16390/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.10.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für innere Angelegenheiten

betreffend Wie viele russische Diplomat:innen und/oder Spion:innen gibt es in Österreich? 

 

Österreich ist seit Jahrzehnten bevorzugtes Operationsgebiet ausländischer Geheimdienste, einer der Hauptakteure ist Russische Föderation (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2173966-Oesterreich-laut-Verfassungsschutz-Spionage-Paradies.html). 

Auch im Verfassungsschutzbericht 2022 wird dies festgehalten:

Für den österreichischen Verfassungsschutz sind vor allem Staaten wie die Russische Föderation oder der Iran sowie türkische und chinesische Geheim- und Nachrichtendienste von Relevanz. Die Intensität der Operationen ist heutzutage gleichbleibend hoch. HUMINT, verdeckte Einflussnahmen, Desinformation, Wirtschaftsspionage sowie das Durchführen von Cyberangriffen zählen zu den methodischen Vorgehensweisen der Dienste. Auch der Einsatz von sogenannten „Illegalen“ ist ein weiterhin gängiges Mittel.

[…]

Der nach wie vor anhaltende Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine birgt mehrere Bedrohungslagen für die westliche Welt und damit auch für Österreich, die eine nachrichtendienstliche Einwirkung Russlands annehmen lässt.

[...]

Neben einer fordernden Rolle russischer Nachrichtendienste zur militärisch-strategischen und außenpolitischen Informationsbeschaffung im unmittelbaren Krisengeschehen ist die russische Nomenklatur seit Ausbruch des Konflikts um gelenkte und deutlich einseitige Berichterstattung im eigenen Interesse bemüht. Dabei war nicht nur die Außenwirkung Russlands im internationalen Kontext von Bedeutung, sondern vorrangig auch die kanalisierte Information beziehungsweise Beeinflussung der eigenen Bevölkerung. Eine direkte Einwirkung russischer Nachrichtendienste in Desinformationskampagnen, Steuerung russischer Medien und von russischen Medienportalen sowie eine Diffamation von Gegnern – damit sind sowohl die Feinde im direkten Kriegsgeschehen selbst gemeint, als auch die NATO als Sinnbild der westlichen Welt – ist damit anzunehmen.“ (https://www.dsn.gv.at/501/files/VSB/VSB_2022_bf_12052023.pdf).

Dass es weiterhin diplomatischen Austausch geben muss, steht außer Frage. Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen erlaubt es aber ohne weiteres, die Zahl der Diplomat:innen auf das Allernotwendigste zu beschränken. So hat z.B. Dänemark die Anzahl der russischen Diplomat:innen auf fünf plus 20 weitere Mitarbeiter:innen beschränkt. Der Grund: Anträge auf Akkreditierung mit eindeutig nachrichtendienstlichem Hintergrund.

Wenn russische Diplomat:innen Spionage betreiben oder Aktivist:innen gegen das russische Regime ausspähen, braucht es harte Konsequenzen und ein rasches, entschiedenes Handeln. 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Seit wann widmete man sich in der DSN oder in welcher anderen Behörde bzw. Einheit des Themas möglicher russischer Spion:innen bzw. "personae non gratae" (Personen, die mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt hätten)?
  2. Mit welchem bisherigen Ergebnis? 
  3. Wurde innerhalb Ihres Ressorts das Gefahrenpotenzial durch nachrichtendienstliche Aktivitäten Russlands in Österreich bewertet?
    1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 
  1. Wie werden nachrichtendienstliche Aktivitäten des Russlands in der DSN bearbeitet?
  2. Wie erfolgt dabei die Arbeitsteilung zwischen Staatsschutz und Nachrichtendienst?
  3. Über welche personellen Ressourcen verfügen jeweils die Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst zur Aufklärung und Verfolgung der nachrichtendienstlichen Aktivitäten Russlands in Österreich?
  4. Welche Rolle übernimmt das Gemeinsame Informations- und Lagezentrum der DSN in der Aufklärung?
  5. Welche Arbeitsgruppen gibt es zu diesem Thema?
    1. Gibt es einen Informationsaustausch zwischen DSN, Heeres-Nachrichtenamt und Abwehramt?

                                          i.    Wenn ja, wie regelmäßig findet dieser statt?

  1. Wie regelmäßig finden dazu Sitzungen statt?
  2. Was sind die Ergebnisse dieser Sitzungen?
  3. Welche Maßnahmen werden von welcher Behörde im BMI bzw. wurden und werden von der DSN seit deren Bestehen zum Schutz der Öffentlichkeit, der Wirtschaft und der Entscheidungsträger:innen getroffen?
  4. Sind dem BMI nachrichtendienstliche Aktivitäten Russlands in Österreich seit Dezember 2021 bekannt?
    1. Wenn ja, wie viele davon betrafen Informationsgewinnung Russlands über politische Vorkommnisse in Österreich?
    2. Wenn ja, wie viele davon betrafen Informationsgewinnung Russlands über politische Entscheidungsträger:innen in Österreich?
    3. Wenn ja, wie viele davon betrafen Wirtschaftsspionage gegen österreichische Interessen?
    4. Wenn ja, wie viele davon betrafen Sabotage gegen kritische Infrastrukturen in Österreich?
    5. Wenn ja, wie viele davon betrafen Aktivitäten zur Proliferation?
    6. Wenn ja, wie viele davon betrafen Cyber-Angriffe gegen Personen, Institutionen und Unternehmen aus Österreich?
    7. Wenn ja, wie viele davon betrafen Wissenschaftsspionage gegen österreichische Universitäten und Kulturschaffende?
    8. Wenn ja, wie viele davon richteten sich gegen die Institutionen und Personen bzw. Repräsentant:innen anderer Staaten und/oder internationaler Organisationen in Österreich?
    9. Wenn ja, wie viele der angeführten nachrichtendienstlichen Aktivitäten Russlands in Österreich wurden strafrechtlich verfolgt?
  1. Gab es Gespräche mit dem Außenministerium oder welchen anderen Ressorts bzgl. möglicher Mitglieder der russischen Nachrichten- und Geheimdienste oder mit ihnen verbundenen Organisationen unter den in Österreich akkreditierten Diplomat:innen Russlands?
    1. Wenn ja, wann und was war der konkrete Gesprächsinhalt?
    2. Wenn ja, wer war daran beteiligt?
    3. Wenn ja, welche Position nahm das BMI jeweils ein?
  1. Gab es Gespräche mit dem Außenministerium oder welchen anderen Ressorts bzgl. möglicher „Illegaler“ Russlands in Österreich?
    1. Wenn ja, wann und was der konkrete Gesprächsinhalt?

                                          i.    Wer war daran beteiligt?

                                        ii.    Welche Position nahm das BMI jeweils ein?

  1. Gab es Gespräche Ihres Ressorts mit dem Außenministerium oder welchen anderen Ressorts bezüglich russischer Diplomat:innen (mit Ausnahme jener acht Personen, die als PNG qualifiziert wurden), um sie möglicherweise als „personae non gratae“ zu qualifizieren? 
    1. Wenn ja, wann mit welcher Behörde und was war der konkrete Gesprächsinhalt?

                                          i.    Wer war daran beteiligt?

                                        ii.    Welche Position nahm das BMI jeweils ein?

    1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 
  1. Wurde vonseiten des BMI gegenüber dem BMEIA möglicher Spionagehintergrund von russischen Diplomat:innen zur Kenntnis gebracht, diese aber nicht ausgewiesen bzw. zu PNG erklärt? 
    1. Wenn ja, wann durch welche Behörde des BMI wurde mit wem im BMEIA Kontakt aufgenommen?