16399/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.10.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Missstände in AMA-Betrieben mit Vollspaltenböden aber Schließung innovativer und tierfreundlicher, mobiler Freilandhaltung?
Am 18.9.23 wurden wieder Missstände in einem AMA-Betrieb im Bezirk St. Pölten aufgedeckt. Zahlreiche Schweine mit blutigen Ohren, offenen Abszessen, entzündeten Augen und geschwollenen Gelenken, das ist auf den aktuellen, dem VGT übermittelten Aufnahmen zu sehen. Eine Kontrolle seitens der AMA wurde als Reaktion auf die Anzeige bereits letzte Woche veranlasst. Der Betriebsführer und der Betreuungstierarzt wurden zur Stellungnahme aufgefordert, dem Betrieb wurde vorerst die AMA-Zertifizierung entzogen.(1,2)
Mittlerweile kein Einzelfall, bereits ein Jahr davor ging ebenfalls aus dem Bezirk St. Pölten Land ein Fall von Tiermisshandlung in einem Tiermast-Betrieb durch die Medien. Obwohl es sich bei diesem Fall um keinen unbekannten Betrieb handelte, sondern um einen, der bereits auffällig geworden war, und obwohl die Missstände erschreckend waren, kam es bei der Verhandlung am 26.4.23 nur zu einem Diversionsangebot, nicht zu einem Halteverbot. Hintergrund war, dass der Betreiber eine massive Überforderung angegeben hatte. (3,4) Neben diesen beiden Fällen in St.Pölten/St.Pölten Land wurden in den letzten Monaten auch Missstände in Betrieben in Korneuburg, (5) oder Krems (6) publik.
Dass Tiere, die auf Vollspaltenböden leben müssen, auch außerhalb der aufgedeckten Missstände Schmerz erleiden und diese Haltungsform moralisch umstritten ist, ist unbestritten. Eine Alternative zu dieser Haltungsform bietet etwa die aus der regenerativen Landwirtschaft stammende mobile Freilandhaltung von Schweinen. Die Freilandhaltung von Mastschweinen war in Österreich bis vor wenigen Jahren kaum gängig. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach (Bio-)Schweinefleisch aus alternativer, tierfreundlicher Haltung, gewinnt sie in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung. (7)
Die Familie Hubmann aus Gerersdorf im Bezirk St. Pölten setzt beispielsweise auf mobile Freilandhaltung von Schweinen und folgt einem System aus England und Amerika. Ein Zelt dient als Unterstand – in einer Mischung aus Hackgut, Stroh, Heu und Grüngut mit Frischluft und natürlichem Licht fühlen sich die Tiere wohl und können ihrem natürlichen Bedürfnis zu wühlen folgen. Obwohl es keine Förderungen für diese Art der Haltung gibt – im Gegensatz zu den Vollspaltenböden – war Familie Hubmann die artgerechte Haltung ein wichtiges Anliegen und schafft auch den Spagat zwischen Tierwohl und ökonomischen Herausforderungen der Landwirtschaft zu schaffen. Mit der mobilen Haltung wird die Natur imitiert, in der größere Säugetiere nomadisch leben. Etwa ein halbes Jahr bleiben die Schweine mit ihren Zelten und der doppelten Absperrung auf einem Platz. Sobald die Schweine vermarktet sind, werden die Flächen abgemistet und die Zelte auf einen neuen Platz versetzt. Der entstandene Mist wird ebenfalls weiter verwertet. Er wird kompostiert. Genutzt wird dafür ein mikrobiologisch aktives Gemisch. Daraus entsteht humose und mikrobiell hoch aktive Erde(8,9), das danach entweder als hochwertiger Dünger verkauft oder selbst wieder auf den Feldern ausgebracht wird. Ein Gutachten bestätigt nun, dass es keinerlei negative Beeinträchtigung der Umwelt geben würde. Genehmigt wurde dieses alternative Tierhaltungssystem allerdings von den Behörden bis dato nicht. Auch habe niemand den Betrieb besichtigt, der fachlich zuständig sei, erfährt man von der Familie Hubmann. Im Gegenteil dem Hof droht die Schließung, weil nicht auszuschließen sei, dass der Boden über das erlaubte Maß belastet werden könnte. (10) Ein Gutachten samt Bodenuntersuchungen, welches von den Betreibern in Auftrag gegeben wurde, kommt zum Schluss, dass keine nennenswerten Stickstoffeintragung zu erwarten sei und alle gesetzmäßigen Bestimmungen eingehalten würden. Die N-min-Werte (mineralisierter Stickstoff) sind ziemlich auf dem gleichen Niveau wie auch auf den Kontrollflächen ohne Schweinhaltung und sind nach Stickstoffmonitoring der LK OÖ gleich hoch wie die Untersuchungsgruppe der Felder mit Vorfrucht Sommermohn, also komplett unbedenklich. Es können somit Einwirkungen auf Gewässer ausgeschlossen werden. Dennoch beruft sich die BH St. Pölten laut der Familie und auf Nachfrage auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Landwirtschaft, es könnten mehr als bloß geringfügige Einwirkungen nicht ausgeschlossen werden und verlangt die Schließung des Betriebs.
Einerseits haben wir in Österreich, insbesondere in Niederösterreich immer wieder Fälle von groben Missständen in herkömmlichen Betrieben andererseits werden innovative Betriebe die den Mut haben auf tierfreundlichere Haltung zu setzen offensichtlich vom bestehenden System bekämpft.
(1) https://noe.orf.at/stories/3224657/
(2)https://www.meinbezirk.at/niederoesterreich/c-regionauten-community/vgt-deckt-naechsten-horror-schweinestall-auf_a6271571
(3)https://www.meinbezirk.at/st-poelten/c-regionauten-community/geht-das-immense-tierleid-in-der-niederoesterreichischen-schaf-und-rindermast-ungebremst-weiter_a6018150
(4)https://www.vienna.at/tierleid-immens-missstaende-in-mastbetrieb-in-noe/7631533
(5)https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/6156835/Bezirk-Korneuburg_AMAMastbetrieb-wegen-Missstaenden-gesperrt
(6)https://www.meinbezirk.at/krems/c-regionauten-community/schreckliche-zustaende-am-bauernhof-von-nebenan-im-waldviertel_a6097773
(7)http://www.freiland.or.at/wp-content/uploads/210413_KTFL_empfehlung04a_Freiland-Mastschwein.pdf
(8)https://www.krone.at/2879297
(9)https://www.noen.at/st-poelten/gerersdorf-neue-haltungsform-diese-tiere-haben-schwein-gerersdorf-mobile-freilandhaltung-tierschutz-thomas-hubmann-print-281268489
(10)https://www.krone.at/3002233
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende