16213/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.09.2023
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Frau starb im AKH an Legionellen
Folgender Medienbericht wurde am 14.September 2023 veröffentlicht:[1]
Frau starb im AKH an Legionellen
Im AKH ist diese Woche eine 82-jährige Frau an Legionellen gestorben, wie das Krankenhaus gegenüber ORF Wien bestätigt hat. Die Frau dürfte sich im Krankenhaus beim Duschen infiziert haben. Im AKH wurde betont, alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten zu haben.
Die Patientin war aufgrund einer schweren neurologischen Erkrankung seit knapp drei Wochen im AKH auf der Neurochirurgiestation untergebracht. Wenige Tage nach Ausbruch einer Lungenentzündung verstarb sie am Dienstag. Zuerst war die Rede von einem Legionellenverdachtsfall, jetzt steht die Todesursache fest.
„Davon können wir sicher ausgehen, dass die Legionelleninfektion zum tödlichen Ausgang des Verlaufes geführt hat“, sagte Gabriela Kornek, Direktorin des AKH Wien, am Donnerstag gegenüber „Wien heute“. Man sei sich aber noch nicht ganz sicher, ob die Ansteckung im AKH passiert sei, die Patientin war von einem anderen Wiener Krankenhaus ins AKH gekommen.
Auswertung der Wasserproben dauert noch an
„Der Verlauf weist schon darauf hin, dass es bei uns gewesen ist“, so die AKH-Direktorin weiter. Man habe sofort alle notwendigen Maßnahmen gesetzt, Wasserproben gezogen und die Bereiche, in denen die Patientin sich gewaschen hatte, gesperrt. „Es wurden sofort die Armaturen und die Filter ausgetauscht.“
Die Legionärskrankheit bzw. Legionellose ist eine schwere, oft tödlich verlaufende Lungenentzündung – verursacht durch Bakterien, die Legionellen. „Diese sind in der Umwelt überall vorhanden. (…) Sie vermehren sich in Amöben und werden auch in Amöben, zum Beispiel im Wasser, verbreitet“, erklärte Alexander Indra, Leiter des Instituts für medizinische Mikrobiologie und Hygiene in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Besonders gut vermehren sich Legionellen bei Temperaturen zwischen 25 und 50 Grad, ab 60 Grad sterben sie ab.
Infektion über Einatmen von Wassertröpfchen
Legionellen sind in höherer Konzentration vor allem in Warmwasseranlagen von großen Gebäuden – wie eben in Krankenhäusern, Heimen und Bädern – anzutreffen, seltener in Wohnanlagen. Die Ansteckung erfolgt über Einatmen von feinen Wassertröpfchen, daher sind etwa Duschen, Whirlpools und Kühltürme von Klimaanlagen häufige Ansteckungsorte.
Es dauert zwei bis zehn Tage, bis die Krankheit ausbricht. Die ersten Anzeichen: „Fiebrigkeit, Atemnot, Lungenentzündung. Es gibt Durchfallerscheinungen am Anfang der Erkrankung. Es kann sehr schnell zu einer Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung kommen. Es ist schon eine sehr schwere Erkrankung“, so Indra. Das Trinken von legionellenhaltigem Wasser ist dagegen ungefährlich, eine Ansteckung von Mensch zu Mensch gibt es laut dem AGES-Mediziner nicht: „Das wird nicht beschrieben.“
AGES: Ansteckung in Spital „extrem selten“
Auch die Ansteckung in einem Spital sei aufgrund der hohen Sicherheitsmaßnahmen „extrem selten“, betonte der Experte. Die Wasserleitungen werden hier regelmäßig auf Legionellen überprüft, das gehöre zum Standard: „Das ist in den Spitälern, die mir bekannt sind, überall der Fall. (…) Wir haben letztes Jahr österreichweit 305 Fälle gehabt und drei gemeldete Fälle, die wahrscheinlich mit einem Spital zusammengehangen sind. Davon waren zwei in Wien, einer in Niederösterreich“, so der AGES-Experte. „Heuer hatten wir erst einen einzigen Fall im Spital bei insgesamt 243 gemeldeten Fällen“, die Person könnte sich in einem Spital in Salzburg angesteckt haben.
Werden Legionellen nachgewiesen, dann gibt es verschiedene Sanierungsmaßnahmen – allen voran die thermische Sanierung. „Hier wird mit einer hohen Wassertemperatur über 72 Grad das Leitungssystem gespült, und so werden die Legionellen dann abgetötet. Es gibt aber auch Maßnahmen mit Chemikalien“, erklärte Indra im „Wien heute“-Interview. Das Wichtigste sei aber die Prävention: „Wie überwache ich das System, dass so etwas nicht eintritt?“ Entsprechende Maßnahmen seien vom Hygieneteam eines Spitals durchzuführen. Trotz gründlicher und regelmäßiger Kontrollen könnten Legionellen aber nicht zur Gänze verhindert werden. „Das ist fast unmöglich. Es würde bedeuten, dass man jeden Tag testet oder Anlagen hat, wo das Wasser konstant mit 72 Grad herauskommt.“
AKH: „Patienten sicher nicht gefährdet“
An den 14-seitigen Legionellenplan halte man sich strikt, betonte die AKH-Direktorin am Donnerstag. Eine Erklärung, wie es zu der Infektion kommen konnte, soll nun die Wasserprobe in zehn Tagen liefern. Im AKH gibt es 1.706 Betten. Eine Gefahr bestehe für die anderen Patientinnen und Patienten nicht, wurde versichert: „Sie sind sicher nicht gefährdet. Wir haben diesen Bereich komplett untersucht und analysiert.“ Die Wasserrohre seien mit über 70 Grad gespült worden.
Legionellen können auch in der eigenen Wohnung auftreten, etwa nach dem Urlaub, wenn lange kein Wasser geflossen ist. Geraten wird auch hier, für ein paar Minuten heißes Wasser – mindestens 60 Grad, besser über 70 Grad – laufen zu lassen.
Auf der Webseite „krankenhauskeime.at“ finden sich folgende Informationen:[2]
Was sind Gesundheitssystem-assoziierte Infektionen?
Diese werden in der Literatur manchmal auch als nosokomiale Infektionen bezeichnet. Darunter versteht man jede Infektion, die erst im Zuge diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen in Gesundheitseinrichtungen auftritt, d.h. erst nach bzw. aufgrund der Behandlung entsteht. Sie kann im Prinzip durch Bakterien, Pilze oder Viren verursacht werden – übrigens auch von der patienteneigenen Hautflora – aber da sie in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit einer medizinischen Intervention steht, wird sie missverständlich auch als „Krankenhausinfektion“ bezeichnet.
Durch die Gewöhnung an Antibiotika bilden Mikroorganismen allerdings tatsächlich Resistenzmechanismen um sich vor Wirkstoffen zu schützen. Diese „Krankenhauskeime“ stellen jedenfalls eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr dar! Die zunehmende Verbreitung von therapieresistenten Erregern hat zur Folge, dass manche Infektionen nur sehr schwer oder gar nicht mehr behandelt werden können. Als Ursachen werden nicht gelebte Hygienestandards, unzureichende Ressourcen und eine fehlende Compliance gesehen.
Infektionen können im Zuge einer Behandlung in Gesundheitseinrichtungen vor allem durch fachlich korrekte Desinfektion und optimierte Hygienemaßnahmen vermieden werden. Dazu gehören:
· Händehygiene von Personal, Patienten und Besuchern
· Desinfektion in medizinischen Einrichtungen (Flächen & Equipment)
· Desinfektion von Haut, Schleimhaut bzw. Wunden der Patienten
· Einsatz hochwertiger Kathetersysteme
· Screening von Patienten auf bestimmte Mikroorganismen und Sanierung vor dem Krankenhausaufenthalt
Was muss sich ändern?
· Die Leistungen von Hygieneteams müssen transparent erfasst und dargestellt werden.
· Verbindliche und bundesweit einheitliche Hygienestandards.
· Stärkung der Rolle des Hygienepersonals.
· Aufklärung und Einbeziehung der Patienten in den Präventionsprozess.
Die Plattform
Die Plattform „Kampf gegen Krankenhauskeime“ hat es sich zum Ziel gesetzt, das Problem der Gesundheitssystem-assoziierten Infektionen (sowohl im Sinne der Patienten als auch des österreichischen Gesundheitssystems) verstärkt in den gesundheitspolitischen Diskurs einzubringen. Die Mitglieder erheben vier konkrete Forderungen an die Gesundheitspolitik:
1.) Patientenrechte stärken
Aktuell liegt es am Patienten, zu beweisen, dass ein Fehlverhalten vorliegt, aus dem eine Infektion entstanden ist. Eine Änderung zum Gefährdungshaftungstatbestand ist erforderlich. Weiters werden Qualitätsstandards als Schutzgesetze benötigt.
2.) Transparenz-Offensive
Leistungen von Hygieneteams müssen transparent erfasst und dargestellt werden. Zusätzlich müssen Patienten darüber informiert werden, in welcher Einrichtung des Gesundheitswesens sie mit einem niedrigen oder erhöhten Risiko einer nosokomialen Infektion konfrontiert sind.
Eine verbindliche Vorgabe dafür, pro wie vielen Betten eine Hygienefachkraft (HFK) in einem Krankenhaus arbeiten muss. Außerdem muss dieses Fachpersonal mit entsprechenden Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet werden. Ein Curriculum zur Ausbildung von HFKs liegt dem Gesundheitsministerium vor, allerdings fehlt eine entsprechende Bundesverordnung, die eine gesetzeskonforme Ausbildung ermöglicht.
4.) Stärkung der Gesundheitskompetenz der Gesellschaft.
Nicht jede Infektion kann verhindert werden, Prävention beginnt aber durchwegs vor dem Krankenhausaufenthalt und wir müssen heraus aus der Reparaturmedizin. Wir brauchen Menschen, die Prävention leben und auch einfordern. Jeder Einzelne kann dazu beitragen, indem er auf den eigenen Körper achtet und er mit entsprechend weniger Risikofaktoren assoziiert ist.
In diesem Zusammenhang richten die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch und Peter Wurm an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Fälle von Erkrankungen mit Krankenhauskeimen gab es jeweils in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 in den österreichischen öffentlichen und privaten Krankenanstalten und Pflegeheimen?
2. Wie teilten sich diese Erkrankungen mit Krankenhauskeimen in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 in den österreichischen öffentlichen und privaten Krankenanstalten und Pflegeheimen jeweils auf die einzelnen Bundesländer auf (Frage 1)?
3. Wie viele Fälle von Erkrankungen mit Krankenhauskeimen in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 in den österreichischen öffentlichen und privaten Krankenanstalten und Pflegeheimen verliefen tödlich?
4. Wie teilten sich diese Erkrankungen mit Krankenhauskeimen in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 in den österreichischen öffentlichen und privaten Krankenanstalten und Pflegeheimen jeweils auf die einzelnen Bundesländer auf (Frage 3)?
5. Stehen Sie mit der Plattform „Kampf gegen Krankenhauskeime“ als zuständiger Gesundheitsminister in Kontakt?
6. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um die Patientenrechte im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ zu stärken?
8. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um eine Transparenz-Offensive im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ zu stärken?
9. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Frage 8)?
10. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um einen verbindlichen Schlüssel für Hygienefachkräfte und qualifiziertes professionelles Personal im Gesundheitsbereich im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ umzusetzen?
11. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Frage10)?
12. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um eine Stärkung der Gesundheitskompetenz der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ umzusetzen?
14. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um die Händehygiene von Personal, Patienten und Besuchern in den Krankenanstalten im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ zu verbessern?
15. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Frage 14)?
16. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um die Desinfektion in medizinischen Einrichtungen (Flächen & Equipment) in den Krankenanstalten im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ zu verbessern?
17. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Frage 16)?
18. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um die Desinfektion von Haut, Schleimhaut bzw. Wunden der Patienten in den Krankenanstalten im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ zu gewährleisten?
19. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Fage 18)?
20. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um den Einsatz hochwertiger Kathetersysteme in den Krankenanstalten im Zusammenhang mit dem „Kampf gegen Krankenhauskeime“ zu gewährleisten?
21. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Frage 20)?
22. Welche Maßnahmen setzt das BMSGPK aktuell, um das Screening von Patienten auf bestimmte Mikroorganismen und Sanierung vor dem Krankenhausaufenthalt zu gewährleisten?
23. Welche Maßnahmen wurden seit dem 1. Jänner 2020 durch Sie als zuständigem Gesundheitsminister bzw. durch Ihre grünen Vorgängerminister Rudolf Anschober und Dr. Wolfgang Mückstein in diesem Zusammenhang gesetzt (Frage 22)?