16763/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.11.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Christian Oxonitsch,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Auslaufen der Schulversuche in Österreich

Schulversuche nehmen im österreichischen Schulwesen nach wie vor eine zentrale Rolle ein. Von Beobachtern wird dieser Umstand oft als Resultat des mangelnden Reformwillens in der Bildungspolitik gesehen: Nachdem auf Bundesebene eine grundlegende Reform und Weiterentwicklung der Unterrichtsmethoden ausblieb, eröffnete man einzelnen Schulstandorten durch „Schulversuche“ die Möglichkeit, alternative Konzepte abseits des Regelschulbetriebs selbstständig auszuprobieren. Die dadurch eröffneten Möglichkeiten stießen auch auf großen Anklang: 2015 fanden an der Hälfte aller Schulen in Österreich Schulversuche statt.[1]

Mit dem Bildungsreformgesetz 2017[2] sollte dieser großen Nachfrage an alternativen Schulkonzepten begegnet werden. Ziel war es den Bedarf an Schulversuchen durch eine Ausweitung des schulautonomen Entscheidungsbereichs zu senken. Anstatt für jede Idee in Bezug auf Schulklassen, Unterrichtspraxis oder Lehrplangestaltung einen Schulversuch zu beantragen, sollte eine unkomplizierte Umsetzung im Rahmen der Schulautonomie ermöglicht werden. Laut BMBWF führte die Autonomieerweiterung dazu, dass mehr als die Hälfte aller Schulversuche obsolet wurde und problemlos im Rahmen der Schulautonomie weitergeführt werden konnte. Aus diesem Grund wurde auch das Auslaufen sämtlicher laufender Schulversuche bis August 2025 (mittlerweile auf 2027 verlängert) beschlossen. Bis dahin, sollten sämtliche Schulversuche ins Regelschulwesen überführt oder ohne Überführung eingestellt werden. Neue Schulversuche wurden zeitlich befristet und sollten nur noch unter zwei strengen Voraussetzungen zugelassen werden:

1)       Der Schulversuch bezieht sich auf Fragen außerhalb des schulautonomen Gestaltungsbereichs und

2)       das BMBWF sieht im beantragten Schulversuch tatsächlich Erprobungsbedarf im Hinblick auf eine später mögliche Überführung ins Regelschulwesen

Für viele Schulen, die ihren Unterricht auf Basis von Schulversuchen bereits vor langem weiterentwickelt haben, fehlt es derzeit an einer Perspektive. Auch wenn die Erweiterung des schulautonomen Bereichs viele Schulversuche problemlos ins Regelschulwesen überführen ließ, ist die Situation in vielen Fällen deutlich komplizierter. Während ein Auslaufen sämtlicher Schulversuche mit August 2027 fixiert wurde, ist vielen betroffenen Schulen völlig unklar, ob bzw. wie ihre Schulversuche ins Regelschulwesen überführt werden können. Die Weiterentwicklungen, die auf Basis von Schulversuchen über viele Jahre ermöglicht wurden, sollten als Bereicherung für unser Bildungssystems gesehen werden und ihre Fortführung ein gemeinsames politisches Ziel darstellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1.       An wie vielen Schulen in Österreich laufen derzeit noch Schulversuche auf Grundlage des §7 Schulorganisationsgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 138/2017? (Anzahl der Schulversuche, die erstmals vor dem 1.09.2017 eingereicht bzw. gestartet wurden und nach wie vor laufen) Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen und Art des Schulversuchs.

a.       Für wie viele dieser Schulversuche ist derzeit eine Überführung ins Regelschulwesen geplant? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen und Art des Schulversuchs)

b.       Für wie viele dieser Schulversuche ist voraussichtlich keine Überführung ins Regelschulwesen möglich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen und Art des Schulversuchs)

i.       Ist in diesen Fällen eine Verlängerung des Schulversuchs auch über August 2027 hinaus möglich?

ii.     Welche Maßnahmen planen Sie, um die Weiterführung der hinter den Schulversuchen stehenden Konzepte auch über August 2027 hinaus zu ermöglichen?

2.       Wie viele Schulversuche auf Grundlage des §7 Schulorganisationsgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 138/2017 wurden in Österreich seit dem 1.09.2017 ins Regelschulwesen überführt? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen, Art des Schulversuchs und Jahr der Überführung.

3.       Wie viele Schulversuche auf Grundlage des §7 Schulorganisationsgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 138/2017 wurden in Österreich seit dem 1.09.2017 eingestellt, ohne das eine Überführung ins Regelschulwesen erfolgte? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen, Art des Schulversuchs und Jahr der Einstellung.

4.       An wie vielen Schulen in Österreich laufen derzeit Schulversuche auf Grundlage des §7 Schulorganisationsgesetz in der geltenden Fassung? (Anzahl der Schulversuche, die erstmals nach dem 1.09.2017 eingereicht bzw. genehmigt wurden) Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen und Art des Schulversuchs.

a.       Für wie viele dieser Schulversuche ist derzeit eine Überführung ins Regelschulwesen geplant? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen und Art des Schulversuchs)

b.       Für wie viele dieser Schulversuche ist voraussichtlich keine Überführung ins Regelschulwesen möglich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern, Schultypen und Art des Schulversuchs)

5.       Bilinguale Schulversuche stehen bei der Überführung ins Regelschulwesen vor besonders großen Herausforderungen. Eine Überführung ins Regelschulwesen ist aufgrund der geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen (SchUG, SchOG) nicht möglich.

a.     Gibt es Ihrerseits Bestrebungen, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dahingehend anzupassen, dass eine Überführung des Schulversuchs ins Regelschulwesen zumindest teilweise ermöglicht wird?

i.       Falls ja: Bitte um Darstellung der Pläne

ii.     Falls nein: Warum nicht?

6.       Derzeit laufen inklusive Schulversuche mit dem Ziel, Schüler:innen mit sonderpaedagogischen Förderbedarf in den Unterricht an Regelschulen zu integrieren.

a.     Wurden seit dem 1.9.2017 entsprechende Schulversuche ins Regelschulwesen überführt?

i.       Falls ja: Wann? Welche Schulstandorte?

ii.     Falls nein: Sind derzeit Überführungen entsprechender Schulversuche ins Regelschulwesen geplant? Gibt es aus Ihrer Sicht Probleme im Zusammenhang mit einer möglichen Überführung?

b.     Welche anderen inklusiven Schulversuche laufen derzeit an österreichischen

Regelschulen (AHS, BHS, BMS, (N)MS, VS, PTS, BS)? – Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern und Schultypen

7.       Welche Schritte werden gesetzt, wenn die Überführung eines Schulversuchs ins Regelschulwesen nicht möglich ist? Welche Maßnahmen werden/wurden getroffen, um die Beibehaltung des hinter dem Schulversuch stehenden Konzepts zu ermöglichen?

a.     Kam es in den letzten sechs Jahren zu gesetzlichen Änderungen, um die Überführung von bestimmten Schulversuchen ins Regelschulwesen zu ermöglichen?

i.     Falls ja: Welche Gesetzesänderungen? Welche Schulversuche waren betroffen?

8.       Schüler:innen, die ihre Schullaufbahn im nächsten Schuljahr (2024/25) beginnen, werden bereits in den kommenden Wochen eingeschrieben. Wie wird sichergestellt, dass laufende Schulversuche für diese neuen Schüler:innen bis zum Ende ihrer Schullaufbahn fortgeführt werden können – und nicht nach drei Schuljahren abrupt abgebrochen werden (§130b SchOG)?



[1] https://www.vienna.at/mehr-als-die-haelfte-aller-oesterreichischer-schulen-setzen-auf-schulversuche/4217794

[2] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXV/A/2254