16709/J XXVII. GP
Eingelangt am 19.10.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Christian Ragger
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend Opfer von „Taubstummenanstalten“ entschädigen
Der ORF hat in seinem Online-Medium am 8. Oktober 2023 folgendes berichtet:[1]
Volksanwalt: Opfer von „Taubstummenanstalten“ entschädigen
Viele gehörlose Kinder haben in „Taubstummenanstalten“ in Österreich während ihres Aufenthalts zwischen 1945 und 1999 Gewalt erlebt. Mädchen und Buben seien dort geschlagen und misshandelt worden. Auch das Kommunizieren in Gebärdensprache sei verhindert worden, hieß es von Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ) heute. Während viele der Opfer über ihr Bundesland finanzielle Entschädigungen erhalten, bekämen Betroffene aus Bundeseinrichtungen nichts.
Menschen, die in solchen vom Bund geführten Internaten waren, können wie andere Heimopfer auch über die Volksanwaltschaft eine monatliche Heimopferrente beziehen. Die meisten Bundesländer zahlen nach Angaben von Achitz unabhängig davon auch eine pauschale Entschädigung aus, die bis zu 30.000 Euro ausmachen kann.
Ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen des Bundes erhielten aber keine Entschädigung, kritisierte Achitz in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“. Er forderte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) auf, dass auch die Republik wieder Entschädigungen zahlen solle.
Achitz: Frist zu knapp bemessen
Vor allem gehörlose Kinder aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland waren in den vom Bund geführten „Taubstummenanstalten“ in Wien-Speising und Kaltenleutgeben in Niederösterreich untergebracht.
Opfer von Gewalttaten in diesen Heimen hätten bis Ende 2019 einen Antrag stellen müssen: „Es ist dringend notwendig, dass der Bund wieder Entschädigungen auszahlt, denn viele Betroffene haben erst nach 2019 von der Möglichkeit erfahren. Oder sie haben davon gewusst, waren aber aus Angst vor Retraumatisierung erst später in der Lage, sich ihren Qualen noch einmal zu stellen und einen Antrag abzugeben“, so Achitz.
Unabhängig von Entschädigungen des Heimträgers bzw. dessen Rechtsnachfolgers können sich Opfer an die Volksanwaltschaft wenden und eine Heimopferrente beantragen. Diese beträgt 367,50 Euro monatlich, wird vom Staat gezahlt und von der Volksanwaltschaft organisiert.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung nachstehende
Anfrage
1. Wie viele Fälle von Gewalt und Misshandlung in sog. „Taubstummenanstalten“ aus der Zeit von 1945 und 1999 wurden bislang dokumentiert?
2. Wie gliedern sich diese Fälle nach Bundesland und Art der Einrichtung (Bund oder Land)?
3. Bei wie vielen dieser Fälle wurde in welcher Höhe eine Heimopferrente oder ein Pauschalbetrag gewährt, gegliedert nach Bundes- und Landeseinrichtungen?
4. Warum haben bislang Bundeseinrichtungen keine Entschädigungen gezahlt?
5. Wollen Sie diesen Umstand abstellen?
a. Wenn ja, mit welchen Maßnahmen?
b. Wenn nein, warum nicht?
6. Wie viele Fälle von Gewalt und Misshandlung in sog. „Taubstummenanstalten“ aus der Zeit von1945 und 1999 wurden bisher nicht abgegolten?
7. Wollen Sie diesen Umstand abstellen?
a. Wenn ja, mit welchen Maßnahmen?
b. Wenn nein, warum nicht?
8. Befürworten Sie, dass wieder Entschädigungszahlungen durch die Republik an Opfer von Gewalt und Misshandlung in sog. „Taubstummenanstalten“ geleistet werden sollen?
9. Warum gab es nur die sehr kurze Antragsfrist auf Entschädigungen mit Ende 2019?
10. Können sich Opfer von Gewalt und Misshandlung in sog. „Taubstummenanstalten“ aus der Zeit von 1945 und 1999, die bis Ende 2019 keinen Antrag gestellt haben, noch irgendwelche Entschädigungen erwarten?
a. Wenn ja, wie?
b. Wenn nein, wollen Sie das ändern und wenn ja, inwiefern?
11. Befürworten Sie eine Anhebung der Heimopferrente?
a. Wenn ja, auf welche Höhe?
b. Wenn nein, warum nicht?
c. Wenn nein, warum soll diese nicht valorisiert werden?
12. Welche Änderungen im Heimopferrentensystem (insbesondere bei Opfern von Gewalt und Misshandlung in sog. „Taubstummenanstalten“) befürworten Sie?
13. Welche Maßnahmen wollen Sie dazu setzen?