16745/J XXVII. GP

Eingelangt am 25.10.2023
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Eva Blimlinger, Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend neonazistischer Gerd Honsik Kongress in Wien

 

Über Monate hinweg mobilisierten Neonazis aus ganz Europa zu einem „1. Gerd Honsik Europakongress“, der vom 6. bis 8. Oktober im ungarischen Sopron stattfinden sollte. Der Namensgeber des Kongresses, Gerd Honsik, galt über Jahrzehnte hinweg als zentrale Figur des österreichischen Rechtsextremismus und Neonazismus und als einer der bekanntesten Holocaust-Leugner, was ihm mehrere Verurteilungen und Haftstrafen unter anderem wegen NS-Wiederbetätigung einhandelte, bis er 2018 verstarb. Organisiert wurde der Kongress maßgeblich aus den Reihen des verurteilten Neonazi Gottfried Küssel und von der deutschen Neonazi-Partei „III. Weg“, über die auch der Kartenverkauf geregelt wurde. Mit dabei waren aber auch die neonazistische „Nordische Widerstandsbewegung“ aus Skandinavien sowie „Casa Pound“, eine einflussreiche rechtsextreme Organisation in Italien, die sich selbst als „Faschisten des 3. Jahrtausends“ bezeichnet.[1] Der Neonazi-Partei „III. Weg“ wird wie der „Nordischen Widerstandsbewegung“ von Behörden und Expert:innen eine erhöhte Gewaltbereitschaft und klare Verbindungen zum Rechtsterrorismus attestiert. Mitglieder beider neonazistischer Organisationen stehen im Zusammenhang mit schweren Straftaten, darunter rassistisch und antisemitisch motivierte Anschläge bis hin zu (tödlichen) Angriffen auf politische Gegner:innen.

Im Nachgang des Kongresses wurde durch veröffentlichte Bilder und Texte, die auf neonazistischen Kanälen und Homepages erschienen sind, ersichtlich, dass der Kongress mitten in Wien stattgefunden hat. Als Veranstaltungsort dienten offensichtlich die Kellerräumlichkeiten des Wiener Lokals „Centimeter“ bei den Stadtbahnbögen am Währinger Gürtel 1.[2]

Auf der Homepage der deutschen Neonazi-Partei „III. Weg“ wird berichtet, dass vom 6. bis zum 8. Oktober „Nationalisten aus der Schweiz, Ungarn, Skandinavien, der Tschechei, Italien und natürlich auch bundesdeutsche Nationalrevolutionäre […] mit den gastgebenden Kameraden aus Österreich“ in Wien zusammenkamen.[3] Dort heißt es weiter, dass die Ankündigung, der Kongress sollte im ungarischen Sopron stattfinden, eine Finte war, um antifaschistischen Protesten aus dem Weg zu gehen.

Auf der Homepage der neonazistischen „Nordischen Widerstandsbewegung“ erschien ein Bericht, der auch Fotos von einem im Rahmen des Kongresses abgehaltenen Stadtspaziergang durch die Wiener Innenstadt beinhaltete.[4]

Es fragt sich, warum ein europaweiter Kongress von offenen Neonazis, die sich auf einen verurteilten Holocaust-Leugner beziehen, unbehelligt mitten in Wien stattfinden konnte.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    War den Behörden bekannt, dass seit Monaten europaweit von Neonazis zu einem „Gerd Honsik Kongress“ mobilisiert wurde, unter maßgeblicher Beteiligung von österreichischen Rechtsextremen und Neonazis?

a.    Wenn ja, stand dieser Kongress und die Vorbereitungen dafür unter Beobachtung des österreichischen Verfassungsschutzes?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Welche Gruppen und Einzelpersonen aus der österreichischen Neonazi-Szene waren in der Vorbereitung und Durchführung des Kongresses laut den Informationen der Behörden involviert?

d.    Haben die Behörden Informationen mit Partnerdiensten aus dem europäischen Ausland bezüglich des Kongresses ausgetauscht, insbesondere mit den deutschen Behörden?

e.    Wenn nein, warum nicht?

f.     Welche Informationen wurden dadurch gewonnen und welche Schritte setzten die österreichischen Behörden deshalb?

g.    Wenn nein, warum nicht?

 

2.    War den Behörden bekannt, dass der „Gerd Honsik Kongress“ schlussendlich in Wien abgehalten wurde?

a.    Wenn ja, stand dieser Kongress in Wien unter behördlicher Beobachtung?

b.    Wenn nein warum nicht?

c.    Konnten Straftaten im Zusammenhang mit dem Kongress beobachtet werden?

d.    Gegen wie viele teilnehmende Personen wurden Anzeige erstattet?

e.    Laufen weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit dem in Wien abgehaltenen Kongress und wenn ja welche?

f.     Wenn nein, warum nicht?

g.    Welche Gruppen und Einzelpersonen aus der europäischen und österreichischen Neonazi-Szene nahmen an dem Kongress teil?

h.    Welche Gruppen und Einzelpersonen hielten im Rahmen des Kongresses Reden oder Vorträge?

i.      Was war der Inhalt der Vorträge oder Reden und kam es in diesem Zusammenhang zu strafbaren Äußerungen oder Verhalten?

j.      Konnten Symbole wahrgenommen werden, die in Österreich verboten sind und gab es dahingehend Anzeigen oder ein Einschreiten der Behörden?

k.    Wenn nein, warum nicht?

l.      War den Behörden der Veranstaltungsort am Währinger Gürtel 1 bekannt und wurde im Vorfeld Kontakt mit den Geschäftsinhabern diesbezüglich aufgenommen?

m.   Wenn nein, warum nicht?

 

3.    Der „Gerd Honsik Kongress“ konnte scheinbar unbehelligt Mitten in Wien stattfinden. Sahen die Behörden aufgrund der Namensgebung nach einem verurteilten Holocaustleugner und aufgrund der Organisator:innen, die sichtlich dem neonazistischen Spektrum zuzurechnen sind, keinen Grund zum Einschreiten?

 

4.    Wie auf Fotos ersichtlich wurde, fand im Rahmen des „Gerd Honsik Kongresses“ auch ein Spaziergang durch die Wiener Innenstadt statt. Wurde dieser Spaziergang von den Behörden wahrgenommen, begleitet oder überwacht? Wenn nein, warum nicht?

 



[1] https://www.derstandard.at/story/2000145913027/gerd-honsik-kongress-neonazis-bauen-internationale-kontakte-aus

[2] https://twitter.com/McGinger666/status/1715394033407672390

[3] https://der-dritte-weg.info/2023/10/1-gerd-honsik-kongress-mit-beteiligung-unserer-partei-der-iii-weg-durchgefuehrt/

[4] https://motståndsrörelsen.se/2023/10/17/nordiska-motstandsrorelsen-deltog-pa-europeisk-kongress-i-wien/