1660/J XXVII. GP
Eingelangt am 22.04.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Kai Jan Krainer,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Fehlende gesetzliche Regelung betreffend Geschäftsraummieten
Die Frage, ob Betriebe, die von ein m behördlichen Vertretungsverbot betroffen sind, Miete für ihre Geschäftsräumlichkeiten zahlen muss oder nicht, beschäftigt zehntausende österreichische Unternehmen - deren Existenz gewaltig bedroht ist - seit mittlerweile 4 Wochen. In diesen 4 Wochen ist es der Bundesregierung weder gelungen eine einfache einheitliche gesetzliche KlarsteIlung zu erreichen noch konnte man in der Regierung zu einer einheitlichen Rechtsauffassung kommen.
Was das Justizministerium, das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium in dieser Frage tun, kommt einem beispiellosen Schildbürgerstreich gleich.
Das Justizministerium ist der Auffassung, dass die Geschäftsraummieten nicht zu zahlen sind.
Dazu führte die Justizministerin im Nationalrat schon am 20. März 2020 aus:
"Zur konkreten Frage der Geschäftsraummiete: Es stellen sich berechtigterweise viele Menschen die Frage, was nun mit den Geschäftsräumlichkeiten passiert, ob man die Miete nun zahlen muss. Ich möchte deswegen hier klarstellen, dass nach der Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Justiz - natürlich unvorgreiflich der unabhängigen Rechtsprechung - für den Fall, dass der Geschäftsraummieter seine Geschäftsräumlichkeiten aufgrund der gesetzten Maßnahmen derzeit nicht nutzen kann, bereits vorgesorgt ist.
Das ABGB sieht nämlich sehr wohl gesetzliche Regelungen vor. Man kann nun natürlich auf akademischer Ebene darüber streiten, ob § 1104 oder § 1096 zur Anwendung kommt. Klar ist deswegen möchte ich das aus Sicht des Justizministeriums feststellen -, dass aus unserer Sicht, aus der Sicht der Rechtsauffassung des Justizministeriums, feststeht, dass der Vermieter das Risiko dafür trägt, dass der Geschäftsraum wegen außerordentlicher Zufälle nicht gebraucht werden kann. Dem Mieter einer Geschäftsräumlichkeit steht daher je nach dem Grad der Einschränkung eine Mietzinsminderung oder auch ein gänzlicher Mietzinsentfall zu. Das hängt natürlich von den Umständen des Einzelfalls und auch vom Vertrag ab, aber es war mir wichtig, das einfach klarzustellen."
Diese Auffassung des Justizministeriums teilt das Wirtschaftsministerium offenbar nicht. Anders ist nämlich nicht zu erklären, dass die Bundesimmobiliengesellschaft des Bundes (BIG) betroffene Mieter, die den Erlass des Mietzinses für den Zeitraum des behördlichen Betretungsverbots begehren, mit dem Angebot einer Stundung abspeist. Die BIG - und damit das Wirtschaftsministerium als Eigentümervertreter - verwehren betroffenen Unternehmen den Erlass des Mietzinses, obwohl aufgrund der Rechtsauffassung des Justizministeriums ein Mietzinsentfall geboten wäre. Stattdessen verweist die BIG (zu 100% im Eigentum der Republik) auf die Coronahilfsfonds für Unternehmen und empfiehlt den betroffenen Betrieben, sich das Geld für die Miete über diese Fonds zurückzuholen.
Die Kirsche auf der Torte dieses Schildbürgerstreichs liefert das Finanzministerium. Im Nothilfefonds des BMF sollen nämlich teilweise nichtrückzahlbare Zuschüsse, die sich an den Fixkosten der Unternehmen orientieren, gewährt werden. Auf der Homepage des BMF werden Beispiele für Fixkosten angeführt und dort findet sich folgender Text:
"Grundsätzlich Geschäftsraummieten (wenn der Mietzins nicht reduziert werden konnte und in unmittelbaren Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit steht )"
Zur KlarsteIlung was hier passiert. Die Republik - in Gestalt des Justizministeriums - vertritt mit dem Verweis auf das ABGB die rechtliche Ansicht, dass betroffene Betriebe den Mietzins für Geschäftslokale, über die ein Betretungsverbot verhängt wurde, nicht bezahlen müssen. Die gleiche Republik - in Form des Wirtschaftsministeriums, hier vertreten durch die BIG - verweigert aber den Mietern diesen Entfall des Mietzinses und schickt die Unternehmen zum BMF. Das BMF führt im Rahmen des Corona Hilfs-Fonds als Beispiel für nichtrückzahlbare Zuschüsse Geschäftsraummieten an, allerdings nur dann wenn "der Mietzins nicht reduziert werden konnte".
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1)Teilen Sie die gesetzliche Einschätzung der Justizministerin, die sie im Rahmen der Plenarsitzung vom 20. März 2020 ausgeführt hat?
a. Wenn ja, warum führen Sie ausgerechnet Geschäftsraummieten als Beispiel für nichtrückzahlbare Zuschüsse auf der Homepage des BMF an?
b. Wenn nein, haben Sie angeregt eine gesetzliche KlarsteIlung zu veranlassen?
2) Planen Sie einen grundsätzlichen Ersatz von Geschäftsraummieten aus dem Corona Hilfs-Fonds - also aus dem allgemeinen Steuertopf - obwohl nach Ansicht des Justizministeriums der Vermieter für diesen Schaden aufkommen müsste?
a. Wenn ja, wie begründen Sie dieses - aus Sicht des Justizministeriums - rechtswidrige Vorgehen?
b. Wenn nein, welche Kriterien werden Sie hier anlegen?
i. Muss das betroffene Unternehmen nachweisen,
dass die Nichtbezahlung
des Mietzinses auf dem Rechtsweg erkämpft wird?![]()
3) Mit wie vielen Anträgen für Zuschüsse für Geschäftsraummieten rechnen Sie insgesamt?
4) Ist Ihnen bekannt, dass die BIG in einigen Fällen bei betroffenen Unternehmen lediglich eine Stundung des Mietzinses nicht aber eine Reduktion/Erlass anbietet?
a. Wie stehen Sie zu dieser Tatsache? Halten Sie diese Vorgangsweise der BIG für rechtlich gedeckt?
b. Werden Sie diesbezüglich ein klärendes Gespräch mit der Wirtschaftsministerin suchen?
c. Werden Sie Unternehmen, die bei der BIG eingemietet sind Zuschüsse für bezahlte Geschäftsraummieten für die Zeit des behördlichen Betretungsverbotes gewähren?
i. Wenn ja, auch welcher rechtlichen Grundlage passiert das?
ii. Wenn nein, werden Sie Unternehmen empfehlen die entsprechende Reduktion bzw. den Erlass der Geschäftsraummieten bei der BIG einzuklagen?