16114/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.09.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien

betreffend Übernahmen von Kabinettsmitarbeit in öffentliche Verwaltung (2021-2023)

 

Österreichs Bundesverwaltung steht vor einer Pensionierungswelle. So bietet sich eine einmalige Gelegenheit, um durch eine kluge Personalpolitik die Verwaltung für die kommenden Jahre effizient und resilient auszugestalten. Bisher wurden eher Kabinettsmitarbeiter versorgt, als vorausschauende Personalplanung betrieben. Wegen der nahen Nationalratswahlen droht jetzt der Beginn der intensiven Versorgungsphase. Diese Anfrage dient dazu, Transparenz in diese Prozesse zu bringen. 

Die vergangenen Krisen haben gezeigt, dass Verbesserungen in der Bundesverwaltung dringend nötig sind, um Effizienz und Resilienz des Staates sicherzustellen. Hierbei ist die Personalpolitik von besonderer Bedeutung. Zum einen werden in kommenden Jahren sehr viele Bundesbedienstete in Pension gehen, weshalb jetzt ein besonders günstiger Zeitpunkt ist, die Weichen in Richtung einer effizienten Verwaltung zu setzen. 

Statt die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen, denkt die Bundesregierung eher an die individuelle berufliche Zukunft ihrer Kabinettsmitarbeiter und installiert diese in der Verwaltung. Anfragebeantwortungen der vergangenen Jahre zeigen auf, dass innerhalb der Bundesregierung schon früh mit der Versorgung begonnen wird: Im Wahljahr 2019 sind über 40 Personen von einem Kabinett direkt in die Bundesverwaltung gewechselt, 6 davon in eine Führungsposition. Auf diese Weise wird die Verwaltung mit Parteidienern durchsetzt. Außerdem waren einige Mitarbeiter in den letzten 10 Jahren gleichzeitig mit einer Funktion im Kabinett und mit einer Führungsposition in der Bundesverwaltung betraut. 2020 waren es 11, 2019 waren sogar 16. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Fälle sich in den letzten Jahren reduziert haben. Dazu kommt, dass angesichts der herannahenden Wahlen eine weitere intensive Versorgungsphase droht.

Die Auswahl von Führungspersonal entscheidet maßgeblich über die Qualität und Handlungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Falsche Personalentscheidungen können dazu führen, dass die davon erfassten Bereiche über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, unterdurchschnittliche Leistungen erbringen und in der Entwicklung somit hinterherhinken. Bei der Auswahl von Führungspersonal muss daher in jeder Ausschreibung die fachliche Qualifikation im Vordergrund stehen. Zahlreiche Enthüllungen der vergangenen Jahre zeigen aber, dass bei öffentlichen Ausschreibungen gerade dann die davor vereinbarten Standards nicht eingehalten werden, wenn Freunde einflussreicher Politiker dafür infrage kommen möchten. Aus einem fairen Auswahlverfahren wird da sehr schnell eine maßgeschneiderte Ausschreibung mit Show-Charakter, nicht genehme, aber gut qualifizierte Bewerber ziehen dann kurzfristigst ihre Bewerbungen zurück.

Die Einführung einer Cooling-Off-Phase nach Beendigung der Arbeit innerhalb eines Ministerkabinetts könnte solche Fälle vermeiden, in denen zum Beispiel ehemalige Kabinettsmitarbeiter rund um Wahltermine schnell Platz in der Bundesverwaltung finden, ohne über die für die jeweilige Stelle nötigen inhaltlichen wie organisatorische Erfahrungen zu verfügen. 

Da somit berechtigte Zweifel hinsichtlich der Einhaltung von Qualitätsstandards bei jenen öffentlichen Ausschreibungen von Führungspositionen im öffentlichen Dienst bestehen, bei denen ehemalige Kabinettsmitarbeiter bestellt wurden, stellt sich die berechtigte Frage, wie oft in den letzten zehn Jahren ein solcher nahtloser Wechsel vollzogen wurde. (Gegenstand sind hierbei ausdrücklich nur die Zahlen und keine namentliche Nennung)

 

Quellen:

https://oeffentlicherdienst.gv.at/wp-content/uploads/2023/01/Das-Personal-des-Bundes-2022.pdf

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/chronik/oesterreich/2083897-Covid-19-und-die-evolutionaere-Sackgasse-des-Oeffentlichen.html

https://www.derstandard.at/story/2000125773896/der-karrieresprung-des-umstrittenen-einfluesterers-brosz

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Mitarbeiter wechselten 2021-2023 von einem Kabinett direkt (also mit einer Unterbrechung von weniger als 6 Monaten) in die Bundesverwaltung in Ihren Zuständigkeitsbereich? (Unterteilen Sie die Zahlen bitte nach Jahren)
  2. Wie viele Mitarbeiter wechselten 2021-2023 von einem Kabinett direkt (also mit einer Unterbrechung von weniger als 6 Monaten) in eine Führungsposition in der Bundesverwaltung in Ihren Zuständigkeitsbereich? (Unterteilen Sie die Zahlen bitte nach Jahren)
  3. Wie viele Mitarbeiter wechselten 2021-2023 von einem Kabinett direkt (also mit einer Unterbrechung von weniger als 6 Monaten) in eine Position innerhalb des Generalsekretariats in Ihren Zuständigkeitsbereich? (Unterteilen Sie die Zahlen bitte nach Jahren)
  4. Wie viele Mitarbeiter Ihres Kabinetts waren 2021-2023 gleichzeitig mit einer Funktion im Kabinett und mit einer Führungsposition in der Bundesverwaltung betraut? (Unterteilen Sie die Zahlen bitte nach Jahren)
  5. Wird an Umstrukturierungen für die kommenden Monate gearbeitet?
    1. Wenn ja: Welche Änderungen werden konkret vorbereitet? Was ist der Anlass und was das Ziel? 
    2. Wenn ja: Inwiefern sind Kabinettsmitglieder davon ausgeschlossen?
  1. Wird an Änderungen (beispielsweise an einer Cooling-Off-Phase) gearbeitet, um die Fälle eines nahtlosen Wechsels in die Bundesverwaltung zu reduzieren?
    1.  Wenn nein: Warum nicht?