16072/J XXVII. GP
Eingelangt am 01.09.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend diskriminierungsfreie Vermittlung von Wohnraum
Laut Statistik Austria ziehen rund 800.000 Menschen in Österreich pro Jahr um. Die Suche nach leistbarem Wohnraum erfüllt für all diese Personen nicht nur ein Grundbedürfnis, sondern ist gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen (Rekord-Teuerung, Inflation, Erhöhung der Richtwertmieten etc.) für immer mehr Österreicher*innen eine enorm belastende Erfahrung. Noch schlimmer wird genau diese Erfahrung aber, wenn sie neben allen anderen Hürden bei der Vermittlung von Wohnraum darüber hinaus noch mit handfesten Diskriminierungen konfrontiert sind.
Eine aktuelle Studie von SORA im Auftrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft zeigt dahingehend auf, wie groß die Probleme am österreichischen Wohnungsmarkt, insbesondere in Hinblick auf ethnische Diskriminierungen, immer noch sind. Zwar verbietet das Gleichbehandlungsgesetz seit 2004 Diskrimierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen inklusive Wohnraum – die Realität sieht aber immer noch anders aus. Die SORA Studie nutzte die Methode des „Paired ethnic testing“, wie unterschiedlich Personen, die sich nur hinsichtlich ihres Namens und ihres Akzents unterschieden, bei der Wohnungssuche behandelt werden.
Die Ergebnisse dieser Studie sprechen eine klare Sprache:
· „Während der Tester ohne zuschreibbarem Migrationshintergrund („Michael Gruber“) in allen 157 Fällen eine Einladung zu einem Besichtigungstermin erhielt, bekam der Tester mit zuschreibbarem Migrationshintergrund („Muhammad Asif“) in 78 Telefonaten eine direkte Einladung, also in nur rund der Hälfte der Fälle.
· Während „Muhammad Asif“ von privaten Wohnungsanbieter:innen in 78% der Anrufe eine Einladung zu einem Besichtigungstermin erhielt, haben ihm Makler:innen nur in 38% der Fälle einen Besichtigungstermin angeboten.
· Weitere Hinweise auf eine Benachteiligung finden sich in 10% der Fälle, in denen „Muhammad Asif“ zu einem späteren Termin eingeladen wurde, obwohl er als erstes anrief.“[1]
Auch zahlreiche andere Erhebungen und Studien unterstreichen die Ergebnisse dieser Studie. Allein in den letzten Monaten machten sowohl die Tageszeitung Der Standard als auch die Johannes-Kepler-Universität Linz mit eigenen Erhebungen auf die Dringlichkeit des Problems aufmerksam. Natürlich sind, angesichts der klaren Gesetzeslage durch das Gleichbehandlungsgesetz, vor allem Vermieter*innen und Branchen-Vertreter*innen gefordert, für eine diskriminierungsfreie Vermittlung von Wohnraum zu sorgen. Gerade angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage stellt sich jedoch die Frage, welche konkreten Schritte die Bundesregierung unternimmt, um durch begleitende Maßnahmen sicherzustellen, dass Österreicher*innen auf Wohnungssuche ein diskriminierungsfreies Umfeld vorfinden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Welche konkreten Schlüsse zieht Ihr Ressort aus der SORA-Studie zu Diskriminierungen am Wohnungsmarkt?
2. Welche Zahlen, Daten und ergänzenden Fakten liegen Ihrem Ressort hinsichtlich Diskriminierungserfahrungen bei der Suche nach Wohnraum vor?
3. Gab es seitens Ihres Ressorts in der Vergangenheit konkrete Schritte oder Maßnahmen, um gegen Diskriminierungen bei der Vermittlung von Wohnraum vorzugehen (z.B. gemeinsame Schwerpunkte mit Branchenvertreter*innen, Aufklärungsmaßnahmen etc.)?
a. Wenn ja, welche konkret?
4. Sind seitens Ihres Ressorts weitere Schritte oder Maßnahmen geplant, um Wohnungsvermieter*innen und Branchenvertreter*innen bei der Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Umgebung bei der Suche nach Wohnraum zu unterstützen?
a. Wenn ja, welche Schritte sind konkret geplant?
b. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?
5. Zentrale Diskriminierungsgründe bei der Suche nach Wohnraum sind bis heute noch nicht durch das Gleichbehandlungsgesetz abgedeckt (z.B. Diskriminierungen wegen der sexuellen Orientierung): Gibt es seitens Ihres Ressorts konkrete Pläne, das Gleichbehandlungsgesetz zu erweitern, um einen lückenlosen rechtlichen Diskriminierungssucht bei der Suche nach Wohnraum zu garantieren?
a. Wenn ja, welche Pläne konkret?
b. Wenn ja, gab es dahingehend schon Verhandlungen mit anderen Ressorts, insbesondere dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft?
c. Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?