. In diesem Sinne ist es nicht nachvollziehbar, dass
in den Ermittlungen rund um den Grazer FP-Finanzskandal nichts weitergeht. Es
geht im Verfahren gegen die FPÖ um über eine Million Euro an
zweckendfremdeten Steuergeld.
Nicht nur die juristische Aufklärung läuft
schleppend, sondern auch die politische Aufarbeitung kommt in Graz nicht voran:
Das von NEOS Graz vorangetriebene Transparenzpaket, durch das der
Stadtrechnungshof endlich die Möglichkeit bekommen soll, die Ausgaben der
Grazer Gemeinderatsparteien zu prüfen, wurde von den Regierungsparteien im
Land ÖVP und SPÖ schubladisiert. Trotz steten Drucks von uns NEOS tut
sich seit mehr als einem Jahr in der Sache nichts mehr. Das spielt nur der
FPÖ in die Karten, wobei die Leidtragenden einzig die Grazerinnen und
Grazer sind. Wir NEOS kündigten zu dieser Causa am 4. August 2023 eine
parlamentarische Anfrage an.7
Quellen:
1https://www.derstandard.at/story/2000131568798/ermittlungen-um-grazer-fpoe-nun-auch-gegen-eustacchio-und-sippel
2https://www.derstandard.at/story/2000140006551/hausdurchsuchungen-bei-ehemaliger-fpoe-graz-spitze
3https://www.derstandard.at/story/2000140073003/grazer-fpoe-klubchef-nach-knappem-jahr-von-partei-ausgeschlossen
4https://www.derstandard.at/story/3000000172143/grazer-fp214-finanzcausa-kfg-verliert-vor-beh246rden-opferstatus
5https://www.derstandard.at/story/3000000174677/streit-um-nachfolge-des-grazer-fpoe-klubs
6https://www.derstandard.at/story/3000000180889/ex-fpoe-politiker-werfen-staatsanwaltschaft-vor-der-fpoe-zu-helfen?ref=rec
7https://www.derstandard.at/story/3000000181776/verschleppt-die-kaerntner-justiz-ein-verfahren-gegen-die-fpoe
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- Auf Basis
- wie vieler Anzeigen wann von wem
gegen wen
- von Amts wegen durch wen
wann wurde die Anfangsverdachtsprüfung zum Ermittlungsverfahren
iZm dem FPÖ-Finanzskandal wann durch wen begonnen?
- Auf Basis welcher Beweise mündete
die Anfangsverdachtsprüfung wann im Ermittlungsverfahren?
- Wann genau begann das
Ermittlungsverfahren iZm dem FPÖ-Finanzskandal? Bitte um genau chronologische
Auflistung, wann welche Behörde mit welchen Ermittlungen befasst war.
- Wegen welcher konkreten Delikte wurde
in welchem Zeitraum gegen welche Person(en) ermittelt?
- Trat die WKStA das
Ermittlungsverfahren an die StA Graz ab, weil im Hinblick auf § 20a
StPO die Marke von 5 Millionen Euro nicht überschritten wurde?
- Wenn ja, wann?
- Wenn nein, aus welchem anderen Grund
dann?
- Wenn nein, wer entschied dies wann?
- Woraus ergab sich die
Zuständigkeit der konkreten Staatsanwältin bei der StA Graz?
- Warum war die StA Graz in der Causa
FPÖ-Finanzskandal befangen, aber in der Causa Krypto-Skandal nicht?
- Inwiefern wurde die Auslastung der
Staatsanwältin vor der Übernahme des Falles eruiert?
- Das Verfahren wurde dann von der StA
Graz an die StA Klagenfurt delegiert. Gab es Gründe einer
Befangenheit gem §47 StPO?
- Wenn ja, welche und warum?
- Wenn ja, wer entschied über die
Befangenheit?
- Wer war in diese wann gefällte
Entscheidung eingebunden?
- Gab es zu dieser Delegierung
Weisungen o.ä.?
i. Wenn ja, wann durch wen?
- Wenn nein, aus welchem anderen Grund
kam es zur Delegierung?
i. Wer entschied über die Befangenheit?
ii. Wer war in diese wann gefällte Entscheidung
eingebunden?
iii. Gab es zu dieser Delegierung Weisungen o.ä.?
1.
Wenn ja, wann durch wen?
- Warum wurde das Verfahren an die StA
Klagenfurt erst im Mai 2022 durchgeführt, obwohl das
Ermittlungsverfahren seit November-Dezember 2021 geführt
wurde?
i. Gab es die Befangenheit anfangs nicht?
- War in diesem Fall in irgendeiner Art
und Weise die Generalprokuratur involviert?
- Wenn ja, wann inwiefern?
- Woraus ergab sich die
Zuständigkeit der konkreten Staatsanwältin bei der StA
Klagenfurt?
- War diese zuvor bereits mit politisch
brisanten Verfahren befasst?
i. Wenn ja, welche?
- Wurde ihre Zuständigkeit durch
das Zufallsprinzip begründet oder wurde sie konkret ausgewählt?
i. Wenn sie ausgewählt wurde, von wem?
- Wurde in dieser Causa eine Trennung
nach § 27 StPO durchgeführt oder wird gegen alle Beschuldigten
im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens vorgegangen?
- Wenn ja, wann kam es zur Trennung des
Verfahrens?
- Wenn ja, warum kam es zur Trennung
des Verfahrens?
- In welchem Zusammenhang steht das
Verfahren 29 St 195/21w mit dem Verfahren 17 St 216/21w?
- Seit wann wird gegen Mario Kunasek in
dieser Causa ermittelt?
- Wegen welcher Delikte genau?
- In welchem Zusammenhang steht die
Finanzierung von Kunaseks Privathaus mit dem Spesenskandal?
- Wann wurde ein Auslieferungsantrag von
der StA gestellt?
- In welcher Weise wurde dieser
gestellt?
- Wann wurde der Beschluss der
Auslieferung vom steirischen Landtag der StA gemeldet?
- In welcher Weise wurde dieser
gemeldet?
i. Ist es richtig, dass die Auslieferung bereits am 5. Juli
von Seiten der Landtagsdirektion übermittelt wurde?
ii. Wie ist es zu erklären, dass keine Meldung bei der StA
eingelangt ist?
- Wann nahm die StA die Auslieferung
von Mario Kunasek letztendlich zur Kenntnis?
i. Warum wurden nach Kenntnisnahme keiner Ermittlungsschritte
gesetzt?
- Ist es richtig, dass bereits am 11.
Jänner 2023 die Aufhebung der Immunität gefordert wurde?
i. Wenn ja, warum wurde die erste Aufhebung der Immunität
erst Mitte April 2023 durchgeführt?
ii. Wann wurde die Aufhebung der Immunität von der StA
beantragt?
iii. Warum wurde das Erhebungsersuchen an den Steiermärkischen
Landtag derart ungewöhnlich knapp gefasst?
- Wie viele Verfahrensstränge
beinhaltet das gesamte Ermittlungsverfahren? (Bitte um genaue Auflistung)
- Sind bereits Ermittlungen zu
einzelnen Verfahrenssträngen abgeschlossen?
i. Wenn ja, welche?
ii. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- In welcher dieser
Verfahrensstränge wiederum kam es wann zu einer Veröffentlichung
der Einstellungsbegründung gemäß § 35 a StAG?
- Warum kam es zu einer
Einstellungsbegründung?
- Wer hat sich wann gegen die
Veröffentlichung ausgesprochen?
- In welchen Verfahrenssträngen kam
es nicht zu einer Veröffentlichung der Einstellungsbegründung?
- Warum nicht?
- Wer hat sich wann gegen die
Veröffentlichung ausgesprochen?
- Wer entschied jeweils wann gegen die
Veröffentlichung?
- In welchen Verfahrenssträngen kam
es wann zu einer Anordnung bzw. Weisung vom BMJ oder welcher OStA an die
untergebene StA, die Einstellungsbegründung zu veröffentlichen?
- Gab es Weisungen in der
FPÖ-Finanzaffäre:
- von Seiten des BMJ?
i. Falls ja, welche?
- von Seiten der OStA Graz?
i. Falls ja, welche?
- Falls es Fälle von Weisungen
nach § 29a StAG gab, wurden diese dem Parlament berichtet?
- Wenn ja, wann?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welche Ermittlungsmaßnahmen
wurden seit Einleitung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens
in allen oben genannten Verfahrenssträngen wann durch wen gesetzt?
- Welche Personen wurden wann
einvernommen?
- Wo wurden wann Sicherstellungen oder
Hausdurchsuchungen durchgeführt?
i. Welche Gegenstände wurden dabei sichergestellt?
ii. War die Identitären Bewegung dabei auch von
Hausdurchsuchungen betroffen?
- Wann haben Sie davon erfahren (bitte
um zeitliche Aufschlüsselung je nach Ermittlungsschritt)?
- Wurde vonseiten der Polizei Beweise an
eine der im Verfahren involvierten Staatsanwaltschaften herangetragen?
- Falls ja, wann welche von welcher
Einheit an welche StA?
- Wurden vonseiten der Polizei
Ermittlungshandlungen angeregt, vorschlagen etc. gegenüber welcher im
Verfahren involvierten Staatsanwaltschaften?
- Falls ja, wann welche von welcher
Einheit an welche StA?
- Wie viele Personen werden als
Beschuldigte geführt?
- Gab es einen Austausch der StA
Klagenfurt mit anderen Staatsanwaltschaften, insb. der für die
Fachaufsicht verantwortlichen Oberstaatsanwaltschaft Graz oder anderen
Personen aus dem BMJ zu der Frage der Privatbeteiligung KFG?
- Wenn ja, wann mit wem?
- Wenn ja, mit welchem wann
vorliegenden Ergebnis?
- Dem Einspruch der KFG brachte gegen
den Ausschluss vom Verfahren gab das LG Klagenfurt statt. Gegen diese
Entscheidung legte die StA Klagenfurt Berufung ein. Wer war in der
Hierarchie bzw. wer von politischer Ebene in diese Entscheidung wann
eingebunden?
- Warum wurde den Beschuldigten bereits
Ende Mai der Verlust des Privatbeteiligtenstatus des KGF mitgeteilt, aber
den Betroffenen erst am 1. Juni 2023?
- In welcher Form wurde es den
Beschuldigten mitgeteilt?
- Wurde es auf eine andere Weise als
per ERV kommuniziert?
- Wie oft kam es in den letzten 10
Jahren zu einer derartigen Berufung einer StA gegen die
Privatbeteiligtenstatus einer natürlichen oder juristischen
Person?
- in welchen Fällen wann durch
welche StA?
- Konnten von Seiten des BMJ Kontakte
abseits des Amtswegs zwischen Vertreter:innen der StA Klagenfurt und
Amtsträger:innen der Stadt Graz, des Landes Steiermark und/oder
Beschuldigten iZm diesem Fall festgestellt werden?
- Wenn ja, welche?
- Wenn ja, was sind die Konsequenzen?
- Gab es Anzeigen iZm der
Verfahrensführung gegen Staatsanwält:innen, Polizist:innen etc.
in dieser Causa?
- Wenn ja, wann durch wen gegen wegen?
- Wenn ja, mit welchem Inhalt?
- Wenn ja, wie wurde genau mit diesen
Anzeigen verfahren?
i. Gibt es aktuell dazu ein Ermittlungsverfahren?
1.
Wenn ja, gegen wen?
2.
Wenn ja, aufgrund welcher
Delikte?
- Gab es Dienstbesprechungen zu diesem
Verfahren?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, wie viele?
- Wenn ja, wer war anwesend?
- Wenn ja, wurden diese
Dienstbesprechungen protokolliert?
- Handelt es sich im gesamten Komplex um
ein berichtspflichtiges Verfahren?
- Wenn ja, welche Verfahren davon sind
berichtspflichtig?
- Wenn ja, wann erstattete die
Staatsanwaltschaft worüber wem Bericht?
- Wenn ja, was war wann die Reaktion
der den Bericht empfangenden Behörde?
- Wann erstattete die
Staatsanwaltschaft worüber wem einen Vorhabensbericht?
- Wie lang ist die durchschnittliche
Ermittlungsdauer von
- Großverfahren
- "Clamorose Fällen"
- "normalen" Verfahren bei
der StA Klagenfurt?
- Wann ist mit dem Ende der Ermittlungen
bzw. Erhebung der Anklage zu rechnen?
- Was sind die Ursachen für die
Dauer des Ermittlungsverfahrens?