16112/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.09.2023
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Anfrage

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Tierarzneimittelgesetznovelle: Quo Vadis?

 

Im Juli 2023 wurde vom BMSGPK (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ein Entwurf des Tierarzneimittelgesetzes zur Stellungnahme vorgelegt.
Hintergrund für die aktuelle Überarbeitung des TAMG ist, dass seit 28. Jänner 2022 unmittelbar anwendbare Rechtsvorschriften der EU im Tierarzneimittelsektor in Österreich gelten, im konkreten Fall die EU-Verordnung für Tierarzneimittel. Aufgrund dieser EU-weiten neuen Rahmenbedingungen ist es erforderlich, die diesbezüglich in Österreich geltenden Rechtstexte anzupassen bzw. zusammenzuführen und ein neues Tierarzneimittelgesetz (TAMG) zu erlassen.(1)

Durch das neue Gesetz soll die Anwendung von Antibiotika klar definiert sein. Unter gewissen Voraussetzungen wird die Durchführung eines Antibiogrammes vorgeschrieben - etwa, wenn ein Antibiotikum bei einer Tiergruppe wiederholt oder längerfristig eingesetzt wird, bei Anwendung bestimmter Wirkstoffgruppen, oder wenn eine kombinierte Verabreichung mehrerer Antibiotika erfolgt. Es muss also eine Probe entnommen werden, die im Labor darauf untersucht wird, welches Antibiotikum gegen den jeweiligen Erreger wirkt. Bei Vorliegen einer akuten Erkrankung darf mit der Behandlung bereits vor Vorliegen des Antibiogrammes begonnen werden. Der zweite Punkt ist ein Schwellenwert-System zur Antibiotika-Reduktion. Aus verschiedenen Stellungnahmen seitens Tierarztpraxen und Tierschützer:innen kann man jedoch schon jetzt eine befürchtete Schlechterstellung kleiner Praxen und eine praxisuntaugliche Umsetzungsmöglichkeit herauslesen. Vor allem wird bezweifelt, dass das Ziel der weiteren Reduktion des Einsatzes antimikrobiell wirksamer Arzneimittel -um Resistenzbildungen zu vermeiden -erreicht werden kann.(2)

Das geplante Tierarzneimittelgesetz (3) wirft daher einige spezielle aber auch allgemeine Fragen auf.

 

(1)https://ooe.lko.at/neues-tierarzneimittelgesetz-in-begutachtung+2400+3847520

(2)https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/ME/284?selectedStage=101

(3)https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/ME/284/fname_1573826.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Wird es ein Monitoring geben, ob das neue Gesetz tatsächlich zur Reduktion und zu einem praxistauglicheren Einsatz von Antibiotika beiträgt?
    1. wenn ja, wie wird dieses konkret aussehen?
    2. wenn nein, warum nicht?
  1. Wurde der Entwurf - etwa durch die Tierärztekammer - auf die fachliche Durchführbarkeit geprüft?
    1. wenn ja, wo wurden die Ergebnisse dokumentiert und wie sehen diese aus?
    2. wenn nein, warum nicht?
  1. Inwiefern werden Tierärzte und Tierärztinnen in den Gesetzgebungsprozess eingebunden, um sicherzustellen, dass die praktische Umsetzbarkeit des neuen Gesetzes gewährleistet ist?
  2. Wie wird sichergestellt, dass Tierärzte und Tierärztinnen ausreichend geschult werden, um die neuen Anforderungen des Gesetzes in der Praxis umzusetzen?
  3. Antibiogramme sollen laut Entwurf vermehrt zum Einsatz kommen. Labore stoßen jedoch jetzt schon häufig an ihre Grenzen. Gibt es Pläne die Kapazitäten und Arbeitszeiten in den Laboren dementsprechend aufzustocken?
    1. wenn ja, wie sehen diese konkret aus?
    2. wenn nein, warum nicht?
  1. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass die geplante Schwellenwert-Reduktion von Antibiotika tatsächlich die Resistenzbildung bekämpft, und wie wird der Fortschritt in dieser Hinsicht gemessen?
  2. Ad §49 Abs1 Abgabe von Tierarzneimitteln im Kleinen. Hier wird die Abgabe aus einer tierärztlichen Hausapotheke an eine andere nur dann erlaubt, wenn diese derselben Tierärztegesellschaft lt. §18. TÄG angehören.
    1. Wie wird gewährleistet werden, dass es nicht zu einer massiven Ungleichstellung von kleinen Praxen und Tierärztegesellschaften mit nur einer THAPO und eine:r hausapothekenführenden Tierärtz:in kommt?
    2. Wie wird diese geplante Schlechterstellung von Einzelpraxen gegenüber teilweise auch europaweit tätigen Konzernen argumentiert?
    3. Wir wird sichergestellt, dass die Transparenz der Warenströme gewahrt bleibt?
    4. Wie wird im Falle eines Therapienotstandes verfahren oder etwa bei Lieferschwierigkeiten des Großhandels, wenn nur die Abgabe innerhalbe einer Tierärztegesellschaft erlaubt ist?
  1. Ad §49 Abs 7 mindestens einmal jährlich ist eine gründliche Inventur ihres/seines Bestandes vorzunehmen und die verbuchten Ein- und Ausgänge von Tierarzneimitteln mit dem aktuellen Lagerbestand abzugleichen. Wie soll im Rahmen der Inventur mit Rücknahmen umgegangen werden?
  2. Ad §52 Abs2 die Ausstellung eines Rezeptes zum Bezug aus einer öffentlichen Apotheke wird gleichgestellt mit einem Arzneimittelabgabebeleg durch einen betreuenden Tierarzt aus einer tierärztlichen Hausapotheke in Österreich. Die Ausstellung eines Rezeptes (Bezug des Arzneimittels im Zeitraum der Gültigkeit des Rezeptes) und die Ausstellung eines Arzneimittelabgabebelegs (Bezug erfolgt gleich und unmittelbar, eine Frist für die Gültigkeit ist daher obsolet) sind in der Praxis unterschiedliche Vorgänge. Wie soll dieser Punkt in der Praxis umgesetzt werden ohne zu Irrtümern zu führen?
  3. Ad §54 Abs.1 und §61 Abs.7 Der Arzneimittelabgabebeleg für antimikrobielle Substanzen hat eine Gültigkeit von 5 Tagen. Hier wird klar ersichtlich, dass die Gleichstellung von Rezept und Arzneimittelbeleg verwirrend ist, da die Gültigkeit eines Rezeptes für 5 Tage versus Gültigkeit der abgegebenen Arzneimittel für 5 Tage in der Praxis völlig unterschiedlich ist. Wie soll dieser Sachverhalt in der Praxis gelöst werden?
  4. Ad §54 Abs. 3: Wird die Definition der Antibiotikakennzahl auch in die Begriffsbestimmungen (§ 3 Abs. 1) aufgenommen werden? Wenn nein, warum nicht?
  5. Ad §61 Abs.4: Sind Rahmenbedingungen für die Durchführung der Erregernachweise und der Empfindlichkeitsprüfungen (Laborvoraussetzungen, Anforderungen an Empfindlichkeitsprüfungen, etc.) geplant?
    1. wenn ja, wie werden diese aussehen?
    2. wenn nein, warum nicht?
  1. Ad §62 Der Einsatz von Tierimpfstoffen wird hier im Gegensatz zur Verordnung (EU) 2019/6 erschwert. Im Sinne der Residenzminderung bei antimikrobiellen Substanzen ist dies laut Tierärzt:innen fachlich nicht nachzuvollziehen. Auf der Basis welcher Studien wurde die Entscheidung dafür getroffen?
  2. Ad §68 Dokumentationspflichten. In landwirtschaftlichen Betrieben wird die Dokumentation häufig  in handschriftlicher Form geführt und werden in der tierärztlichen Hausapotheke nacherfasst. Wird es hier Ausnahmeregelungen geben?
    1. wenn ja, wie werden diese aussehen?
    2. wenn nein, warum nicht?
  1. Ad §71 Abs2 Wie lässt sich die Aufforderung zur schriftlichen Übermittlung aller verfügbaren Daten gemäß der §§ 66 bis 69 Abs. 1 über den Verkehr mit Tierarzneimitteln nach Art, Menge, Bezieher:innen mit dem Datenschutz vereinbaren?
  2. Inwiefern wird das Ministerium die Entwicklung der antimikrobiellen Resistenz in Österreich überwachen und wie werden die Daten in Bezug auf die Wirksamkeit des Gesetzes analysiert?