16559/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.10.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Maßnahmen gegen Menschenhandel

 

Art 3 lit. a des Palermo-Protokolls definiert Menschenhandel als „Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung“.

Menschenhandel stellt zugleich eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung und eine der größten Formen der organisierten Kriminalität dar: Der weltweite Markt für Waren und Dienstleistungen von Opfern des Menschenhandels beträgt schätzungsweise 150 Milliarden Dollar pro Jahr. Eine der häufigsten Formen des Menschenhandels ist sexuelle Ausbeutung, welche über die Hälfte aller weltweit identifizierten Opfer des Menschenhandels ausmacht. Insbesondere Frauen und Mädchen sind davon stark betroffen: sie repräsentieren 92 % der weltweit identifizierten Opfer der sexuellen Ausbeutung. Auch Minderheiten sowie Menschen auf der Flucht sind Risikogruppen und sollen überproportional von Menschenhandel betroffen sein. 

Laut EU Kommission ist Österreich nach wie vor ein Ziel- und Transitland für Menschenhandel. Mehr als 60 % der identifizierten Opfer stammen aus anderen EU-Ländern, die meisten davon aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Die Mehrheit der anderen identifizierten Opfer kommt aus Asien, vor allem China, und Afrika, insbesondere Nigeria - bei diesen Personen handelt es sich fast ausschließlich um Asylbewerber:innen, die sexuell ausgebeutet werden. Die größten Herausforderungen für Österreich im Bereich des Menschenhandels seien eine bessere Datenerfassung und Identifizierung von Opfern des Menschenhandels. Weiters fehle es an einem proaktiven Ansatz im Vorgehen gegen Ausbeutung von Arbeitskräften, an Maßnahmen zur Gewährleistung des Zugangs zu Entschädigung für Opfer von Menschenhandel sowie an einem umfassenden Betreuungs- und Unterstützungskonzepts für Minderjährige, die Opfer von Kinderhandel werden.

Im Sommer 2020 hat GRETA, die Expert:innen-Gruppe gegen Menschenhandel des Europarates, zahlreiche Empfehlungen an Österreich gerichtet,2 deren Umsetzungsstand von Interesse ist. Des weiteren ist von Interesse, inwieweit die durch den nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2023)3 vorgesehenen Maßnahmen seitens Ihres Ministeriums implementiert wurden und welche zusätzlichen Maßnahmen Ihr Ressort gesetzt hat, um Menschenhandel effektiv zu bekämpfen. 

Anlässlich des am 18. Oktober stattfindenden europäischen Tags gegen Menschenhandel stellt sich die Frage, welche Maßnahmen gesetzt werden, um Menschenhandel effektiv zu bekämpfen.

 

  1. https://home-affairs.ec.europa.eu/policies/internal-security/organised-crime-and-human-trafficking/together-against-trafficking-human-beings/eu-countries/austria_en
  2. https://www.coe.int/en/web/anti-human-trafficking/austria
  3. https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Zentrale/Aussenpolitik/Menschenrechte/Beilage_1_VI._Nationaler_Aktionsplan_zur_Bekaempfung_des_Menschenhandels__NAP__2021-2023.pdf

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. In dem Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2023) sind 18 Aktionen zur Bekämpfung des Menschenhandels aufgelistet, die seitens Ihres Ressorts z.T. oder gänzlich umgesetzt werden sollen. Wie viele Maßnahmen wurden vollinhaltlich umgesetzt?  Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme sowie Zeitpunkt der Umsetzung. 
    1. Welche Maßnahmen wurden nur z.T. umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme.

                                          i.    Mit welchem Ergebnis? 

    1. Welche Maßnahmen wurden nicht umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme. 

                                          i.    Warum nicht?

                                        ii.    Wann und wodurch ist eine Umsetzung jeweils geplant? 

  1. Ist ein weiterer Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels für die Jahre 2024 ff. aktuell in Ausarbeitung? 
    1. Wenn ja, wann wurden welche konkreten Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt? 
    2. Wenn ja, worauf soll sein Fokus liegen? 
    3. Wenn nein, warum nicht?
  1. Im Jahr 2020 ergingen seitens GRETA eine Reihe an Empfehlungen, die u.a. durch Ihr Ressort umgesetzt werden sollen (S.56 ff.). Wurden die Empfehlungen zur Bekämpfung des Menschenhandels umgesetzt betreffend
    1. Recht auf Information? 
    2. Rechtsbeistand und kostenlose Rechtshilfe? 
    3. Ermittlungen, Strafverfolgung, Sanktionen? 
    4. Straffreiheit für Opfer von Menschenhandel? 
    5. Schutz von Opfern und Zeug:innen? 
    6. Spezialisierte Behörden und Koordinierungsstellen? 
    7. internationale Kooperation? 
    8. kindergerechte Verfahren?
    9. Maßnahmen zur Verhinderung und Aufdeckung von Korruption?
    10. Entwicklung des institutionellen und politischen Rahmens für Maßnahmen gegen den Menschenhandel?
    11. Datenerhebung?
    12. Maßnahmen zur Verringerung der Nachfrage?
    13. Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung des Menschenhandels zum Zwecke der Arbeitsausbeutung?
    14. Identifizierung der Opfer des Menschenhandels?
    15. Identifizierung von Opfern des Kinderhandels und kinderspezifische Unterstützung?
    16. Unterstützung der Opfer?
    17. Erholungs- und Bedenkzeit? 
    18. Zu a. bis q.: Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme sowie Zeitpunkt der Umsetzung. 
  1. Wie viele Empfehlungen von GRETA wurden vollinhaltlich umgesetzt? 
    1. Welche Maßnahmen wurden nur z.T. umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme. 

                                          i.    Mit welchem Ergebnis? 

    1. Welche Maßnahmen wurden nicht umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme. 

                                          i.    Warum nicht?

                                        ii.    Wann und wodurch ist eine Umsetzung jeweils geplant? 

  1. Wie oft gab es Ermittlungen wegen § 104a StGB in den Jahren 2022 und 2023?
    1. Wurden Zeug:innen einvernommen? 

                                          i.    Wie viele davon waren minderjährig? 

                                        ii.    Wie viele davon waren Frauen? 

                                       iii.    Wie viele davon waren Asylwerber:innen? 

    1. Wurden Verdächtige und/oder Beschuldigte einvernommen?

                                          i.    Wenn ja, wie viele jeweils?

    1. In wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren abgeschlossen?

                                          i.    Mit welchem Ergebnis jeweils (Einstellung/Diversion/Anklage)?

    1. Wenn ja, in wie vielen Fällen kam es zu einem Hauptverfahren?
    2. Wie oft kam es zu Verurteilungen?  
  1. Wie oft gab es Ermittlungen wegen § 205a StGB gab in den Jahren 2022 und 2023? 
    1. Wurden Zeug:innen einvernommen? 

                                          i.    Wie viele davon waren minderjährig? 

                                        ii.    Wie viele davon waren Frauen? 

                                       iii.    Wie viele davon waren Asylwerber:innen? 

    1. Wurden Verdächtige und/oder Beschuldigte einvernommen?

                                          i.    Wenn ja, wie viele jeweils?

    1. In wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren abgeschlossen?

                                          i.    Mit welchem Ergebnis jeweils (Einstellung/Diversion/Anklage)?

    1. Wenn ja, in wie vielen Fällen kam es zu einem Hauptverfahren?
    2. Wie oft kam es zu Verurteilungen?  

                                          i.    Wie viele Verurteilungen gab in Fällen, in denen die Opfer als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden sind? 

  1. Wie oft gab es Ermittlungen wegen § 28c Abs 2 Z 2 AuslBG gab in den Jahren 2022 und 2023? 
    1. Wurden Zeug:innen einvernommen? 

                                          i.    Wie viele davon waren minderjährig? 

                                        ii.    Wie viele davon waren Frauen? 

                                       iii.    Wie viele davon waren Asylwerber:innen? 

    1. Wurden Verdächtige und/oder Beschuldigte einvernommen?

                                          i.    Wenn ja, wie viele jeweils?

    1. In wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren abgeschlossen?

                                          i.    Mit welchem Ergebnis jeweils (Einstellung/Diversion/Anklage)?

    1. Wenn ja, in wie vielen Fällen kam es zu einem Hauptverfahren?
    2. Wie oft kam es zu Verurteilungen?  
  1. In wie vielen Fällen wurde der Zugang von Opfern zu Entschädigung gewährleistet (in den Jahren 2022 und 2023)? 
    1. In wie vielen Fällen nicht? 
  1. Gab es Fälle, in denen die Einhaltung der "Non-Punishment-Bestimmungen" bzw. die Straffreiheit für Opfer von Menschenhandel nicht gewährleistete wurde (in den Jahren 2022 und 2023)? 
    1. Wenn ja, wie viele und warum? 
  1. Gibt es einen Austausch auf EU-Ebene hinsichtlich der best practices in den Bereichen Strafverfolgung und Entschädigung von Opfern von Menschenhandel? 
    1. Welchen diesbezüglichen Informationen- und Datenaustausch gibt es auf EU-Ebene bzgl. Menschenhandel?  
  1. Im Rahmen einer staatenübergreifenden Operation gegen Menschenhandel, an der Österreich sich beteiligte, wurden in Österreich sieben potenzielle Opfer identifiziert und fünf Verdächtige aus Rumänien und China ausfindig gemacht. Es wurden fünf internationale Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels eingeleitet. War auch Ihr Ressort in die Ermittlungsverfahren involviert? 
    1. Wenn ja, wie wurde in der Folge Verfahren und mit welchem Ergebnis?
    2. Was passierte mit den sieben Opfern?
  1. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit Ihres Ressorts mit Eurojust im Bereich Menschenhandel? 
    1. Wie oft ersuchten und erhielten die österreichischen Justizbehörden von Eurojust im Bereich Menschenhandel Hilfe bei Ermittlungen (in den Jahren 2022 und 2023)? 
  1. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit Ihres Ressorts mit dem Joint Operational Office (JOO) im Bereich Menschenhandel?