16722/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.10.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Ermittlungen wegen Begehung antisemitischer Handlungen am Wiener Stadttempel

 

In den vergangenen zwei Wochen, also seit dem Pogrom der Terrororganisation Hamas gegen Zivilist:innen in Israel, gab es in Österreich 76 antisemitische Vorfälle. Es ist außerdem von einer weit höheren Dunkelziffer auszugehen, auch wurden noch nicht alle antisemitischen Sachverhalte erfasst.1

In den frühen Morgenstunden am 21.10.2023 kam es zu einem weiteren antisemitischen Vorfall in der Wiener Innenstadt, wo verhetzende Parolen gerufen und die israelische Flagge, die am Stadttempel (die Hauptsynagoge Wiens Anm.) angebracht war, aus der Verankerung gerissen wurde. Der Vorfall ist durch ein Video dokumentiert, das auf TikTok veröffentlicht wurde und regen Zuspruch erhielt. Zu sehen ist, wie ein Mann eine Frau auf die Schultern nimmt, die in weiterer Folge die Fahne herunterreißt. Daneben steht eine junge Frau und imitiert ein Maschinengewehr, das sie auf die Israel-Fahne zielt. Die Einsatzkräfte stellten die heruntergerissene Fahne später sicher. Ein Zeuge wurde laut Polizei beim Versuch, die Frau anzuhalten, von einem anderen Mann im Gesicht verletzt.

Eine Sicherung der Videos von Kameras in der unmittelbaren Tatortnähe wurde veranlasst. Es ermittelt laut ORF das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Wien wegen des Verdachts der Verhetzung, Sachbeschädigung und Körperverletzung.2

Weiters konnte die Polizei bisher eine 17-Jährige ausfindig machen und zu den Tatvorwürfen vernehmen. Sie zeigte sich zur Sachbeschädigung geständig, bestreitet jedoch die Vorwürfe der Verhetzung. Die 17-Jährige wurde auf freiem Fuß angezeigt. Ermittlungen zu weiteren Tatverdächtigen laufen.3

Dieser antisemitische Angriff ereignete sich just drei Tage nachdem Innenminister Karner in einer Pressekonferenz am 18.10.2023 die Terrorwarnstufe bundesweit auf die zweithöchste angehoben hatte. Zuletzt war dies nach dem Terrorattentat am 2.11.2020 in Wien der Fall gewesen.

Im Zuge der Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen sollen 190 „besonders geschulte Kräfte“ des Bundesheers „überwiegend zum Schutz jüdischer Einrichtungen“ in Wien eingesetzt werden. Weiters kündigte Innenminister Karner eine verstärkte sichtbare Polizei-Präsenz vor jüdischen Einrichtungen an. In diesem Zusammenhang fiel oft der Begriff "Twentyfour-Seven"- also eine Überwachung rund um die Uhr.

Als sich der beschriebene Vorfall ereignete, war sowohl von Soldat:innen als auch von Polizist:innen weit und breit keine Spur. Die Landespolizeidirektion (LPD) Wien musste darauf einräumen, dass bestimmte jüdische Einrichtungen nur zu Öffnungszeiten/Gebetszeiten bewacht werden.

Laut einem E-Mail-Verkehr ein paar Tage zuvor zwischen der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) und der LPD Wien, der dem Kurier vorliegt, wurde die von der DSN angeregte permanente Überwachung von jüdischen Einrichtungen in Wien im Auftrag des LPD-Präsidenten, Gerhard Pürstl, widerrufen. Alle Maßnahmen seien demnach auf den Überwachungsmodus wie vor dem Hinweis des Geheimdienstes zurückzusetzen.

Mittlerweile soll der Stadttempel, wie vom Innenminister bereits vor Tagen angekündigt, tatsächlich "Twentyfour-Seven" bewacht werden.4

Dennoch braucht es eine rasche und lückenlose Aufklärung und Konsequenzen.

 

Quellen:

1. https://kurier.at/chronik/oesterreich/israel-hammas-antisemitische-vorfaelle/402641945

2. https://wien.orf.at/stories/3229348/

3. https://www.polizei.gv.at/wien/presse/aussendungen/presse.aspx?prid=6A71524A6E6A526D6739303D&pro=0

4. https://kurier.at/chronik/wien/puerstl-synagoge-terror-wien/402641537

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wurde im konkreten Fall eine Anfangsverdachtsprüfung wegen des Verdachts der Begehung welcher Straftat iZm dem antisemitischen Vorfall als auch damit im Zusammenhang stehenden Handlungen im Internet vorgenommen? (Bitte um genaue Auflistung)
    1. von Amts wegen?
    2. aufgrund einer Anzeige durch wen? 
  1. Wann konkret?
  2. Gegen wie viele Personen?
  3. Aufgrund welcher Delikte? 
  4. Wurden bereits Ermittlungsverfahren eingeleitet?
    1. Wenn ja, wann wegen des Verdachts der Begehung welcher Straftat?
    2. Wenn ja, von wem?
    3. Falls ja, wie viele Verfahrensstränge beinhaltet das gesamte Ermittlungsverfahren? (Bitte um genaue Auflistung)

                                          i.    Sind bereits Ermittlungen zu einzelnen Verfahrenssträngen abgeschlossen?

1.    Wenn ja, welche?

2.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 

    1. Falls ja, welche Ermittlungsmaßnahmen wurden seit Einleitung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wann durch wen gesetzt?

                                          i.    Welche Personen wurden wann einvernommen?

                                        ii.    Wo wurden wann Sicherstellungen oder Hausdurchsuchungen durchgeführt?

1.    Welche Gegenstände wurden dabei sichergestellt?

    1. Falls ja, wie viele Personen werden als Beschuldigte geführt?
    2. Falls ja, wann ist mit dem Ende der Ermittlungen bzw. Erhebung der Anklage zu rechnen?
  1. Wie kam es konkret zu der im Begründungstext beschriebenen Körperverletzung?
    1. Wurde die verletzte Person bereits einvernommen?
  1. Welche neuen Erkenntnisse brachte die Einvernahme der im Begründungstext beschriebenen 17-Jährigen?
    1. Von wem wurde sie wann durchgeführt?
  1. Welche neuen Erkenntnisse brachte die Sicherungen der Videos am Tatort?
  2. Gab es Dienstbesprechungen zu diesem Verfahren?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, wie viele?
    3. Wenn ja, wer war anwesend?
    4. Wenn ja, wurden diese Dienstbesprechungen protokolliert? 
  1. Wann erfuhren Sie über diesen Vorfall?
    1. Haben Sie daraufhin bestimmte Maßnahmen gesetzt?

                                          i.    Wenn ja, welche wann?

                                        ii.    Wenn ja, mit welchem wann vorliegenden Ergebnis?

  1. Unterliegt das Verfahren der Berichtspflicht nach § 8 StAG?
  2. Wurde in diesem Verfahren ein Vorhabensbericht der StA erstattet?
    1. Wenn ja, mit welchem Inhalt/Vorhaben?
  1. Wurde in diesem Verfahren eine Stellungnahme der OStA erstattet?
    1. Wenn ja, mit welchem Inhalt?
  1. Wurden Ihnen bzw. dem Ministerium der Vorhabensbericht und die Stellungnahme bereits vorgelegt?
  2. Kam es in diesem Verfahren zu Weisungen?
    1. Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Inhalt?
  1. Welche Schlüsse zogen Sie für Ihr Ressort nach der Zusammenkunft des "Krisenkabinetts" der Bundesregierung?
    1. Welche Maßnahmen setzten Sie in Zuge dessen?
  1. Wurden anderweitig seit dem 7.10.2023 Anfangsverdachtsprüfungen wegen des Verdachts der Begehung welcher Straftat iZm dem antisemitischen Vorfall als auch damit im Zusammenhang stehenden Handlungen im Internet vorgenommen? (Bitte um genaue Auflistung)
    1. von Amts wegen?
    2. aufgrund einer Anzeige durch wen? 
  1. Wann konkret?
  2. Gegen wie viele Personen?
  3. Aufgrund welcher Delikte? 
  4. Wurden bereits Ermittlungsverfahren eingeleitet?
    1. Wenn ja, wann wegen des Verdachts der Begehung welcher Straftat?
    2. Wenn ja, von wem?
    3. Falls ja, wie viele Verfahrensstränge beinhaltet das gesamte Ermittlungsverfahren? (Bitte um genaue Auflistung)

                                          i.    Sind bereits Ermittlungen zu einzelnen Verfahrenssträngen abgeschlossen?

1.    Wenn ja, welche?

2.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 

    1. Falls ja, welche Ermittlungsmaßnahmen wurden seit Einleitung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wann durch wen gesetzt?

                                          i.    Welche Personen wurden wann einvernommen?

                                        ii.    Wo wurden wann Sicherstellungen oder Hausdurchsuchungen durchgeführt?

1.    Welche Gegenstände wurden dabei sichergestellt?

    1. Falls ja, wie viele Personen werden als Beschuldigte geführt?
    2. Falls ja, wann ist mit dem Ende der Ermittlungen bzw. Erhebung der Anklage zu rechnen?
  1. Unterliegt das Verfahren der Berichtspflicht nach § 8 StAG?
  2. Wurde in diesem Verfahren ein Vorhabensbericht der StA erstattet?
    1. Wenn ja, mit welchem Inhalt/Vorhaben?
    2. Wurde in diesem Verfahren eine Stellungnahme der OStA erstattet?
    3. Wenn ja, mit welchem Inhalt?

d.    Wurden Ihnen bzw. dem Ministerium der Vorhabensbericht und die Stellungnahme bereits vorgelegt?

e.    Kam es in diesem Verfahren zu Weisungen?

f.     Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Inhalt?