16397/J XXVII. GP

Eingelangt am 03.10.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits und Genoss:innen
an den Bundeskanzler

betreffend die billigste warme Mahlzeit in Österreich

Kein Geld für ein warmes Essen? Bundeskanzler Nehammer
präsentierte dazu seine Lösung – nachzusehen in einem Video, das in
einer geselligen Runde am 26. Juli bei einem Besuch der Halleiner ÖVP
in der neu eröffneten Vinothek Konoba Pinna Nobilis
entstanden ist und
seit einigen Tagen auf X (ehem.Twitter) kursiert:

„Was ist eigentlich mit den Eltern? Was heißt, ein Kind kriegt keine
warme Mahlzeit in Österreich? Wisst ihr, was die billigste warme
Mahlzeit in Österreich ist? Sie ist nicht gesund, aber sie ist billig: Ein Hamburger bei McDonald's. 1,40 Euro, wenn ich noch Pommes dazu
kaufe 3,50 Euro“ hört man den Bundeskanzler darin wörtlich sagen.

Kurz gefasst soll der unter der Teuerung leidende „Pöbel“ - wenn das
Geld für ein warmes Mittagessen für die Kinder nicht mehr reicht – nicht Kuchen oder Brioche essen, sondern McDonalds-Burger. Das sei die billigste warme Mahlzeit im Land, die sich auch jeder leisten kann.

Diese unempathische und zynische Aussage des Bundeskanzlers in
diesem Video hat zahlreiche Reaktionen, heftige Diskussionen und Kopfschütteln ausgelöst. Sozialminister Rauch meint dazu auf X
„Menschen in Not auszurichten, sie seien selbst Schuld oder sollen ihren Kindern Fast Food servieren, ist zynisch“.

Ganz abgesehen davon wäre aber spannend zu wissen, auf welche gesundheitliche Expertise sich der Rat des Bundeskanzlers stützt,
wonach sozial schwache Menschen ihre Kinder mit Fast Food ernähren sollen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen dazu nachstehende

 

Anfrage:

1.    Kann aus Ihrer Sicht ein lauwarmer Hamburger von McDonald's für
€ 1,40 tatsächlich als ausreichende warme Mahlzeit für ein Kind angesehen werden?

2.    Welche fachliche gesundheitliche Expertise liegt Ihrer Aussage zugrunde, wonach Eltern ihre Kinder mit Hamburgern von
McDonalds ernähren sollen, damit diese zu einer billigen warmen Mahlzeit kommen? Aus welcher Quelle bzw. von welchen
Expert:innen Ihres umfangreichen Beraterstabs stammt diese
Expertise?

3.    Sind Ihnen die Nationalen Ernährungsempfehlungen für 4- bis 10­Jährige bekannt, die unter

https://www.richtigessenvonanfangan.at/expertinnen/ernaehrung/fu
er-4-bis-10-jaehrige/oesterreichische-ernaehrungsempfehlungen publiziert wurden?

4.    Darin ist nachzulesen, dass „Kinder auf ihre besonderen
Bedürfnisse zugeschnittene Empfehlungen brauchen; denn im Kindesalter wird ein wichtiger Grundstein für das spätere Ernährungsverhalten gelegt. Dies ist eine Phase in der Ernährungsgewohnheiten und ein gesundes Verhalten maßgeblich geprägt werden. Die Ernährungsempfehlungen für 4- bis 10­
jähriger Kinder basieren auf aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnissen, sind mit FachexpertInnen abgestimmt und leisten
einen Beitrag für eine klare und strukturierte
Ernährungskommunikation im Bereich der Kinderernährung.

Zudem stellen die vorliegenden Ernährungsempfehlungen eine
wichtige Basis für die Planung, Implementierung und Gestaltung
von ernährungsbezogenen Programmen und Maßnahmen sowie Ernährungserziehung und Informationsprogrammen für die
Zielgruppe 4- bis 10-jähriger Kinder
dar“.(Quelle). Sind aus Ihrer
Sicht die nationalen Ernährungsempfehlungen für 4-10-jährige
noch aufrecht oder haben Sie bzw. Ihr Ressort die Erarbeitung neuer Ernährungsempfehlungen für Kinder beauftragt, die zu


anderen Schlüssen kommen?

5.    Eine wissenschaftliche Empfehlung für Fast Food ist in den
aktuellen nationalen Ernährungsempfehlungen für 4-10 Jährige
nicht zu finden; vielmehr wird Fast Food für Kinder in der
Wissenschaft aufgrund des hohen Verarbeitungsgrads, einer
hohen Energiedichte und eines niedrigen Gehalts an
Mikronährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen kritisch
gesehen. Teilen Sie die Ansicht der Expert:innen dazu? Falls ja,
warum empfehlen Sie ausgerechnet dieser Gruppe entgegen dem wissenschaftlichen Kenntnisstand eine gänzlich andere Ernährungsweise?

6.    Der Energiegehalt eines Hamburger von McDonalds wird mit 258
kcal
(https://www.mcdonalds.at/produkt/hamburger) ausgewiesen;
um den Tages-Energiebedarf eines Kindes zu decken müssten
daher mehrere Hamburger verzehrt werden – was weder billig
noch gesund ist. Wäre es als Bundeskanzler der Republik
Österreich nicht vielmehr ihre Aufgabe, Bewusstsein für gesunde
und ausgewogene Ernährung zu schaffen statt Werbung für Junk
Food und McDonalds zu machen?

7.    Der häufige Konsum von Fastfood kann die Entwicklung einer Adipositas bei Kindern und Jugendlichen begünstigen. Welche konkreten Schritte werden Sie beauftragen um sicherzustellen,
dass eine erschwingliche und ausgewogene Ernährung für alle Kinder in Österreich gewährleistet ist bzw. um einkommensschwache Familien bei der Sicherstellung einer ausgewogenen Ernährung für ihre Kinder zu unterstützen?

8.    Auch wenn in Österreich Armut selten mit Hunger gleichzusetzen
ist, ist das Phänomen von Ernährungsarmut zu beobachten,
worunter auch eine schlechtere ernährungsphysiologische Qualität
von Lebensmitteln zu verstehen ist. Wenn nur wenig Geld für die Ernährung zur Verfügung steht, muss auf „billige“ Lebensmittel (mit
zum Teil deutlich höherem Zucker- und Fettgehalt) zurückgegriffen werden. Dadurch ist zB zu wenig frisches Obst und Gemüse auf
dem Speiseplan zu finden. Diese Ernährungsarmut stellt das
größte Unterscheidungsmerkmal im Ernährungsverhalten unterschiedlicher Einkommensschichten dar. Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu setzen, um dieser

Ernährungsarmut entgegenzuwirken?

9.    In der Kindheit werden Ernährungsvorlieben und Essgewohnheiten geprägt, daher sind Kinder eine attraktive und wichtige Zielgruppe
der Lebensmittel- und Werbeindustrie. In der Umsetzung der Audiovisuellen Mediendienste-Richtlinie der EU hat Österreich im Unterschied zu anderen Ländern auf eine Selbstverpflichtung der Medienwirtschaft gesetzt und es verabsäumt, verbindliche
Vorgaben zu etablieren. Nicht einmal das von der nationalen Ernährungskommission erarbeitete Nährwertprofil zur Lenkung von Werbung in audiovisuellen Medien rund um Kindersendungen
wurde zur Grundlage der Selbstverpflichtung gemacht. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung zur Verringerung des Marketingdrucks durch Werbung auf Kinder setzen und wann wird
dies erfolgen?