Eingelangt am 18.10.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Inneres
betreffend Maßnahmen
gegen Menschenhandel
Art 3 lit. a des Palermo-Protokolls
definiert Menschenhandel als „Anwerbung, Beförderung, Verbringung,
Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von
Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug,
Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit
oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur
Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine
andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung“.
Menschenhandel stellt zugleich eine
schwerwiegende Menschenrechtsverletzung und eine der größten Formen
der organisierten Kriminalität dar: Der weltweite Markt für Waren und
Dienstleistungen von Opfern des Menschenhandels beträgt
schätzungsweise 150 Milliarden Dollar pro Jahr. Eine der häufigsten
Formen des Menschenhandels ist sexuelle Ausbeutung, welche über die
Hälfte aller weltweit identifizierten Opfer des Menschenhandels ausmacht.
Insbesondere Frauen und Mädchen sind davon stark betroffen: sie
repräsentieren 92 % der weltweit identifizierten Opfer der sexuellen
Ausbeutung. Auch Minderheiten sowie Menschen auf der Flucht sind Risikogruppen
und sollen überproportional von Menschenhandel betroffen sein.
Laut EU Kommission ist Österreich
nach wie vor ein Ziel- und Transitland für Menschenhandel. Mehr als 60 %
der identifizierten Opfer stammen aus anderen EU-Ländern, die meisten
davon aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Die Mehrheit der anderen
identifizierten Opfer kommt aus Asien, vor allem China, und Afrika,
insbesondere Nigeria - bei diesen Personen handelt es sich fast
ausschließlich um Asylbewerber:innen, die sexuell ausgebeutet werden. Die
größten Herausforderungen für Österreich im Bereich des
Menschenhandels seien eine bessere Datenerfassung und Identifizierung von
Opfern des Menschenhandels. Weiters fehle es an einem proaktiven Ansatz im
Vorgehen gegen Ausbeutung von Arbeitskräften, an Maßnahmen zur
Gewährleistung des Zugangs zu Entschädigung für Opfer von
Menschenhandel sowie an einem umfassenden Betreuungs- und
Unterstützungskonzepts für Minderjährige, die Opfer von
Kinderhandel werden.1
Im Sommer 2020 hat GRETA, die
Expert:innen-Gruppe gegen Menschenhandel des Europarates, zahlreiche
Empfehlungen an Österreich gerichtet,2 deren Umsetzungsstand
von Interesse ist. Des weiteren ist von Interesse, inwieweit die durch den
nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2023)3
vorgesehenen Maßnahmen seitens Ihres Ministeriums implementiert
wurden und welche zusätzlichen Maßnahmen Ihr Ressort gesetzt hat, um
Menschenhandel effektiv zu bekämpfen.
Anlässlich des am 18. Oktober
stattfindenden europäischen Tags gegen Menschenhandel stellt sich die
Frage, welche Maßnahmen gesetzt werden, um Menschenhandel effektiv zu
bekämpfen.
- https://home-affairs.ec.europa.eu/policies/internal-security/organised-crime-and-human-trafficking/together-against-trafficking-human-beings/eu-countries/austria_en
- https://www.coe.int/en/web/anti-human-trafficking/austria
- https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Zentrale/Aussenpolitik/Menschenrechte/Beilage_1_VI._Nationaler_Aktionsplan_zur_Bekaempfung_des_Menschenhandels__NAP__2021-2023.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- In dem Nationalen Aktionsplan zur
Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2023) sind 37 Aktionen zur
Bekämpfung des Menschenhandels aufgelistet, die seitens Ihres
Ressorts z.T. oder gänzlich umgesetzt werden sollen. Wie viele
Maßnahmen wurden vollinhaltlich umgesetzt? Bitte um
detaillierte Auflistung und Schilderung nach Maßnahme sowie
Zeitpunkt der Umsetzung.
- Welche Maßnahmen wurden nur
z.T. umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach
Maßnahme.
i. Mit welchem Ergebnis?
- Welche Maßnahmen wurden
nicht umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach
Maßnahme.
i. Warum nicht?
ii. Wann und wodurch ist eine Umsetzung jeweils geplant?
- Ist ein weiterer Aktionsplan zur
Bekämpfung des Menschenhandels für die Jahre 2024 ff. aktuell in
Ausarbeitung?
- Wenn ja, wann wurden
welche konkreten Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt?
- Wenn ja, worauf soll sein Fokus
liegen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Im Jahr 2020 ergingen seitens GRETA
eine Reihe an Empfehlungen, die u.a. durch Ihr Ressort umgesetzt werden
sollen (S.56 ff.). Wurden die Empfehlungen zur Bekämpfung des
Menschenhandels umgesetzt betreffend
- Recht auf Information?
- Rechtsbeistand und kostenlose
Rechtshilfe?
- Zugang zu Arbeit, Berufsausbildung
und Bildung?
- Ermittlungen, Strafverfolgung,
Sanktionen?
- Schutz von Opfern und
Zeug:innen?
- Spezialisierte Behörden und
Koordinierungsstellen?
- internationale Kooperation?
- kindergerechte Verfahren?
- Maßnahmen zur Verhinderung und
Aufdeckung von Korruption?
- Entwicklung des institutionellen und
politischen Rahmens für Maßnahmen gegen den Menschenhandel?
- Datenerhebung?
- Maßnahmen zur Verringerung der
Nachfrage?
- Maßnahmen zur Verhinderung und
Bekämpfung des Menschenhandels zum Zwecke der Arbeitsausbeutung?
- Identifizierung der Opfer des
Menschenhandels?
- Identifizierung von Opfern des
Kinderhandels und kinderspezifische Unterstützung?
- Unterstützung der Opfer?
- Erholungs- und Bedenkzeit?
- Aufenthaltstitel?
- Zu a. bis r.: Bitte um detaillierte
Auflistung und Schilderung nach Maßnahme sowie Zeitpunkt der
Umsetzung.
- Wie viele Empfehlungen von GRETA
wurden vollinhaltlich umgesetzt?
- Welche Maßnahmen wurden nur
z.T. umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach
Maßnahme.
i. Mit welchem Ergebnis?
- Welche Maßnahmen wurden
nicht umgesetzt? Bitte um detaillierte Auflistung und Schilderung nach
Maßnahme.
i. Warum nicht?
ii. Wann und wodurch ist eine Umsetzung jeweils geplant?
- Wie hoch war 2022 und 2023 das Budget
für Präventionsmaßnahmen gegen Menschenhandel?
- Welche Maßnahmen wurden jeweils
wann und mit welchem Ergebnis gesetzt?
- Laut 10631/AB wurde Anfang des Jahres
2022 ein Konzept für eine österreichweite
„Schutzeinrichtung für Kinder/Jugendliche, die vom Kinderhandel
in Österreich betroffen sind“ erarbeitet, dessen Finanzierung
geprüft werden sollte. Wurde die Finanzierung des Konzepts
mittlerweile geprüft?
- Wenn ja, wann und mit welchem
Ergebnis?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurde das Konzept
„Schutzeinrichtung für Kinder/Jugendliche, die vom Kinderhandel
in Österreich betroffen sind“ mittlerweile umgesetzt?
- Wenn ja, wann, inwiefern und mit
welchem Ergebnis?
- Wenn nein, warum nicht?
- Inwiefern erfolgt eine Zusammenarbeit
mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Bekämpfung des
Menschenhandels?
- Welche Projekte welcher
Organisationen werden unterstützt?
- Wie viele Strafanzeigen aufgrund von
§ 104a StGB gab in den Jahren 2022 und 2023?
- Wie viele Ermittlungen wurden
durchgeführt?
- Wie viele Tatverdächtige wurden
identifiziert?
- Wie viele (potenzielle) Opfer wurden identifiziert?
i. Wie viele davon waren minderjährig?
ii. Wie viele davon waren Frauen?
iii. Wie viele davon waren Asylwerber:innen?
iv. Von welchen Formen des Menschenhandels jeweils?
- Wie viele Strafanzeigen aufgrund von
§ 205a StGB gab in den Jahren 2022 und 2023?
- Wie viele Ermittlungen wurden
durchgeführt?
- Wie viele Tatverdächtige wurden
identifiziert?
- Wie viele (potenzielle) Opfer wurden
identifiziert?
i. Wie viele davon waren minderjährig?
ii. Wie viele davon waren Frauen?
iii. Wie viele davon waren Asylwerber:innen?
iv. Von welchen Formen des Menschenhandels jeweils?
- Gibt es seitens Ihres Ressorts
Schätzungen, wie viele Menschen in Österreich aktuell Opfer von
Menschenhandel sind?
- Wenn ja, welche?
- Wie viele (potenzielle) Opfer von
Menschenhandel wurden außer Landes gebracht, nachdem sie als solche
identifiziert worden sind? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr seit
2016, Nationalität und Alter.
- Wie viele geschleppte Menschen wurden
in den Jahren 2022 und 2023 auch als Opfer des Menschenhandels
identifiziert?
- Gibt es seitens Ihres Ressorts
Maßnahmen zur Identifizierung (potentieller) Opfer von
Menschenhandel unter geschleppten Menschen?
i. Wenn ja, welche?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Welchen Informationen- und
Datenaustausch gibt es auf EU-Ebene zur besseren Identifizierung von
Opfern von Menschenhandel?
- Im Rahmen einer
staatenübergreifenden Operation gegen Menschenhandel, an der
Österreich sich beteiligte, wurden in Österreich sieben
potenzielle Opfer identifiziert und fünf Verdächtige aus
Rumänien und China ausfindig gemacht. Es wurden fünf
internationale Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels eingeleitet. Wie
kam es zur Leitung dieser Operation durch Österreich? Wer setzte die
Initiative?
- Wie wurde in der Folge verfahren und
mit welchem Ergebnis?
- Was passierte mit den sieben
Opfern?
- Seit 2016 ist dient das Joint
Operational Office (JOO) laut BMI als verlängerter Arm von Europol
und koordiniert sowohl nationale als auch internationale
Ermittlungsverfahren. Wie viele Ermittlungsverfahren betreffend
Menschenhandel koordinierte das JOO seit seiner Gründung im Mai
2016?
- Wie viele davon waren national, wie
viele international?
i. Auf Basis welcher Rechtsgrundlage ist das JOO tätig?
Wie kommt es zur Koordinierung von internationalen Ermittlungsverfahren durch
Österreich?
ii. Wo ist das JOO angesiedelt?
- Mit welchem Ergebnis?
- Wie viel kostete das JOO seit
Gründung im Mai 2016?
- Wie viele Personen sind iZm dem JOO
beschäftigt?
- Handelt es sich um Bedienstete der EU
oder des Bundes?
- Was ist der Mehrwert des JOO im
Vergleich zu Europol?
- Wie oft besteht ein Austausch mit
Europol?
- Welche Informationen werden in
welchen zeitlichen Abständen wie oft an welche Stakeholder
weitergeleitet?
- Laut 9374/AB werden "die
Tätigkeiten des JOO (...) regelmäßig in den dafür
vorgesehenen Gremien evaluiert und auf Basis dieser Evaluierungen und der
jeweils aktuellen Migrationslage weitere Initiativen gesetzt": Was
sind die für die Evaluierung der Tätigkeiten des JOO
vorgesehenen Gremien? Wer ist dafür zuständig?
- Wie oft und in welchen zeitlichen Abständen
wurden die Tätigkeiten der JOO seit 2016 evaluiert?
i. Mit welchem Ergebnis?