16237/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.09.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Alois Kainz
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Ausbau von Windkraftanlagen in Österreich

 

 

„Jetzt ist es da, und es ist ein großer Wurf.“[1]– Mit diesen Worten präsentierten Vizekanzler Kogler, Klimaministerin Gewessler und Staatssekretär Brunner 2021 die „Energiewende in Österreich“ und das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). Zusammengefasst sind die Kernpunkte dieses „großen Wurfes“ folgende:[2]

 

Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) verfolgt im Wesentlichen drei Ziele: Zum ersten soll das österreichische Fördersystem für Ökostrom grundlegend modernisiert werden. Zweitens hat man sich im Rahmen des Regierungsprogramms darauf verständigt, den heimischen Stromverbrauch bis 2030 bilanziell zu 100% mit Strom aus erneuerbaren Quellen zu decken. Drittens soll Österreich bis 2040 klimaneutral zu werden. Um all dies zu erreichen, bedarf es eines beschleunigten Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen; das EAG schafft hierfür die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen.

 

Im Detail soll mit dem Gesetzespaket ein Zubau von insgesamt 27 TWh (Terrawattstunden) erneuerbarer Stromproduktion realisiert werden.

 

Nach Technologien aufgeschlüsselt bedeutet das ein Plus von

·         11 TWh Photovoltaik

·         10 TWh Windkraft

·         5 TWh Wasserkraft

·         1 TWh Biomasse

bis 2030.

 

Seitdem ist viel passiert. Ukrainekrieg, Teuerung, Kohlekraftwerke vom Netz genommen und wieder ans Stromnetz angeschlossen[3] (wobei dieser Plan wieder vom Tisch ist[4]) usw. Eines hat sich aber nicht geändert, das Festhalten der Regierung am Ausbau der Erneuerbaren-Energie. Und Windkraftanlagen sind mit ihren immensen Dimensionen zum gut sichtbaren Symbol dieser Energiewende geworden:[5]

 

Mit einer Blattspitzenhöhe von 242 Metern sind die neuen Windräder der Firma Püspök deutlich größer als die alten Anlagen mit einer Höhe von 150 Metern. Zum Vergleich: Der Wiener Stephansdom ist 136 Meter hoch.

 

Wobei die 242 Meter Blattspitzenhöhe noch gar nicht das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange sind, sondern schon noch größere Windkraftanlagen in Planung sind:[6]

 

Darum will man am Sieghartsberg gleich 15 Anlagen bauen, um das Budget aufzufetten. Das ist verständlich, doch die Räder sind 285 Meter hoch, und im Jahr 2014 hat die gesamte Kleinregion – diese ist ident mit dem Bezirk Waidhofen – beschlossen, dass am Sieghartsberg keine Windräder umgesetzt werden sollen.

 

Gab es im Jahr 2022 bereits 1.374 Windkraftanlagen in ganz Österreich, wird für 2023 ein Zuwachs auf 1.427 Windkraftanlagen prognostiziert. Die meisten Windkraftanlagen stehen in den Bundesländern Niederösterreich (762 Stück) und Burgenland (448 Stück). In Tirol, Vorarlberg und Salzburg waren im Jahr 2022 hingegen gar keine Anlagen vorhanden.[7] Dabei geht die TU Graz von einem realisierbaren Potential von 1.900 Windkraftanlagen bis 2030 aus.[8]

 

Diese zuvor genannten Zahlen werfen ein großes Problem rund um die Windkraft auf: Es gibt nur wenige bestimmte Gebiete, die für Windkraftanlagen tatsächlich geeignet sind, und diese sind sehr ungleich über Österreich verteilt. Dieses Problem wird auch durch die Erhebungen des Projekts „TransWind“ untermauert:[9]

 

Im Rahmen des Projekts TransWind stand vor allem die sachliche Qualität der wichtigen und konfliktträchtigen Entscheidungen über die Potentialflächen im Vordergrund. Von Beginn des Projekts an haben wir deshalb mit einer Gruppe von 34 EntscheidungsträgerInnen und ExpertInnen aus unterschiedlichen Bereichen (Betreiberfirmen, Umweltanwaltschaften, Regulierungsbehörden, Naturschutzorganisationen etc.) zusammen gearbeitet. Mit deren Unterstützung wurden Flächenkriterien und Abstandsregelungen festgelegt, die als Grundlage für die Berechnung des theoretischen Flächenpotentials in drei Varianten (min, med, max) dienten. Abbildung 1 zeigt deutlich, dass etwa 90% der Potentialflächen im Burgenland und in Niederösterreich liegen (eine detaillierte Karte befindet sich zum Download auf der Projektwebsite).

 

Damit ist klar, welche Regionen in Österreich die Hauptlast der Windkraft-Anlagen zu tragen haben.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende

 

 

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Windkraftanlagen sind bis 2030 insgesamt geplant?

a.    Wie viele davon befinden sich bereits im Bau?

b.    Wie viele davon sind bereits in der konkreten Planungsphase?

2.    An welchen Standorten sollen die bis 2030 geplanten Windkraftanlagen errichtet werden (aufgelistet nach Windkraftzonen je Bezirk)?

a.    Nach welchen Kriterien werden diese Windkraftzonen ausgewählt?

3.    Werden von Seiten der Bundesregierung Anreize für die betroffenen Gemeinden geschaffen (z.B. finanzieller Natur), wenn positive Flächenwidmungen für Windkraftzonen durchgeführt werden?

a.    Ist Ihnen bekannt, ob solche Anreize (z.B. finanzieller Natur) auch durch Betreiberfirmen der Windkraftanlagen angeboten werden?

4.    Wie viel Fläche (in Quadratmetern) benötigen die Errichtung und der laufende Betrieb der bisher größten Windkraftanlagen (inkl. Fundament, Wegenetz, Kranstellfläche, Leitungsnetz usw.) in Österreich (Auflistung nach permanenter- und temporärer Fläche)?

a.    Wie viel Fläche davon ist am Ende dauerhaft versiegelter Boden?

5.    Werden Brachflächen (z.B. wegen Borkenkäferbefall) für Windkraftanlagen genutzt?

a.    Werden auch Brachflächen oder Flächen genützt, die geeignet oder vorgesehen waren, Wiederaufforstungsprämien auszubezahlen?

b.    Werden auch Brachflächen genützt, bei welchen schon zuvor Aufforstungsprämien ausbezahlt wurden?

                                                 i.    Wenn ja, wurden diese Prämien wieder rückerstattet?

6.    Sollen Windkraftanlagen auch in Bannwäldern errichtet werden?

a.    Bestehen bereits Windkraftanlagen in Bannwäldern?

7.    Mit der UVP-G-Novelle wurde für Windkraftanlagen eine eigene Ausnahme für Genehmigungen bei fehlenden Flächenwidmungen eingerichtet.[10] Welche Windkraftanlagen konnten erst nach der Novelle genehmigt werden (Auflistung nach Windkraftanlage und Bezirk)?

8.    Wie hoch ist der gesamte CO2-Fussabdruck einer Windkraftanlage (inkl. Produktion, Errichtung, Antransport, Arbeitsmaschinen, gerodeter Wald usw.)?

a.    Wenn dieser Wert bisher nicht erhoben wurde, warum nicht?

9.    Wie ist der Einfluss von Windkraftanlagen auf Flora und Fauna, wie viele Tiere sterben jährlich in Österreich durch Windkraftanlagen?

10. Gibt es Studien über die langfristige Wetterveränderung im Windschatten großer Windparks?

a.    Wenn nein, warum nicht?

11. Wie viel Strom produzieren die Windkraftanlagen in Österreich durchschnittlich pro Tag?

a.    Wie viele Volllaststunden erreichen die Windkraftanlagen in Österreich durchschnittlich?

b.    Wie viele Volllaststunden haben die Windkraftanlagen in Österreich in den letzten 10 Jahren (Auflistung nach Jahren) erreicht?

c.    Wie viele Betriebsstunden erreichen die Windkraftanlegen in Österreich durchschnittlich pro Jahr?

d.    Wie viele Betriebsstunden erreichen Windkraftanlagen in Österreich in den letzten 10 Jahren (Auflistung nach Jahren)?

e.    Wie wird die Überproduktion an Strom genutzt?

f.     Wie oft wurden Windkraftanlagen im Jahr 2022 aufgrund Überproduktion abgeschaltet?

12. Wie hoch wird die technische Lebensdauer von Windkraftanlagen in Österreich angesetzt?

a.    Wie hoch ist die tatsächliche durchschnittliche Lebensdauer von Windkraftanlagen in Österreich?

b.    Wie wird mit Windkraftanlagen verfahren, die die technische Lebensdauer erreicht haben?

c.    Wie wird mit Windkraftanlagen verfahren, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben (Entsorgung, Weiterverkauf usw.)?

13. Gibt es einen Überblick der NGOs/Bürgerbewegungen, die sich gegen Windkraftanlagen richten bzw. für Windkraftanlagen eintreten (Auflistung nach Bezirk)?

a.    Wenn nein, warum nicht?



[1] https://kurier.at/politik/inland/live-megaprojekt-energiewende-was-sich-bis-2030-fuer-die-buerger-aendern-wird/401214642

[2] https://infothek.bmk.gv.at/erneuerbaren-ausbau-gesetz-geht-in-begutachtung/

[3] https://www.vienna.at/kohlekraftwerk-mellach-soll-reaktiviert-werden/7492219

[4] https://www.meinbezirk.at/steiermark/c-wirtschaft/gewessler-legt-plaene-fuer-kohlekraftwerk-mellach-auf-eis_a5825890

[5] https://burgenland.orf.at/stories/3099808/

[6] https://www.meinbezirk.at/waidhofenthaya/c-lokales/streit-um-windkraft-geht-in-die-naechste-runde_a6179486

[7] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/797149/umfrage/windkraftanlagen-in-oesterreich/#:~:text=Windkraftanlagen%20in%20%C3%96sterreich%20bis%202023&text=F%C3%BCr%202023%20wird%20ein%20Zuwachs,hingegen%20gar%20keine%20Anlagen%20vorhanden.

[8] https://www.tugraz.at/fileadmin/user_upload/tugrazExternal/738639ca-39a0-4129-b0f0-38b384c12b57/files/pr/Plenum_P4/043_PR_Moidl.pdf

[9] https://www.klimawandelanpassung.at/newsletter/kwa-nl15/kwa-transwind

[10] https://positionen.wienenergie.at/blog/uvpg-2023/