16637/J XXVII. GP
Eingelangt am 18.10.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Clemens Stammler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Umsetzung der „naBe“-Kriterien im Bereich Lebensmittel durch die Bundesbeschaffung GmbH (BBG)
Im Juni 2022 wurde der überarbeitete „Aktionsplan zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung“, kurz naBe, beschlossen. Die Kriterien zur Beschaffung der insgesamt 16 Produktgruppen wurden vor allem hinsichtlich der ökologischen Auswirkungen der Produkte und somit der öffentlichen Beschaffung maßgeblich überarbeitet.
Im Lebensmittelbereich können insbesondere folgende Kriterien hervorgehoben werden:
- Ein Mindestanteil an biologischen Lebensmitteln (monetärer Anteil) muss eingehalten werden. Die Mindestanteile betragen 25% ab 2023, 30% ab 2025, und 55% ab 2030.
- Ein Mindestanteil des beschafften Schweinefleischs bzw. der verarbeiteten Schweinefleischprodukte muss aus Haltung mit höheren Tierwohl-Standards kommen, entsprechend dem AMA Gütesiegel „Mehr Tierwohl“. Diese Standards umfassen u.a. 60% mehr Platz und einen eingestreuten Liegebereich. Die Mindestanteile betragen min. 5% ab 2021, min. 25% ab 2023, min. 50% ab 2025, und 100% ab 2030.
- Ein Mindestanteil des beschafften Schweine-, Rinder- oder Kalbsfleischs bzw. der entsprechenden Verarbeitungsprodukte muss aus GVO-freier Fütterung stammen. Die Mindestanteile betragen min. 5% ab 2021, min. 40% ab 2023, und 100% ab 2025.
Weitere Kriterien sind etwa die generelle Einhaltung der ersten Tierhaltungs-verordnung, GVO-freie Fütterung bei Eiern und Geflügelfleisch, sowie mindestens die Einhaltung der Kriterien des AMA Gütesiegels „Mehr Tierwohl“ oder Almhaltung oder Weidehaltung bei Rindfleisch und Verarbeitungsprodukten.
Die genannten Kriterien können maßgeblich dazu beitragen, Absatzmöglichkeiten für österreichische Bäuerinnen und Bauern zu schaffen, die biologisch wirtschaften bzw. die in den Haltungsstandards ihrer Tiere deutlich über das gesetzlich vorge-schriebene Mindestmaß hinausgehen. Dies ist von großer Bedeutung für die Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft, sowie für den positiven Fortgang des Umstellungsprozesses Richtung mehr Tierwohl, in dem sich besonders die Schweinebranche nach den Beschlüssen zum Tierschutzgesetz und zur 1. Tierhaltungsverordnung im Sommer 2022 befindet.
Insbesondere dort, wo Großküchen des Bundes direkt Lebensmittel beschaffen, ist die Abfrage von Lebensmitteln über die Rahmenverträge der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) von großer Bedeutung.
In vergangenen Ausschreibungen wurden jedoch häufig Bio-Anteile weit unter den im Jahr 2023 vorgesehenen 25% ausgeschrieben, und auch nicht immer ein eigenes Bio-Los ausgeschrieben. Die fehlenden eigenen Bio-Lose führen dazu, dass einerseits auf Bio spezialisierte Lieferant:innen sich gar nicht auf die Ausschreibung bewerben können, und andererseits von gemischten bzw. auf konventionelle Ware spezialisierte Händler:innen Bio-Ware für bestimmte Produkte gar nicht geliefert werden kann, obwohl sie bei anderen – spezialisierteren – Händler:innen verfügbar wäre. Die Rahmenverträge mit sehr geringen Bio-Anteilen könnten dazu führen, dass weniger Bio-Lebensmittel als im naBe vorgesehen abgerufen werden können.
Seitens des BMF gab es bereits 2010 eine Weisung an die Geschäftsführung der BBG, den Bundesminister:innen für ihre jeweiligen Ressortbereiche und die Bereiche der nachgeordneten Dienststellen bei Beschaffungsvorgängen Verträge zur Verfügung zu stellen, die den im NAP angeführten ökologischen Kriterien entsprechen. Im Juli 2023 wurde eine ergänzende Weisung erteilt, die klarstellte, dass auch die Inhalte des im Juni 2021 aktualisierten naBe anzuwenden seien und die Konformität mit dem naBe entsprechend auszuweisen wäre.
Auf die Auskunftspflicht des Aufsichtsrats der BBG gegenüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß § 9 Abs. 3 BB-GmbH-Gesetz, die Auskunftspflicht der Geschäftsführung der BBG gegenüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß § 8 Abs. 3 BB-GmbH-Gesetz, sowie die oben angeführten Weisungen wird hingewiesen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Welche Rahmenverträge für den Bezug von Lebensmitteln sind derzeit seitens der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) in Kraft? Bitte um Aufschlüsselung nach Ausschreibung bzw. Produktgruppe, sowie um Angabe des/der Auftragnehmer:innen, des Vertragszeitraums, des Ausschreibungszeitraums, Angabe ob eigene Bio-Lose ausgeschrieben waren, des in der Ausschreibung angeforderten und des schlussendlich vertraglich vereinbarten Bio-Anteils, sowie des geplanten Zeitraums für neue Ausschreibungen im Lebensmittelbereich.
2) Entspricht der Bio-Anteil der Verträge den im naBe für 2023 festgelegten mindestens 25% bzw. den für 2025 festgelegten mindestens. 30%?
a. Falls nein, wieso wurde nicht bereits in der Ausschreibung der BBG der im naBe festgelegte Bio-Anteil auch in der Ausschreibung berücksichtigt?
b. Falls nein, besteht die Möglichkeit, trotz niedrigerer Bio-Anteile, dass die beschaffenden öffentlichen Institutionen insgesamt dennoch einen höheren Anteil sowie insgesamt eine höhere Menge als vertraglich vereinbart abrufen?
c. Falls nein, ist die BBG an die Auftragnehmer:innen herangetreten, um einen höheren Bio-Anteil auch vertraglich nachträglich zu vereinbaren?
i. Falls ja, bitte um Darlegung der bisherigen Ergebnisse.
ii. Falls nein, bitte um Begründung.
d. Falls keine eigenen Bio-Lose ausgeschrieben wurden, weshalb wurde dies nicht gemacht?
3) Welche Rahmenverträge für Schweinefleisch, für Rind- und Kalbfleisch, sowie für Fleischzubereitungen und verarbeitete Produkte inkl. Wurst von Schwein, Rind und Kalb sind derzeit in Kraft? Bitte um Aufschlüsselung nach Ausschreibung bzw. Produktgruppe, sowie um Angabe des/der Auftragnehmer:innen, des Vertragszeitraums, des Ausschreibungszeitraums, des in der Ausschreibung angeforderten und des schlussendlich vertraglich vereinbarten Anteils an Fleisch aus Haltung mit „Mehr Tierwohl“ sowie Fleisch aus GVO-freier Fütterung, sowie des geplanten Zeitraums für die Neu-Ausschreibung.
4) Entspricht der vertraglich festgelegte Anteil an Schweinefleisch und Schweinefleischzubereitungen inkl. Wurst aus „Mehr Tierwohl“ den im naBe im Jahr 2023 geforderten 25%, bzw. den im Jahr 2025 geforderten 50%?
a. Falls nein, wieso wurde nicht bereits in der Ausschreibung der im naBe festgelegte Anteil an Fleisch aus „Mehr Tierwohl“-Haltung auch in der Ausschreibung berücksichtigt?
b. Falls nein, besteht die Möglichkeit, trotz niedrigerer Anteile von Fleisch aus „Mehr Tierwohl“-Haltung im Vertrag, dass die beschaffenden öffentlichen Institutionen insgesamt dennoch einen höheren Anteil sowie insgesamt eine höhere Menge als vertraglich vereinbart abrufen?
c. Falls nein, ist die BBG an die Auftragnehmer:innen herangetreten, um einen höheren Anteil an Fleisch aus „Mehr Tierwohl“ auch vertraglich nachträglich zu vereinbaren?
i. Falls ja, bitte um Darlegung der bisherigen Ergebnisse.
ii. Falls nein, bitte um Begründung.
5) Entspricht der Anteil an Fleisch aus GVO-freier Fütterung bei Fleisch, Fleischzubereitungen und verarbeiteten Produkte inkl. Wurst von Schwein, Rind oder Kalb den laut naBe im Jahr 2023 geforderten 40%, bzw. den im Jahr 2025 geforderten 100%?
a. Falls nein, wieso wurde nicht bereits in der Ausschreibung der im naBe festgelegte Anteil an Fleisch aus GVO-freier Fütterung auch in der Ausschreibung berücksichtigt?
b. Falls nein, besteht die Möglichkeit, trotz niedrigerer Anteile von Fleisch aus GVO-freier Fütterung im Vertrag, dass die beschaffenden öffentlichen Institutionen insgesamt dennoch einen höheren Anteil sowie insgesamt eine höhere Menge als vertraglich vereinbart abrufen?
c. Falls nein, ist die BBG an die Auftragnehmer:innen herangetreten, um einen höheren Anteil an Fleisch aus GVO-freier Fütterung auch vertraglich nachträglich zu vereinbaren?
i. Falls ja, bitte um Darlegung der bisherigen Ergebnisse.
ii. Falls nein, bitte um Begründung.
6) Welche (weiteren) Qualitäts- und Haltungsanforderungen gelten derzeit innerhalb der bestehenden Rahmenverträge für Fleisch und verarbeitete Produkte von Schwein, Rind und Kalb, sowie Geflügel?
7) Welche Qualitäts- und Haltungsanforderungen gelten derzeit innerhalb der bestehenden Rahmenverträge für Milch und Milchprodukte, sowie für Frischeier, Flüssigeier und Eipulver?
8) Wird bei zukünftigen Ausschreibungen der BBG im Lebensmittelbereich jeweils mindestens der höchste im naBe festgelegte im Vertragszeitraum gültige Bio-Anteil angefordert werden?
a. Falls nein, warum nicht?
9) Wird bei zukünftigen Ausschreibungen der BBG jeweils mindestens der höchste im naBe festgelegte, im Vertragszeitraum gültige Anteil an „Mehr Tierwohl“ bei Schweinefleisch und verarbeiteten Produkten, sowie Anteil an GVO-freier Fütterung bei Schweine-, Rind- und Kalbfleisch und verarbeiteten Produkten, angefordert werden?
a. Falls nein, warum nicht?
10) Wird die BBG in Zukunft bei allen Lebensmittelgruppen eigene Bio-Lose ausschreiben?
a. Falls nein, warum nicht?
b. Falls ja, werden auch regionale Bio-Lose ausgeschrieben, so wie dies bei Lebensmittel-Ausschreibungen zum Teil üblich ist, damit regionale Anbieter:innen eine Möglichkeit haben sich zu bewerben?
11) Im e-shop der BBG besteht unserer Information nach die Möglichkeit, nach naBe-konformen Produkten zu filtern. Welche Kriterien müssen Lebensmittel erfüllen, damit sie als naBe-konform gelten?
a. Werden Lebensmittel, die nicht aus biologischer Erzeugung stammen, Schweinefleisch, das nicht aus „Mehr Tierwohl“-Haltung stammt, und Schweine-, Rind- und Kalbsfleisch, das nicht aus GVO-freier Fütterung stammt, als naBe-konform deklariert?
i. Falls ja, wird den beschaffenden Institutionen leicht auffindbar dargelegt, dass in diesen Fällen die Einhaltung der naBe-Kriterien nicht vollständig gegeben ist, da die Institutionen noch selbst auf die Einhaltung der ansteigenden Quoten bzgl. Bio, „Mehr Tierwohl“, und GVO-freier Fütterung achten müssen? Bitte um Erläuterung, wie diese Information dargeboten wird.
12) Gibt es weitere Services, die die BBG anbietet, um den öffentlichen Institutionen die naBe-konforme Beschaffung zu erleichtern? Bitte um Auflistung und Beschreibung dieser Services.