16238/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.09.2023
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ärztekammer: Steinhart ist Beschuldigter

 

 

Der ORF Wien berichtete am 4. August 2023:[1]

 

Ärztekammer: Steinhart ist Beschuldigter

 

Der Präsident der Wiener Ärztekammer, Johannes Steinhart, wird als Beschuldigter in den Ermittlungen zur Ärztekammer-Tochtergesellschaft Equip4Ordi geführt. Das berichtete die Rechercheplattform Dossier am Freitag.

 

„Es geht um den Verdacht der Beteiligung an einer Untreue. Aufgrund der Komplexität des Verfahrens wurde es einer Sondergruppe der Staatsanwaltschaft Wien zugewiesen“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, gegenüber „Dossier“. Steinhart war vor seiner Tätigkeit als Präsident Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in Wien. Die Beschaffungsplattform Equip4Ordi ist eine ausgelagerte Tochtergesellschaft dieser Kurie.

 

Ex-Geschäftsführer belasten Steinhart

Bei den mutmaßlichen Missständen in der Beschaffungsplattform für Ärzte ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs. Die Vorwürfe richteten sich zunächst gegen die beiden Ex-Geschäftsführer der Einkaufsplattform und einen Mitarbeiter der Wiener Kammer. Alle drei behaupten, sie hätten auf Weisung bzw. Genehmigung von Steinhart gehandelt.

Steinhart – der nach einer Operation seine Funktion vorübergehen abgegeben hat – hat dies stets zurückgewiesen. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. An die Öffentlichkeit gebracht hatte die Vorwürfe Erik Randall Huber, der Steinhart als Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte nachgefolgt ist.

 

In der Anfragebeantwortung 14157/AB zu 14651/J betreffend „Streit in der Ärztekammer eskaliert“ führen Sie als zuständiger Gesundheitsminister folgendes zu den Fragen 1 und 2 aus:[2]

 

Es darf eingangs festgehalten werden, dass die Ärztekammer für Wien der Aufsicht der Wiener Landesregierung gemäß § 195 Abs. 1 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, unterliegt. Eine „Oberaufsicht“ durch den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister besteht nicht.

 

Die „Equip4Ordi GmbH“ wurde als ausgelagerte Tochtergesellschaft der Ärztekammer für Wien eingerichtet und unterliegt damit nicht der Aufsicht des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

 

Mein Ressort hat erstmals Kenntnis in dieser Angelegenheit über die der Öffentlichkeit mittels Medienberichten zugänglichen Information erhalten. Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft, des Rechnungshofs oder der kammerinternen Untersuchungskommission liegen dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) derzeit nicht vor.

 

Für Aufsichtsfragen im Allgemeinen ist im BMSGPK die Sektion VI (Humanmedizinrecht und Gesundheitstelematik) zuständig.

 

Im gegebenen Kontext darf ich insbesondere auf § 195h Abs. 1 ÄrzteG 1998 verweisen, welcher lautet:

 

„(1) Wenn Organe der Österreichischen Ärztekammer im eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich

1. Befugnisse überschreiten, insbesondere durch die beharrliche Nichtbefolgung von Weisungen im übertragenen Wirkungsbereich, oder

2. Aufgaben vernachlässigen oder

3. beschlussunfähig werden

und die Österreichische Ärztekammer im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nicht selbst die gebotenen Maßnahmen ergreift, hat der Bundesminister für Gesundheit diese Organe ihres Amtes zu entheben, sofern ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt und kein anderes vom Bundesminister für Gesundheit ergreifbares Mittel zur Herstellung des gebotenen Zustands ausreicht.“

 

Mein Ressort unterstützt das Amt der Wiener Landesregierung als zuständige Behörde im Hinblick auf allfällige Fragen zur Auslegung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch und Peter Wurm an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

 

Anfrage

 

1.    In welcher Art und Weise unterstützt das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) das Amt der Wiener Landesregierung als zuständige Behörde im Hinblick auf allfällige Fragen zur Auslegung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998?

2.    Gab es diesbezüglich Kontakt von Ihnen als Gesundheitsminister, von Ihrem Kabinett oder von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern der Sektion VI (Humanmedizinrecht und Gesundheitstelematik) mit dem für das Gesundheitswesen im Bundesland Wien zuständigen Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) oder den auf Ebene der Wiener Gesundheitsverwaltung befassten Beamtinnen und Beamten?

a.    Wenn ja, zu welchem/welchen Zeitpunkt(en) und zu welchen Fragen im Zusammenhang mit dem Ärztegesetzes 1998?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Liegen Ihnen als zuständigem Gesundheitsminister, Ihrem Kabinett oder den Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern der Sektion VI (Humanmedizinrecht und Gesundheitstelematik) seit dem 25. Mai 2023 Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft, des Rechnungshofs oder der kammerinternen Untersuchungskommission in der Causa „Wiener Ärztekammer“ bzw. der Wiener Ärztekammer-Tochtergesellschaft „Equip4Ordi“ vor?

a.    Wenn ja, seit wann und zu welchen Inhalten und Verdachtsbereichen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Ist Ihnen bekannt, dass andere Landes-Ärztekammern bzw. die Bundes-Ärztekammer entsprechende „Tochtergesellschaften“ führen? 

 



[1] https://wien.orf.at/stories/3218684/

[2] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/14157/imfname_1566392.pdf