16624/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.10.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Primärversorgungszentren und Kassenarztstellen im Bundesland Tirol

 

 

Eine Pressemitteilung der Tiroler Tageszeitung vom 18. September 2023 lässt aufhorchen:[1]

 

TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Ausgabe vom Montag, 18. September 2023, von Anita Heubacher: "Wo bleibt denn nun der Krisenstab?"

 

Während in der Pandemie die Gesundheitspolitik in den Fokus rückte und ein Auftritt der Bundes- und Landespolitik den nächsten jagte, herrscht nun Funkstille. Patienten am Gang und verschobene OPs sind jetzt offenbar keine Krise.

 

Tirol hinkt nach. Während in Wien, Nieder- und Oberösterreich und in der Steiermark jeweils an die zehn Primärversorgungseinheiten aus dem Boden gestampft wurden, heißt es in Tirol noch immer warten. Die Ärztezentren mit dem sperrigen Namen sollen das bringen, wovon Patienten immer weiter entfernt sind. Versorgungssicherheit, längere Öffnungszeiten der Ordinationen, mit der E-Card eine Leistung abrufen und nicht zum Wahlarzt gehen und viel selbst bezahlen zu müssen. Kassenärzte sind zum Teil überlaufen, nehmen keine Patienten mehr auf, Stellen bleiben unbesetzt.


Aus Sicht der Patienten ist es unerheblich, wer den Start der Primärversorgungseinheiten in Tirol hinausgezögert hat. Die Ärztekammer, die Österreichische Gesundheitskasse oder mangelnder Druck seitens der Landespolitik. Land und Kasse legen nun finanziell nach, versüßen mit umfassender finanzieller Unterstützung den Ärzten den Start im Ärztezentrum. Land und Gesundheitskasse bezahlen dem Ärzteteam einen Manager, der den Laden schmeißt, und zusätzliches Personal von der Sozialarbeiterin bis hin zum Logopäden, um überhaupt eine Primärversorgungseinheit an den Start zu bekommen. Andere Bundesländer haben es ohne zusätzliche Fördervereinbarung geschafft. Die Mehrkosten in Tirol bezahlt der Steuerzahler.


Dabei hat der Steuerzahler bereits eine Rechnung bezahlt, nämlich die für die Sozialversicherung. Daraus resultiert ein gesetzlicher Versorgungsauftrag. Den können im niedergelassenen Bereich die Kassenärzte immer weniger gewährleisten und die Spitäler offenbar auch nicht. Seit Monaten weisen Pflege und Ärzteschaft darauf hin, dass Patienten aufgrund des Personalmangels lange auf Operationen warten müssen, dass Patienten, selbst wenn sie Schmerzen haben, abgewiesen werden. Sogar am Gang müssen Patienten liegen, weil Klinikchefs stundenlang ein freies Bett samt Betreuung suchen müssen. Inzwischen sagt auch die Klinikleitung, dass planbare Operationen ein dehnbarer Begriff geworden sind.


Wo bleibt denn nun der Krisenstab? Denn eine Krise des Gesundheitssystems ist offensichtlich. Spitals- und Ärztedichte sind in Österreich hoch. Nur getraut sich niemand, Spitäler zu durchforsten und zu schauen, was es wo braucht. Eine echte Spitalsreform wollte man nach der Pandemie weder auf Bundes- noch auf Landesebene angehen, obwohl gerade die Pandemie gezeigt hat, wie nötig eine solche Reform wäre.


Auf der Strecke bleiben immer mehr Patienten. Das ist ungeheuerlich und ein Skandal.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Primärversorgungszentren mit welchen Standorten gibt es zum Stichtag 1. September 2023 im Bundesland Tirol?

2.    Wann wurden diese Primärversorgungszentren im Bundesland gegründet bzw. eröffnet?

3.    Welche Fachbereiche, d.h. Allgemeinmediziner und Fachärzte sowie weitere Gesundheitsberufe, umfassen diese zum Stichtag 1. September 2023 im Bundesland Tirol bestehenden Primärversorgungszentren?

4.    Für welche weiteren Standorte im Bundesland Tirol sollen Primärversorgungszentren bis zum 1. Jänner 2024 gegründet bzw. eröffnet werden?

5.    Welche Fachbereiche, d.h. Allgemeinmediziner und Fachärzte sowie weitere Gesundheitsberufe, sollen diese bis zum 1. Jänner 2024 gegründeten bzw. eröffneten Primärversorgungszentren im Bundesland Tirol umfassen?

6.    Für welche weiteren Standorte im Bundesland Tirol sollen Primärversorgungszentren bis zum 1. Jänner 2025, 1. Jänner 2026, 1. Jänner 2027, 1. Jänner 2028, 1. Jänner 2029 und 1. Jänner 2030 jeweils gegründet bzw. eröffnet werden?

7.    Welche Fachbereiche, d.h. Allgemeinmediziner und Fachärzte sowie weitere Gesundheitsberufe, sollen diese bis 1. Jänner 2025, 1. Jänner 2026, 1. Jänner 2027, 1. Jänner 2028, 1. Jänner 2029 und 1. Jänner 2030 gegründeten bzw. eröffneten Primärversorgungszentren im Bundesland Tirol jeweils umfassen?

8.    Wie hat sich die Anzahl der besetzten Kassenvertragsstellen für Allgemeinmedizin und Fachmedizin in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 (Stichtag 1. Jänner 2023) im Bundesland Tirol entwickelt?

9.    Mit welchen Abgängen bzw. Neuzugängen bei Kassenvertragsstellen in welchen Fachbereichen, d.h. Allgemeinmediziner und Fachärzte, rechnen Sie als Gesundheitsminister in den Jahren 2024, 2025, 2026, 2027, 2028, 2029 und 2030?

 



[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230917_OTS0036/tiroler-tageszeitung-leitartikel-ausgabe-vom-montag-18-september-2023-von-anita-heubacher-wo-bleibt-denn-nun-der-krisenstab