16415/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.10.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend Gesetzeswidrige Sachspenden an die Regierungsfraktionen?

 

Am 30.08.2023 wurde ein Initiativantrag (https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3558) von fünf Abgeordneten des ÖVP- und des Grünen Klubs in den Nationalrat eingebracht, der das Mietrechtsgesetz (MRG), Richtwertgesetz (RichtWG) sowie Wohnungsgemeinützigkeitsgesetz (WGG) ändern soll. Auf Nachfrage des VN-Journalisten Maximilian Werner an das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) stellte sich heraus, dass Legisten des BMAW den Artikel 3 (WGG) des erwähnten Antrags verfassten, Artikel 1 (MRG) und 2 (RichtWG) stammten hingegen aus der Feder von Bediensteten des Bundesministeriums für Justiz (BMJ). 

Dies reiht sich in ein junges Phänomen der Gesetzgebung in Österreich ein: seit 2019 hat sich das Verhältnis zwischen Initiativanträgen und Regierungsvorlagen gedreht und es gelangen mehr Gesetze über Initiativanträge in das Parlament. Wie die bereits oben erwähnte Anfragebeantwortung zeigt, bedeutet dies allerdings nicht zwingend, dass nicht weiterhin die Urheberschaft der Legistik im zuständigen Ministerium ruht. Der Umweg über die Initiativanträge bringt für die österreichische Bevölkerung dabei gleich mehrere Nachteile: keine Begutachtung des Ministerialentwurfs, keine wirkungsorientiere Folgenabschätzung und weniger Zeit für die Zivilgesellschaft und Oppositionsparteien, um auf die legistischen Vorschläge zu reagieren und Verbesserungsvorschläge zu artikulieren. Kurzum leidet die Qualität der Legistik zwangsläufig unter einer solchen Praxis.

Fraglich ist auch, wie die von Seiten der Ministerien eingesetzte Arbeitskraft rechtlich zu qualifizieren ist, denn: Mit der im Juli 2022 beschlossenen Novelle des Klubfinanzierungsgesetz (KlubFG) wurde § 5a eingeführt, der Spenden an die Parlamentsklubs regelt. Als Spende gilt demnach jede Zahlung, Sachleistung oder lebende Subvention (zur Verfügung gestelltes Personal), die natürliche oder juristische Personen dem Klub ohne entsprechende Gegenleistung gewähren.

Wenn Bundesbedienstete der Ministerien selektiv nur die Klubs der Regierungsparteien durch Bereitstellen legistischer Arbeit unterstützen, wäre die Vorgehensweise als gesetzwidrige Sachspende iSd § 5a KlubFG zu interpretieren. Diese - vom BMAW in der Beantwortung bestätigte - gängige Verwaltungspraxis, dass Fachexpertinnen und -experten der Bundesministerien die Klubs der jeweiligen Regierungsparteien mit ihrem fachlichem und legistischem Know-How unterstützen, müsste in der Tat überdacht werden, um einen möglichen dauerhaft rechtswidrigen Zustand zu vermeiden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Leistungen, wie insbesondere das Verfassen von Gesetzesanträgen und/oder die legistische Beratung zu Gesetzesanträgen, wurden an welche Parlamentsklubs und/oder deren Angehörige in der XXVII. GP von Seiten Ihres Ministeriums erbracht?
    1. Erfolgte die Erbringung solcher Leistungen entgeltlich oder unentgeltlich?

                                          i.    Sofern entgeltlich, wie werden die in Frage 1 beschriebenen Leistungen abgegolten?

1.    In welcher Höhe wurden jene in dieser Legislaturperiode abgegolten?

    1. Welche Leistungen davon gingen an welchen Klub bzw. welche Angehörige jeweils?
    2. An welchen Initiativanträgen von Abgeordneten der Regierungsparteien waren Bedienstete Ihres Hauses beteiligt?
    3. Von Bediensteten welcher Abteilung Ihres Hauses werden jene erbracht?
  1. Ist die im Begründungstext der Anfrage dargelegte Verwaltungspraxis, also das Verfassen von Gesetzesanträgen für Regierungsklubs, in ihrem Haus üblich?
    1. Falls ja, an welche Voraussetzungen wird diese "Unterstützung" jeweils geknüpft? 
    2. Falls ja, wie wird sichergestellt, dass § 5a KlubFG nicht verletzt wird? 
    3. Falls ja, bieten Sie diese "Unterstützung" auch den Klubs der Oppositionsparteien bzw. deren Angehörigen an?

                                          i.    Falls nein, warum nicht?

    1. Wie ist das genaue Vorgehen in Ihrem Ressort, wenn dessen Expertise für die Vorbereitung von Verfassungsgesetzen bzw. -bestimmungen in Anspruch genommen wird?
  1. Haben Sie in diesem Zusammenhang seit der Einführung des § 5a KlubFG Ihre Bediensteten angewiesen, keine selektiven Leistungen iSd Frage 1 zu erbringen?
    1. Falls ja, inwiefern und mit welchem Inhalt? 
    2. Falls nein, warum nicht?
    3. Wie können Sie in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass Bedienstete des Ministeriums keine strafrechtlich relevanten Handlungen, insbesondere jene der Untreue gem. § 153 StGB oder des Amtsmissbrauchs gem. 302 StGB, gesetzt haben?
  1. Laut der Beantwortung des BMAW an den Journalisten sei es üblich und notwendig, dass die zuständigen Fachressorts in Gesetzesanträge miteinbezogen werden, die "voraussichtlich eine parlamentarische Mehrheit erreichen" (https://twitter.com/MaxlWerner/status/1697522924998017451/photo/1). Welche Annahmen trifft Ihr Haus im Hinblick auf die voraussichtlich zu erreichende parlamentarische Mehrheit?
    1. Mit welchen Klubs wird diesbezüglich kommuniziert? 
    2. Wie wird dabei sichergestellt, dass das in Art. 56 Abs. 1 B-VG festgelegte freie Mandat nicht konterkariert wird?
    3. Stellt die voraussichtliche Erreichung der parlamentarischen Mehrheit Ihrer Ansicht einen Ausnahmegrund iSd § 5a Abs. 3 KlubFG dar?
  1. Gibt es das Vorhaben Ihrerseits zukünftig wieder vermehrt das Instrument der Regierungsvorlage für Gesetzesvorschläge zu verwenden, wenn die Legistik maßgeblich von Bediensteten Ihres Hauses stammt?