16075/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.09.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie
betreffend Energiewende in der Warteschleife: Unbrauchbare Haftungsgarantien für PV-Projekte und Chaos bei Auszahlung von PV-Förderungen verschleppen PV-Ausbau
Fehlende Förderrichtlinie für AWS-Ausfallhaftung ("Klima-Haftungen")
Im Rahmen der Energiewende haben sich unterschiedliche Instrumente und Geschäftsmodelle herausgebildet, die dem Ausbau von Erneuerbaren Energien dienlich sein sollen. Eines dieser Modelle bilden sogenannte Energie-Contracting-Verträge. Dabei wird ein Dienstleistungsvertrag zwischen einem Energiebereitsteller und einem entsprechendem Abnehmer geschlossen, wobei ersterer für die Aufbringung der Energie verantwortlich ist und zweiterer zusagt, diese Energie auch abzunehmen. In der Regel muss der Energiebereitsteller (Energie-Contractor) entsprechende Anlagen errichten und betreiben, die es ihm ermöglichen, seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen. Der Bau dieser Anlagen bedeutet aber meist einen erheblichen Vorfinanzierungsaufwand, den der Energie-Contractor selbst zu tragen hat und der durch mögliche Zahlungsausfälle aufseiten des Energieabnehmers ein Geschäftsrisiko für den Energiebereitsteller darstellt. Da Projektentwickler diese Zahlungsausfallsrisiken nicht vollumfänglich auf sich nehmen können oder wollen, verlangen sie von Abnehmern meist bereits im Vorfeld finanzielle Sicherheiten etwa in Form von Bankgarantien. Da dies aber mit erheblichen Kosten für den Abnehmer einhergehen kann und vor allem kleinere Abnehmer diese Sicherheiten nicht aufbringen können, kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Erneuerbare Energieprojekte verworfen werden müssen, weil es an den notwendigen Finanzierungssicherheiten mangelt. (1)
Um diesem Missstand zu begegnen ist vonseiten des Gesetzgebers im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes bereits seit 2020 die Möglichkeit vorgesehen, für derartige Energie-Contracting Modelle staatliche Haftungen zu erhalten, um damit das Investitionsrisiko zu vermindern. Damit soll die Garantielücke zwischen Energie-Contractor und Leistungsbezieher geschlossen werden, damit entsprechende Projekte auch tatsächlich realisiert werden können. Für die Abwicklung dieser "Klima-Haftungen" ist laut UFG die AWS verantwortlich. Im Umweltförderungsgesetz heißt es dazu in §6 Abs. 4: "Die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung (AWS) kann ab dem Jahr 2020 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Haftungen für Energie-Contracting-Verträge zur Umsetzung von Investitionen zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Energieträgern und zur Einsparung oder effizienten Bereitstellung von Endenergie eingehen." (2)
Aus der Projektpraxis ist jedoch zu vernehmen, dass es die Möglichkeit zur staatlichen Haftungsübernahme zwar gibt, diese aber bisher nicht abgerufen werden konnten, weil es die Ministerin offenbar verabsäumt hat, die dafür notwendige Förderungsrichtlinie zu erlassen. Laut Gesetz muss diese im Einvernehmen des Bundesministers für Finanzen erstellt werden, um damit die Voraussetzung für die Übernahme von Haftungen durch die AWS zu schaffen: "Die sonstigen Voraussetzungen und Bedingungen für die vertragliche Übernahme von Haftungen durch die AWS sind in den von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gemäß § 13 Abs. 5 Z 1 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu erlassenden Richtlinien für die Umweltförderung im Inland „Klima-Haftungen“ festzulegen." (2)
Auf der Website des BMK liegen zwar die Förderungsrichtlinien für Investitionen und Dienstleistungen im Bereich Erneuerbarer Energien auf, diese umfassen aber keine Richtlinien zur Gewährung von "Klima-Haftungen". Somit liegen dringend notwendige Garantien auf Eis, die eigentlich dazu dienen sollten, Energie-Contracting-Projekte zu realisieren. Offenbar ließe sich dieser Missstand mit einer einfachen Förderrichtlinie aus dem Weg schaffen. Insofern ist es unverständlich, warum diese Richtlinie noch immer auf sich warten lässt.
Chaos um ausständige PV-Förderungen
Darüber hinaus gibt es scheinbar auch Verzögerungen bei der Auszahlung von bereits genehmigten Förderungen für die Errichtung von PV-Anlagen. Obwohl alle Antragsteller eine Förderzusage erhalten haben, häufen sich die Meldungen, dass die Auszahlung dieser Förderungen noch immer auf sich warten lassen. Die PV-Fachbranche weist auch darauf hin, dass die zuständige Auszahlungsstelle ÖMAG (Abwicklungsstelle für Ökostrom AG) wohl chronisch überfordert sein dürfte. Die langen Bearbeitungszeiten bei der ÖMAG sorgen vermehrt für Unmut bei Antragstellern, wobei oft nicht klar nachvollziehbar ist, nach welchen Kriterien die Auszahlungen priorisiert werden.
Neben der einmaligen Investitionszuschussförderung für PV-Anlagen kommt der ÖMAG auch die Aufgabe zu, Einspeisetarifförderungen abzuwickeln. Dabei garantiert die ÖMAG dem Vertragspartner einen bestimmten Einspeisetarif pro kWh und verpflichtet sich zur Abnahme der gelieferten Strommengen. Aktuell häufen sich die Hinweise, dass es diesbezüglich vermehrt zu Unregelmäßigkeiten bei den Förderauszahlungen kommt. Demnach werden die Zahlungen bereits laufender Einspeiseverträge unangekündigt und unbegründet ausgesetzt. Trotz Beschwerden und Erkundigungen der Anlagenbetreiber sollen Zahlungen dennoch nicht wieder aufgenommen worden sein. Laut Branchenvertretern haben sich betroffene Betreiber daher auch schon vereinzelt an Gerichte gewandt, um ausstehende Forderungen geltend zu machen. In diesem Zusammenhang wurde davon berichtet, dass die Zahlungen angesichts drohender Gerichtsverfahrens dann plötzlich wieder aufgenommen wurden.
(1) https://www.360ee.at/garantien-wir-brauchen-garantien/
(2) https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010755
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn ja: Besteht hier Einvernehmen bzw. welche Einwände wurden in diesen Gesprächen vorgebracht?
ii. Wenn nein: Bis wann sollen diese Gespräche aufgenommen werden?
i. Gibt es einen Zusammenhang zwischen eingeleiteten Gerichtsverfahren und der Wiederaufnahme von Fördertarif-Zahlungen?