16091/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.09.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Radikale Inhalte in orthodoxen Kirchen

 

Seit Jahren geht die Bundesregierung gegen den politischen Islam in Österreich vor. Es wird darauf geachtet, dass unter dem Deckmantel der Religion keine Hassprediger Intoleranz predigen oder Gläubige zu rechtwidrigen Akten aufrufen oder verhetzen. So wurden Moscheen nach Bekanntwerden von dort stattfindenden salafistischen Predigten oder Krieg spielendenden Kindern überprüft. Im Jahr 2018 wurden dann sieben Moscheen aufgrund von rechtswidrigen Verhalten geschlossen, Imame verloren ihren Aufenthaltstitel. Maßnahmen basieren auf Prüfungen durch das Kultusamt und das Innenministerium im Zusammenhang mit dem Vereinsgesetz. Die Begründung durch die Bundesregierung war das Vorgehen gegen "Parallelgesellschaften und Radikalisierungstendenzen." Durch den Besuch einer Moschee etwa sei die "Radikalisierung begünstigt" worden.

Derzeit unterstützt die Orthodoxe Kirche Russlands den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. So hat sich der russische Patriarch Kirill geweigert, die Tötung von ukrainischen Zivilist:innen zu verurteilen oder Kriegsverbrechen anzuprangern. In den sozialen Medien tauchen immer wieder Videos auf, in denen russisch-orthodoxe Priester zu Gewalttaten gegen Ukrainer:innen, selbst gegen ukrainische Kindern, aufrufen oder diese gutheißen. Allerdings ist diese Position umstritten, in Russland wie auch im Ausland haben orthodoxe Priester den russischen Krieg, Menschen- und Kriegsrechtsverletzungen verurteilt, andere die den Krieg unterstützende Position der offiziellen Russisch-Orthodoxen Kirche mitgetragen. Es ist anzunehmen, dass sich dieses Schisma auch in den verschiedenen in Österreich aktiven orthodoxen Kirchen widerspiegelt. 

Teilnahme an orthodoxen Gottesdiensten, in denen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen heruntergespielt oder unterstützt werden, sind ebenso wie salafistische Hasspredigten dazu angetan, politische Radikalisierung zu begünstigen. Auch in derartigen Fällen würden die von Priestern gesendeten Botschaften der Grundeinstellung österreichischer Zivilisation widersprechen. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Gibt es seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar des Vorjahres Ermittlungen vonseiten des Innenministeriums gegenüber orthodoxen Kirchen in Österreich in Hinsicht auf verhetzende oder rechtswidrige Positionen im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine, Menschenrechtsverletzungen oder Kriegsverbrechen?
    1. Gibt es hierzu einen Austausch auf EU-Ebene? 
  1. Gibt es Hinweise auf Hasspredigten oder die Unterstützung von rechtswidrigem Verhalten?
  2. Gab es Hinweise oder Anzeigen betreffend rechtswidriger oder den Krieg oder russische Kriegsverbrechen betreffende Aussagen in orthodoxen Kirchen?
    1. Wenn ja, welche Maßnahmen wurden in Reaktion darauf gesetzt?
  1. Gibt es Hinweise auf bzw. Ermittlungen gegen einzelne Verantwortliche von orthodoxen Kirchen in Österreich?
  2. Steht eine oder mehrere orthodoxen Kirchen derzeit unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden oder der DSN?
    1. Wenn ja, welche, seit wann und weshalb?
  1. Als Reaktion auf den Terroranschlag am 2. November 2020 in Wien wurden ein Maßnahmenpaket beschlossen, welches eine Anpassung der rechtlichen Grundlagen zur Auflösung von extremistischen Vereinen vorsieht. Inwieweit wäre politische Propaganda im von Österreich verurteilten Angriffskrieg Russlands in diesem Maßnahmenpaket abgedeckt?
  2. Welche rechtlichen Standards wurden im Fall der geschlossenen Moscheen zur Bewertung von inakzeptablen Positionen herangezogen?
    1. Sind dieselben Tatbestände auch auf orthodoxe Kirchen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine anzuwenden?
    2. Wenn nein, bitte um Erläuterung der rechtlich relevanten Tatbestände in der Causa um die Schließung von Moscheen und gegenüber orthodoxen Kirchen.    
    3. Als Begründung für die Schließung von Moscheen wurde die fehlende positive Grundeinstellung zum österreichischen Staat und der Gesellschaft angeführt. Wäre diese auch bei der Befürwortung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges und/oder von Verletzungen des humanitären Völkerrechts gegeben? 
  1. Im Falle der Schließung der Moscheen hat der damalige Innenminister – nun Bundeskanzler – Karl Nehammer in einer Anfragebeantwortung (4718/AB) verbotenen politischen Islam derart definiert, dass sich Moscheen oder Imame nicht nur um religiöse Belange in Österreich lebender Muslime kümmern, sondern weiterführend durch politische Bildung, sozialen Fürsorge und Ausgestaltung des kulturellen Lebens für Muslime in Österreich das Ziel verfolgen, ein Gegenmodell zur bestehenden Mehrheitsgesellschaft in Österreich zu schaffen. Wäre diese Definition auch für orthodoxe Kirchen oder Prediger, die die Einhaltung von Völkerrecht oder Menschenrecht in Frage stellen, anwendbar?
  2. Wie viele Menschen arbeiten mittels einer Aufenthaltserlaubnis für die verschiedenen orthodoxen Kirchen in Österreich? 
  3. Welche (Zuverlässigkeits-)Überprüfungen der Antragssteller:innen werden bei derartigen Aufenthaltserlaubniserteilungen durchgeführt? 
  4. Mit welcher Form von Aufenthaltserlaubnis sind aus dem Ausland entsandte Priester der orthodoxen Kirchen in Österreich tätig?
    1. Handelt es sich um dieselbe Form von Aufenthaltserlaubnis wie die der ausgewiesenen islamischen Imame?
    2. Wenn nein, bitte um Erläuterung des Unterschiedes.
  1. Wurden einzelne Verantwortliche von orthodoxen Kirchen in Österreich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine aus Österreich ausgewiesen? 
    1. Wenn ja, wie viele und aus welchen Gründen jeweils?
  1. Welche Maßnahmen setzt(e) Ihr Ressort seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, um sicherzustellen, dass orthodoxen Kirchen in Österreich keine verhetzende oder rechtswidrige Positionen im diesem Zusammenhang bzw. Hasspredigten verbreiten?
    1. Wann jeweils? 
    2. Welche Maßnahmen sind noch geplant? 
    3. Gibt es hierzu einen Austausch auf EU-Ebene? 
    4. Sollte es Ihrerseits keine Maßnahmen geben: warum nicht?