16109/J XXVII. GP
Eingelangt am 13.09.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Folgeanfrage: Verfahren gegen syrische Kriegsverbrecher in Österreich
Die Regierung von Baschar al-Assad lässt in Syrien systematisch und flächendeckend foltern. Die internationale Strafjustiz bietet derzeit keine Möglichkeiten, die Verbrechen in Syrien strafrechtlich zu verfolgen. Deshalb ist es die Verantwortung europäischer Strafverfolgungsbehörden, nach dem Weltrechtsprinzip aktiv zu werden. Das im Völkerstrafrecht verankerte Weltrechtsprinzip erlaubt es, weltweit schwere Verbrechen unabhängig von der Staatsangehörigkeit des/der Täter:in und der Überlebenden sowie dem Tatort zu verfolgen. So kann auch vor österreichischen Gerichten über mögliche Kriegsverbrechen von Ausländer:innen in anderen Staaten geurteilt werden. Das Weltrechtsprinzip beruht auf dem Gedanken, dass die Verfolgung von völkerrechtlichen Kernverbrechen im Interesse der Menschheit als solcher liegt. Dahinter steht der Gedanke, dass Kriegsverbrecher auch außerhalb ihres Heimatlandes keinen sicheren Rückzugsort finden sollen.
Nach Deutschland, Schweden und Frankreich wurden auch in Österreich Ermittlungen zur Folter in Syrien eingeleitet. Dazu haben im Mai 2018 16 Folterüberlebende gemeinsam mit dem Syrian Center for Legal Studies and Research (SCLSR), dem Syrian Center for Media and Freedom of Speech (SCM), dem Center for the Enforcement of Human Rights International (CEHRI) und dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) Strafanzeige gegen 24 führende Mitglieder des syrischen Sicherheitsapparates bei der Staatsanwaltschaft Wien eingereicht, welche mangels einer eigenen Spezialeinheit bei der Staatsanwaltschaft für derartige Ermittlungen in Österreich zuständig ist. Die Vorwürfe sind: Folter, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen des Militärgeheimdienstes, des Luftwaffengeheimdienstes und des Allgemeinen Geheimdienstes. Die angezeigten Einzeltaten – darunter Folter, Mord, Verschwindenlassen, schwere Körperverletzung und Freiheitsentzug – wurden zwischen 2011 bis heute in 13 syrischen Haftanstalten begangen. Mehrere Opfer waren zur Zeit der Tatausübung minderjährig. Es handelte sich um die erste Anzeige dieser Art in Österreich.1
Doch das Verfahren dürfte schleppend vorangehen. Laut Medienberichten sind viele Zeug:innen trotz Aufenthalts in Österreich mangels österreichischer Staatsbürgerschaft nicht vernommen worden - laut Völkerrechtsexpert:innen ist dies eine restriktive Auslegung der UN-Antifolterkonvention. Die Pflicht zur Vernehmung der syrischen Folteropfer ergibt sich aus Art. 14 der UN-Antifolterkonvention. Letzterer sieht vor, dass das Opfer einer Folterhandlung Wiedergutmachung erhält und u.a, eine möglichst vollständige Rehabilitation erfährt. Davon umfasst ist das Recht des Folteropfers auf Anhörung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft – ein Recht, das sogar im Vertragsstaat nur vorübergehend aufhältige Flüchtende haben.2 Auch mangelnde (personelle) Ressourcen dürften sich negativ auf das Verfahren auswirken. In anderen Ländern wie Deutschland und Frankreich sind ganze Einheiten mit der Strafverfolgung von Völkerstraftaten befasst, was in Österreich nicht der Fall ist. Aufsehen erregte unlängst ein Urteil in Koblenz, wo das Oberlandesgericht einen ehemaligen syrischen Geheimdienstmitarbeiter wegen Beihilfe zu Folter in mindestens 30 Fällen zu vier Jahren Haft verurteilte.3
Justizministerin Alma Zadic hat in Hinsicht auf die Kriegsverbrechen in der Ukraine verlauten lassen, dass für die Strafverfolgung von Völkerstraftaten bei der Staatsanwaltschaft zusätzliche personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden sollen. Es bleibt demnach zu hoffen, dass sich diese personelle Aufstockung auf alle Personen bzw. potentielle Opfer, die wegen Kriegsverbrechen oder anderen Verbrechen nach dem 25. Abschnitt des StGB Anzeige erstatten, positiv auswirkt.
Nach Angaben des BMJ in der Beantwortung zur NEOS-Anfrage 12969/J wurde das Ermittlungsverfahren bzgl. jener Personen, die nicht in die Tathandlungen gegen den die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Zeugen/Opfer involviert waren, schon 2020 eingestellt. Bei den verbliebenen Beschuldigten sind Ergebnisse einzelner Ermittlungsanordnungen ausständig, weshalb das Verfahren bis dato noch nicht abgeschlossen ist.4
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn ja, wie viele?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, wie viele?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, wie viele?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, wie viele?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wurde die Begründung veröffentlicht?
i. Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, inwiefern?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, wie viele und wann jeweils?
ii. Wenn ja, aufgrund welcher Verdachtslage jeweils?
iii. Wenn ja, durch welche StA jeweils?
iv. Wenn ja, von Amts wegen, aufgrund einer Anzeige durch wen oder aufgrund einer Weisung durch wen und wann jeweils?
v. Wenn ja, welche Ermittlungshandlungen wurden jeweils wann vorgenommen?
1. Wurden Zeug:innen, Verdächtige und/oder Beschuldigte einvernommen?
a. Wenn ja, wie viele jeweils?
2. Wenn ja, in wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren abgeschlossen?
a. Mit welchem Ergebnis jeweils (Einstellung/Diversion/Anklage)?
3. Wenn ja, in wie vielen Fällen kam es zu einem Hauptverfahren?
4. Wie viele Verurteilung gab es?