16248/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.09.2023
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Peter Wurm, Dr. Dagmar Belakowitsch an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Finanzprokuratur-Beauftragung im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfstoffbeschaffung und Vertragsinhalte

 

 

In der Anfragebeantwortung 14988/AB XXVII.GP zur Anfrage 15576/J XXVII.GP zum Thema „Rechnungshofsonderprüfung ergibt schwere Verfehlungen bei der Covid-19-Impfstoffbeschaffung“ übermittelte Bundesminister Johannes Rauch zu Frage 8 folgende Antwort:[1]

 

Wurde die Finanzprokuratur zu irgendeinem Zeitpunkt durch das BMSGPK in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 mit der Covid-19-lmpfstoffbeschaffung befasst bzw. ist diese aktuell damit befasst und wenn ja, wann und in welchem Zusammenhang?

 

Soweit der verwendete Begriff „befassen“ im Sinne der auf die Finanzprokuratur anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen als „beauftragen“ auszulegen ist wird mitgeteilt, dass das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz („BMSGPK“) die Finanzprokuratur im angefragten Zeitpunkt betreffend nachfolgenden mit der COVID-19-Impfstoffbeschaffung im Zusammenhang stehenden Causen beauftragt hatte:

 

·         Beratung des BMSGPK zu Überlegungen einer COVID-19-Impfstoffbeschaffung außerhalb der EU-Vergabe (Erarbeitung von Fragen an das BMSGPK; Prüfung der Möglichkeit von „Parallelbeschaffungen“); März bis April 2021

·         Beratung des BMSGPK zu einem von der EU verhandelten Vertrag zur Beschaffung von „BioNTech/Pfizer“-Impfstoff (5-tägige Frist zum Opt-Out; Darstellung der wesentlichen rechtlichen Inhalte des Vertrags); April bis Mai 2021

·         Beratung des BMSGPK zu einem geplanten „Amendment“ eines Vertrags zur Beschaffung von „Pfizer“-Impfstoff (zivil- und haushaltsrechtliche Stellungnahme); März 2022

·         Beratung des BMSGPK zu einem von der EU verhandelten Vertrag zur Beschaffung von „Valneva“-Impfstoff (5-tägige Frist zum Opt-Out; Darstellung der wesentlichen rechtlichen Inhalte des Vertrags); Juni bzw. November 2021

·         Beratung des BMSGPK zu einem von der EU verhandelten Vertrag zur Beschaffung von „Novavax“-Impfstoff (5-tägige Frist zum Opt-Out; Darstellung der wesentlichen rechtlichen Inhalte des Vertrags); August 2021

·         Beratung des BMSGPK zur Geltendmachung allfälliger Vertragsstrafen bzw. zur Abwicklung von Leistungsstörungen zu einem von der EU abgeschlossenen Vertrag zur Beschaffung von „Novavax“-Impfstoff; Juli bis November 2022

 

Alle bisherigen grünen Gesundheitsminister von Rudolf Anschober über Dr. Wolfgang Mückstein bis zu Johannes Rauch „mauern“, wenn es um die Offenlegung der Vertragsinhalte beim Milliardengeschäft der COVID-19-Impfstoffbeschaffung geht.  Gleichzeitig lässt man ein politisch besetztes und politisch gesteuertes und benutztes sogenanntes „unabhängiges Expertengremium“ wie das Nationale Impfgremium weitreichende Entscheidungen im Zusammenhang mit den COVID-19-Impfungen sowie -Auffrischungsimpfungen „stellvertretend“ für die Bundesregierung und insbesondere den zuständigen Gesundheitsminister treffen, ohne alle Grundlagen offenzulegen und insbesondere auch die mutmaßlichen Abhängigkeiten von internationalen Pharmakonzernen zu nennen oder auch nur glaubwürdig auszuräumen. Dazu kommt, dass Anfragebeantwortungen aus dem zuständigen Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nicht zu mehr Transparenz, sondern zu mehr Verschleierung führen.

 

Eines von vielen Beispielen für diese „Verschleierungstaktik“ ist nachfolgende Anfragebeantwortung des zuständigen Ministers. Gesundheitsminister Johannes Rauch hat in der Anfragebeantwortung 10537/AB
vom 27.06.2022 zu 10879/J (XXVII. GP) folgendes geantwortet:[2]

 

Fragen 1 und 2:

·         Aus welchen Gründen unterliegen diese Verträge der Geheimhaltung

·         Aus welchen Gründen sind diese Informationen nicht für die Bevölkerung bestimmt?

 

Auch nach Abschluss eines Vertrags mit den durch die Europäische Kommission vertretenen Mitgliedsstaaten haben die Hersteller ein Interesse daran, ihre Impfstoffe auf dem Weltmarkt zu vermarkten. Daher besteht ein berechtigtes Interesse der Unternehmen, dass nicht alle Bedingungen der Verträge öffentlich zugänglich sind. Daher waren und sind Vertraulichkeitsklauseln für die Hersteller notwendige Vertragsbestandteile von denen nicht abgerückt werden konnte.

 

Frage 3:

·         Besteht die Gefahr einer öffentlichen Irritation durch diese Informationen?

 

Nein.

 

Fragen 4 und 5:

·         Inwiefern ist diese Vorgangsweise mit einem transparenten Umgang mit der Pandemie vereinbar?

·         Inwiefern ist diese Vorgangsweise der Nachvollziehbarkeit der Politik der Bundesregierung zuträglich?

 

Die Europäische Kommission, der als Herrin der Verträge, im Einvernehmen mit den Impfstoffherstellern die Veröffentlichung der Verträge obliegt, ist der Ansicht, dass die vollständige Offenlegung der COVID-19-Impfstoffverträge zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Gründen der Vertraulichkeit und mit Rücksicht auf die kommerziellen Interessen der Impfstoffhersteller nicht möglich ist. Dennoch arbeitet die Europäische Kommission bereits daran, der Öffentlichkeit zusätzliche Vertragsbestandteile zugänglich zu machen.

Der Bundesregierung ist transparente und nachvollziehbare Politik ein großes Anliegen. Die Vertraulichkeit der Verträge war aus Sicht der Hersteller allerdings ein notwendiger Vertragsbestandteil und da sich die Bundesregierung zum gemeinsamen COVID-19- Impfstoff-Beschaffungsprogramm der EU bekennt, werden auch in Zukunft alle vertraglichen Vereinbarungen und (europa-)rechtlichen Vorgaben eingehalten.

 

Fragen 6 und 7:

·         Welche Stellungnahme geben Sie in Hinblick auf das vermeintliche Aufkommen und die Förderungen der Bildung von Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit
Geheimverträgen ab?

·         Wie wollen Sie dem entgegenwirken und Aufklärungsarbeit leisten?

 

Die vertraglichen Pflichten gegenüber Geschäftspartnern sowie die europarechtlichen und nationalrechtlichen Verpflichtungen können nicht aufgrund potenzieller Verschwörungstheorien vernachlässigt oder gar verletzt werden. Darüber hinaus wurden große Teile der Verträge bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und sind auf der Homepage der Europäischen Kommission unter https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirus-response/public-health/eu-vaccines-strategy_en#documents abrufbar. 

 

Gleichzeitig lässt das BMSGPK bzw. lassen die grünen Gesundheitsminister jedoch Vertragsinhalte und Vertragsteile der Covid-19-Beschaffungsverträge durch die Finanzprokuratur prüfen. Dem Nationalrat und den Bürgerinnen und Bürgern enthält man aber die Vertragsinhalte und Vertragsteile der Covid-19-Beschaffungsverträge weiterhin vor. Es besteht dringender Erklärungsbedarf.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die Abgeordneten Peter Wurm und Dr. Dagmar Belakowitsch an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

 

 

Anfrage

 

1.    Welches Ergebnis ergab sich aus der beauftragen Dienstleistung der Finanzprokuratur „Beratung des BMSGPK zu Überlegungen einer COVID-19-Impfstoffbeschaffung außerhalb der EU-Vergabe (Erarbeitung von Fragen an das BMSGPK; Prüfung der Möglichkeit von „Parallelbeschaffungen“); März bis April 2021“?

2.    Sind Sie bereit, dieses Finanzprokuratur-Gutachten (Frage 1) dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja, bis wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Welches Ergebnis ergab sich aus der beauftragen Dienstleistung der Finanzprokuratur „Beratung des BMSGPK zu einem von der EU verhandelten Vertrag zur Beschaffung von „BioNTech/Pfizer“-Impfstoff (5-tägige Frist zum Opt-Out; Darstellung der wesentlichen rechtlichen Inhalte des Vertrags); April bis Mai 2021“?

4.    Sind Sie bereit, dieses Finanzprokuratur-Gutachten (Frage 3) dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja, bis wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Welches Ergebnis ergab sich aus der beauftragen Dienstleistung der Finanzprokuratur „Beratung des BMSGPK zu einem geplanten „Amendment“ eines Vertrags zur Beschaffung von „Pfizer“-Impfstoff (zivil- und haushaltsrechtliche Stellungnahme); März 2022“?

6.    Sind Sie bereit, dieses Finanzprokuratur-Gutachten (Frage 5) dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja, bis wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Welches Ergebnis ergab sich aus der beauftragen Dienstleistung der Finanzprokuratur „Beratung des BMSGPK zu einem von der EU verhandelten Vertrag zur Beschaffung von „Valneva“-Impfstoff (5-tägige Frist zum Opt-Out; Darstellung der wesentlichen rechtlichen Inhalte des Vertrags); Juni bzw. November 2021“?

8.    Sind Sie bereit, dieses Finanzprokuratur-Gutachten (Frage 7) dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja, bis wann?

b.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Welches Ergebnis ergab sich aus der beauftragen Dienstleistung der Finanzprokuratur „Beratung des BMSGPK zu einem von der EU verhandelten Vertrag zur Beschaffung von „Novavax“-Impfstoff (5-tägige Frist zum Opt-Out; Darstellung der wesentlichen rechtlichen Inhalte des Vertrags); August 2021“?

10. Sind Sie bereit, dieses Finanzprokuratur-Gutachten (Frage 9) dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja, bis wann?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

11. Welches Ergebnis ergab sich aus der beauftragen Dienstleistung der Finanzprokuratur „Beratung des BMSGPK zur Geltendmachung allfälliger Vertragsstrafen bzw. zur Ab- wicklung von Leistungsstörungen zu einem von der EU abgeschlossenen Vertrag zur Beschaffung von „Novavax“-Impfstoff; Juli bis November 2022“?

12. Sind Sie bereit, dieses Finanzprokuratur-Gutachten (Frage 11) dem Nationalrat vorzulegen?

a.    Wenn ja, bis wann?

b.    Wenn nein, warum nicht? 

13. Was haben die oben genannten Finanzprokuratur-Gutachten jeweils gekostet?

 

 

 



[1] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/14988

 

[2] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/10537