16532/J XXVII. GP
Eingelangt am 09.10.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Georg Bürstmayr, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Besuchszeiten im PAZ Rossauer Lände
In der Woche vom 25. September 2023 wurde dem Klub der GRÜNEN im Parlament von verschiedenen Seiten zugetragen, dass mehrere, teils schon über etliche Jahre in Österreich aufhältige irakische Staatsbürger:innen festgenommen und in das PAZ Rossauer Lände in 1090 Wien verbracht worden waren, um im Rahmen einer sogenannten „Charterabschiebung“ am 02.10.2023 in den Irak abgeschoben zu werden. Angehörige und Freund:innen jener inhaftierten Personen berichteten davon, dass ihnen am Wochenende 30.09./01.10.2023, trotz für diese beiden Tage ausgewiesener Besuchszeiten, der Besuch dieser inhaftierten Personen verwehrt wurde.
Dabei soll es laut aktuellen Medienberichten auch zumindest einmal zu übergriffigem und zunehmend aggressivem Verhalten mindestens eines Vollzugsbeamten gegenüber Familienangehörigen gekommen sein.
1) https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/polizist-dreht-bei-amtshandlung-komplett-durch/570824609
2) https://www.moment.at/story/polizei-wien-schubhaeftling-besuch
In den Beiträgen und dem darin verlinkten Video ist deutlich erkennbar, wie Besucher:innen durch Polizeibeamte das Besuchsrecht verweigert wird. Für viele Familienangehörige war dies die letzte Möglichkeit ihre Angehörigen vor einer bevorstehenden Abschiebung ein letztes Mal zu sehen. Auf diesem Video ist nicht nur zu sehen, wie Personen von ihrem Besuchsrecht abgehalten werden, sondern auch wie diese von einem Beamten schikanös behandelt, ausgelacht, beschimpft, angeschrien und letztlich aus dem Gebäude gedrängt werden.
Unter anderem begründet ein Beamter die Besuchsverweigerung mit Personalmangel. Auch dem Abg. z. NR Mag. Georg Bürstmayr wurde von einem dafür zuständigen Beamten der LPD Wien „Personalmangel“ als Grund dafür angegeben, dass an oben erwähntem Wochenende keine Besuche zu Schubhäftlingen hätten vorgelassen werden können.
Die den GRÜNEN vorliegenden Informationen und Videos werfen eine Fülle von Fragen auf. Das gilt aber auch für die massive Verunsicherung unter irakischen Asylsuchenden und deren Angehörigen, die völlig unerwartet und ohne Vorankündigung aus ihrem sozialen Umfeld und Familien gerissen wurden und sich plötzlich mit Abschiebungen in ein Land konfrontiert sehen, aus dem sie teils schon vor etlichen Jahren geflüchtet sind und zu dem sie häufig keine Anknüpfungspunkte mehr haben.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele Beamt:innen waren am Samstag, den 30. September 2023 sowie am Sonntag, den 1. Oktober 2023 im PAZ Rossauer Lände im Dienst?
a. Wie viele Beamte sind im PAZ Rossauer Lände an den Wochenenden vorgesehen?
b. Wie viele Beamte waren tatsächlich im Dienst und vor Ort?
c. Lag an diesem Wochenende ein Personalmangel vor?
d. Mit welcher Begründung lag ein Personalmangel vor?
e. Wie lange gibt es schon einen Personalunterstand im PAZ Rossauer Lände.
f. Wenn ja: was wurde bisher unternommen, um diesem Personalunterstand entgegenzuwirken?
g. Wie wird bei kurzfristigen personellen Ausfällen sichergestellt, dass das Besuchsrecht für Angehörige trotzdem gewährleistet werden kann?
2. Warum war es nicht möglich, die Zahl der Beamt:innen ins PAZ Rossauer Lände abzukommandieren, die es dort am Wochenende vom 30. September und 1. Oktober 2023 für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Besuchszeiten gebraucht hätte?
3. Wie oft entfallen ausgeschriebene Besuchszeiten im PAZ Rossauer Lände?
a. Warum kommt es zu diesem Entfall?
b. Was entfällt darüber hinaus noch aufgrund von Personalmangel (Hofgang, Essensausgabe, Nutzung des Festnetztelefons)?
4. Das Recht Wahrung des Privat- und Familienlebens darf nach Art. 8 EMRK nur unter bestimmten, abschließend aufgezählten Umständen eingeschränkt werden, eine Anhaltung in Schubhaft ist für sich allein kein solcher Grund. Wie wird durch die LPD Wien und das Bundesministerium für Inneres sichergestellt, dass – auch bei Personalmangel - der Besuch von Familienangehörigen gewährleistet werden kann?
a. Wird bei der Ermöglichung von Besuchen zwischen Familienangehörigen, anderen Angehörigen und Freund:innen / Bekannten unterschieden?
b. Werden, insbesondere bei Personalmangel, Besuche von Familienangehörigen und sonstigen Angehörigen priorisiert?
c. Wenn nein, warum nicht?
5. Wie viele Beamt:innen sind zuständig und notwendig für die
Abwicklung von Besuchen im PAZ Rossauer Lände?
6. Zum rechtlichen Rahmen:
a. Auf welchen rechtlichen Grundlagen basiert die Abwicklung von Besuchszeiten?
b. Welche Maßnahmen sehen diese rechtlichen Grundlagen für den Fall von Personalmangel vor?
c. Wer entscheidet darüber, ob Besuche zugelassen werden oder nicht?
7. Welche Ausbildung braucht es, um als Beamter oder Beamtin in Schubhaftgefängnissen für die Abwicklung von Besuchen eingesetzt zu werden?
a. Ist dafür eine vorhergegangene besondere Ausbildung erforderlich?
b. Wenn ja: Wie viele Beamte / Beamtinnen der LPD Wien haben diese besondere Ausbildung?
c. Wenn nein: aus welchem Grund war es nicht möglich, am Wochenende
30.09. / 01.10.2023 weitere Beamte / Beamtinnen für die Abwicklung von
Besuchen abzustellen?
8. Wie viele SWB hatte die LPD Wien an oben erwähntem Wochenende insgesamt im Einsatz?
9. Wurden aufgrund des filmisch dokumentierten (eingangs erwähnten Medien) Ereignisses vom 30. September 2023 gegen 12:30 Uhr im PAZ Rossauer Lände dienstrechtliche und/oder disziplinarrechtliche Folgen/Maßnahmen in Gang gesetzt?
a. Falls ja, welche konkreten Maßnahmen wurden in Bezug auf den im Video hauptsächlich akustisch wahrnehmbaren Beamten in die Wege geleitet (in diesem Zusammenhang fällt auch eine Dienstnummer)?
b. Liegen zu dem betroffenen Beamten bereits Beschwerden vor?
c. Wie viele Beschwerden wurden 2023 bereits gegen SWB des PAZ Rossauer Lände vorgebracht?
d. Wurden oder werden Schulungsmaßnahmen gesetzt oder angeordnet, um die in PAZen tätigen SWB über den Inhalt und die Bedeutung des Besuchsrechts für Inhaftierte im Allgemeinen und für Schubhäftlinge im Besonderen – auch vor dem Hintergrund des Art 8 EMRK – zu sensibilisieren?