16749/J XXVII. GP
Eingelangt am 25.10.2023
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ANFRAGE
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
an den Bundeskanzler
betreffend Programm 'eurotours' als Anfüttern künftiger regierungstreuer Journalisten?
Das vom Bundeskanzleramt betreute und aus Bundesmitteln finanzierte Journalisten-Programm „eurotours“ fand im Sommer 2023 bereits zum elften Mal statt. Ziel dieses Projektes ist es, angehenden Journalisten bis zu fünftägige Aufenthalte in EU-Mitgliedsstaaten sowie den sechs „Balkan-Staaten“ zu finanzieren. Als Gegenleistung müssen diese lediglich zu einem vom BKA vorgegebenen Thema recherchieren. Die Ergebnisse bzw. Zusammenfassungen dieser Recherchen werden folglich auf einem wenig reichweitenstarken „X“-Account (402 Follower, Stand 09.10.2023), einem Blog sowie den jeweiligen Medien der Nachwuchsjournalisten und der Webseite des BKA veröffentlicht.
Vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, wonach die Zusammensetzung von ORF-Gremien verfassungswidrig ist, da unter anderem gegen das Gebot der Unabhängigkeit verstoßen wurde,[1] gilt es auch andere potenzielle Einflussnahmeversuche der Bundesregierung zu hinterfragen. Dass das Bundeskanzleramt auch ORF-Journalisten im Rahmen von 'eurotours' finanziert, erscheint im Lichte der höchstgerichtlichen Entscheidung unvereinbar.
Im Zuge der allgemeinen Vertrauenskrise in die heimische Medienlandschaft und der immer enger verwobenen Sphäre von (Regierungs-)Politik und Medien[2], die erst jüngst durch die Chataffäre rund um Thoms Schmid und die türkise ÖVP sowie deren „Message Control“ eindrücklich verdeutlicht wurde, stellt sich für Beobachter, gerade aber für den Steuerzahler, die Frage, warum das Bundeskanzleramt Auslandsaufenthalte von Journalisten privater Medien finanziert und dabei thematische Vorgaben stellt, die im Sinne einer Auftragsarbeit auch noch monetär abgegolten werden:
Quelle: Österreichische Medienakademie[3]
Es besteht hier der dringende Verdacht, dass angehende Journalisten ausgewählter Medien durch dieses Programm über Jahre gezielt „angefüttert“ und mit relevanten Personen aus dem Bundeskanzleramt vernetzt wurden und immer noch werden, um folglich eine wohlwollende oder zumindest einseitige Berichterstattung zu garantieren. Diese Strategie passt ins Bild der spätestens seit der Machtübernahme der „türkisen ÖVP“ massiven ausgeweiteten und unvereinbaren Vermischung journalistischer Aufgaben mit Kommunikationsarbeit im Interesse des Staates.
Man darf in diesem Zusammenhang auch auf die mehr als bedenkliche Zerschlagung der „Wiener Zeitung“ durch die schwarz-grüne Bundesregierung verweisen, die im Rahmen ihrer rein digitalen Neuaufstellung für viele Kritiker zu einem „verlängerten Arm der Pressestelle des Bundeskanzleramtes“ wurde und überdies nun vorrangig als „Aus- und Weiterbildungsmedium“ unter direkter Kontrolle und Einfluss des BKA fungieren soll. Der „Kurier“ schrieb dazu am 30.11.2022 wie folgt:
Der Presseclub Concordia befürchtet eine "einschneidende Verstaatlichung journalistischer Aus- und Fortbildung", wenn diese "unter die Kontrolle einer GmbH in direkter Weisungslinie des Bundeskanzleramts" gebracht werde. "Mit der Unabhängigkeit von Medien ist dies völlig unvereinbar." Die Universitätenkonferenz schreibt, der Media Hub Austria "wäre im Hinblick auf die notwendige Unabhängigkeit ein Dammbruch, der die Aus- und Weiterbildung von Journalist:innen in Österreich nachhaltig und auf Dauer beschädigt". Es liege damit ein Modell vor, "das mit dem Selbstverständnis westlicher, liberaler Demokratien nicht vereinbar ist".[4]
Fraglich ist überdies, warum an dem vom Bundeskanzleramt finanzierten Programm auch Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks teilnehmen dürfen, werden diese doch ohnehin über die GIS-Abgabe und Bundesmittel finanziert, erhalten jedoch dadurch zusätzlich eine steuergeldfinanzierte journalistische Urlaubsreise.
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundeskanzler folgende
Anfrage
[1] VfGH-Entscheidung G 215/2022 vom 5. Oktober 2023
[2] Nach Chat-Enthüllungen - Österreichs Journalismus in der Vertrauenskrise (deutschlandfunk.de)
[3] Eurotours - Österreichische Medienakademie (oema.at)
[4] "Wiener Zeitung": Scharfe Kritik am Gesetzesentwurf der Regierung | kurier.at
[5] "eurotours" 2023 (bundeskanzleramt.gv.at)