16404/J XXVII. GP
Eingelangt am 04.10.2023
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Harald Stefan
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern
Das Nachrichtenmagazin „profil“ berichtete am 22. September 2023 über den Rohbericht des Rechnungshofes, der die Social-Media-Profile diverser österreichischer Regierungspolitiker prüfte und einen möglichen Verstoß gegen das Parteiengesetz feststellte. Konkret geht es um die problematische „Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit“:[1]
Rechnungshof-Kritik an Social-Media-Accounts von Nehammer und Kogler
Die Profile von Regierungspolitikern wurden vom Rechnungshof geprüft. profil liegt der Rohbericht vor. Darin wird eine „Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit“ festgestellt – und ein möglicher Verstoß gegen das Parteiengesetz.
Wenn sich Bundeskanzler Karl Nehammer an seine 58.000 Follower auf Facebook wendet, hat er dabei wechselnde Hüte auf: Mal ist Nehammer als ÖVP-Parteichef zu sehen, der mit dem Bauernbund nach Mariazell pilgert. Mal inszeniert er sich als Bundeskanzler der Republik Österreich und streamt das Pressefoyer nach dem Ministerrat auf seiner Seite. Offizielle Pressefotos aus dem Kanzleramt wechseln sich mit türkisen Parteisujets ab.
Diese Verquickung von Partei und Amt bei den Social-Media-Auftritten von Regierungspolitikern hält der Rechnungshof in einem bisher unveröffentlichten Rohbericht für „problematisch“.
Für den 55-seitigen Bericht (Titel: „Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern“), der profil vorliegt, wurden die Accounts von Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), dem oberösterreichischen Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) geprüft. Damit wählte der Rechnungshof von jeder im Nationalrat vertretenden Partei einen Regierungspolitiker aus.
Bei Nehammer, Kogler, Doskozil und Wiederkehr hielt der Rechnungshof „kritisch fest“, dass die Social-Media-Accounts durch Mitarbeiter der Kabinette mitbetreut wurden, obwohl die Accounts laut Impressum von den Parteien oder von den Politikern selbst verwaltet wurden. Die Prüfer sehen darin eine „Vermischung der Sphären von Regierungs- und Parteiarbeit – indem Bedienstete der öffentlich-rechtlichen Körperschaften parteipolitische Social-Media-Accounts betreuten“. Das äußere sich auch daran, „dass anhand der Postings und Veröffentlichungen nicht ersichtlich war, ob die jeweiligen Inhalte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der überprüften Stellen und somit Ressourcen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder von der jeweiligen politischen Partei erstellt, bearbeitet bzw. veröffentlicht wurden“.
Klar: Nehammer und Kogler sind beides – die Chefs ihrer jeweiligen Parteien und Amtsträger. Ihre Facebook-Fanpages werden laut Impressum allerdings von der jeweiligen Bundespartei verwaltet.
Rechtlich „problematisch“
Aus Sicht des Rechnungshofes stellt der öffentliche Ressourceneinsatz für diese Pages nicht nur einen „Vorteil gegenüber Nicht-Regierungsmitgliedern“ dar, sondern könnte auch in rechtlicher Hinsicht „problematisch“ werden, heißt es in dem Bericht wörtlich. Konkret „könnte eine unzulässige Spende nach dem Parteiengesetz vorliegen“. Denn laut dem Gesetz dürfen Parteien keine Spenden (auch keine Sach- oder Personalspenden) von öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie Ministerien annehmen. Der Rechnungshof wählte im Bericht den Konjunktiv, weil es noch keine Rechtsprechung in Bezug auf die Nutzung von öffentlichen Personalressourcen für parteipolitische Accounts gibt.
Allerdings kam es in einem ähnlich gelagerten Fall bereits es zu einer Verurteilung der FPÖ durch den Unabhängigen Parteien- und Transparenzsenat (UPTS): Der damalige Innenminister Herbert Kickl bewarb auf seiner Facebook-Seite ein Gewinnspiel zum Neujahrstreffen der FPÖ, was der UPTS als unzulässige Spende des Innenministeriums an die Partei wertete. Dem Posting wurde damals ein läppischer Werbewert von 500 Euro zugeschrieben.
Personalkosten für Mitbetreuung
Im Falle der Social-Media-Mitarbeiter von Kanzler, Vize und Landespolitikern könnte es für die Parteien beträchtlich teurer werden: Alleine im ersten Halbjahr 2022 fielen im Bundeskanzleramt für die Mitbetreuung von Nehammers Social-Media-Accounts Personalkosten von 25.000 Euro an, heißt es in dem Bericht. Bei Kogler waren es knapp 29.000 Euro, bei Doskozil knapp 20.000 Euro und bei Wiederkehr knapp 35.000 Euro. Nur bei Haimbuchner fielen laut dem Bericht keine Personalkosten an.
Zusätzlich zu den Personalkosten gab das Land Burgenland weitere rund 1400 Euro aus, um die Accounts von Doskozil zu bewerben. Die Stadt Wien bezahlte 4100 Euro, damit Wiederkehr eine Softwarelizenz und technisches Equipment anschaffen konnte. Der Rechnungshof: „Auch diese Kosten vergüteten die Medieninhaber (Parteien oder Politiker, Anm.) den überprüften Stellen (Ländern, Anm.) nicht.“ [...]
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Wird wegen der vom Rechnungshof beschriebenen Problematik gegen Regierungsmitglieder des Bundes strafrechtlich ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welcher Verdachtslagen ermittelt?
2. Wird wegen der vom Rechnungshof beschriebenen Problematik gegen Kabinettsmitglieder von Regierungspolitikern des Bundes strafrechtlich ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welcher Verdachtslagen ermittelt?
3. Wird wegen der vom Rechnungshof beschriebenen Problematik gegen Funktionäre oder Mitarbeiter der Bundes- bzw. Landesparteien von Regierungspolitikern des Bundes strafrechtlich ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welcher Verdachtslagen ermittelt?
4. Wird wegen der vom Rechnungshof beschriebenen Problematik gegen Regierungsmitglieder der Wiener Stadtregierung strafrechtlich ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welcher Verdachtslagen ermittelt?
5. Wird wegen der vom Rechnungshof beschriebenen Problematik gegen Funktionäre oder Mitarbeiter der Bundes- bzw. Landesparteien von Regierungsmitgliedern der Wiener Stadtregierung strafrechtlich ermittelt?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, gegen wen wird aufgrund welcher Verdachtslagen ermittelt?
[1] profil, Rechnungshof-Kritik an Social-Media-Accounts von Nehammer und Kogler, https://www.profil.at/oesterreich/rechnungshof-kritik-an-social-media-accounts-von-nehammer-und-kogler/402603176