Eingelangt am 09.11.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Postenkorruption an
Schulen und Versuchsanstalten
Dass Posten nach parteipolitischer Nähe und nicht nach
Qualifikation besetzt werden, ist in Österreich trauriger Alltag -
Postenschacher ist ein systemisches Problem. Auch bei Leitungspositionen in
Zentrallehranstalten ist immer häufiger zu beobachten, dass
ausgeschriebene Stellen mit jenen Bewerber:innen besetzt werden, die diese
Stelle bereits interimistisch innehaben.
Die interimistische Besetzung wird sodann als besonderes
Qualifikationsmerkmal gewertet, wodurch der/ die Bewerber:in aufgrund dessen
auch die endgültige Besetzung erhält. Das ist insofern problematisch,
als eine interimistische Besetzung keinerlei Ausschreibung oder
Bewerbungsverfahren bedarf - dadurch können die persönlich
bevorzugten Kandidat:innen am Ausschreibungsgesetz vorbei mit Posten betraut
werden, für die sie möglicherweise nicht die bestgeeignetsten
wären.
Mit dieser Methode wird somit das Ausschreibungsverfahren
in rechtswidriger Weise umgangen und ausgehebelt - eine solche Vorgehensweise
ist nicht nur intransparent, sondern eines rechtsstaatlichen Handelns
unwürdig.
Eine weitere intransparente Vorgehensweise in Ihrem Ressort
findet sich bei den Versuchs- und Prüfanstalten, welche verschiedenen
Zentrallehranstalten angeschlossen sind. Diese werden regelmäßig
durch den/die Leiter:in der jeweiligen Schule mitverantwortet. Das Personal der
Versuchsanstalten besteht zum Großteil aus den Lehrkräften der
jeweiligen Schule. Dadurch ist einerseits der wünschenswerte
Wissenstransfer von der Prüfanstalt in die Lehre gewährleistet,
andererseits entsteht eine teils undurchsichtige "Doppelfunktion" -
Lehrkräfte bleiben dem Unterricht unter Hinweis auf ihre Arbeit in den
Versuchsanstalten fern.
Diese Prüfanstalten nehmen privatrechtliche
Aufträge entgegen, führen sicherheitstechnische Prüfungen durch
und stellen Gutachten aus. Die Dienststellen - also die Schulen - lukrieren
daraus teilweise erhebliche Umsätze. Aktuell besteht die
Befürchtung, dass zentrale Kompetenzen an einen privaten Verein, das
Willhelm-Exner-Institut Technik (Weit) ausgelagert werden sollen und den
Versuchsanstalten somit Kompetenzen entzogen werden sollen.1
1 Privater Verein wirft
Fragen zur Zukunft der Versuchsanstalten auf | DiePresse.com
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- Wie viele Leitungspositionen
(Direktor:innen, Abteilungsvorstände) wurden an den
Zentrallehranstalten in den letzten fünf Jahren ausgeschrieben? Bitte
um Auflistung aller Verfahren, aufgeschlüsselt nach Position und
Dienststelle.
- Wie viele dieser Ausschreibungen
wurden so zeitgerecht durchgeführt, dass die Bestellung des/ der
neuen Leiter:in erfolgt ist, bevor der/ die Amtsinhaber:in ausgeschieden
ist?
- Wie viele der ausgeschriebenen
Positionen wurden mit Personen besetzt, die dieselbe Position bereits
interimistisch innehatten?
- Welche Dauer hatten die in 1)
abgefragten Ausschreibungsverfahren vom Zeitpunkt der Ausschreibung bis
zur endgültigen Bestellung?
- Wie viele Ausschreibungsverfahren sind
aktuell anhängig?
- Wie viele Positionen sind aktuell
interimistisch besetzt?
- Wie viele der aktuell interimistisch
besetzten Stellen sind bereits ausgeschrieben?
- Für die weiterhin interimsmäßig
besetzten Positionen: Wie lautet der Plan für deren Besetzung? Wann
werden diese planmäßig ausgeschrieben?
- Gibt es Positionen, die bereits mehr
als einen Monat vakant sind?
- Wenn ja, welche? Wieso wird innerhalb
Ihres Ressorts gegen § 5 (3) des Ausschreibungsgesetzes
verstoßen und dementsprechend rechtswidrig gehandelt?
- Welche objektiven Kriterien werden
für die interimistische Besetzung herangezogen?
- Welches Verfahren ist bei einer
interimistischen Besetzung vorgesehen?
- Welche Personen werden dabei inwiefern
eingebunden? Bitte um Beschreibung des regulären Prozederes.
- Wie stellen Sie sicher, dass
durch das Instrument der interimistischen Besetzungen keine
parteipolitisch motivierte Postenvergabe erfolgt, sondern der/die
bestmögliche Kandidat:in zum Zug kommt?
- Wie viele Leitungspositionen gibt es
in den technischen Zentrallehranstalten?
- Wie viele davon sind weiblich
besetzt?
- Wie viele Lehranstalten/
Zentrallehranstalten haben Versuchsanstalten? Bitte um Auflistung nach
LA/ZLA.
- Wie viel technisches Personal
beschäftigen diese Versuchsanstalten jeweils?
- Wie viele dieser Techniker:innen sind
zeitgleich als Lehrkräfte beschäftigt?
- Erhalten diese aufgrund ihrer
Tätigkeit in den Versuchsanstalten Zulagen und/ oder sonstige
Entlohnungen?
- Welche Jahresumsätze generieren
die Versuchsanstalten? Bitte um Auflistung nach VA.
- In welcher Form legen diese
Versuchsanstalten einen Jahresabschluss/ eine Bilanz?
- Wem ist dieser Jahresabschluss
zugänglich?
- Der Verein Weit - ein privater Verein
- wurde von einem leitenden Beamten ihres Ministeriums gegründet.
Hatte dieser Mitarbeiter einen Dienstauftrag/ eine Weisung des
Ministeriums zur Vereinsgründung? War jemand aus Ihrem Ressort in die
Vereinsgründung bzw. in den Prozess eingebunden?
- Wenn ja, wer war inwiefern wann in
welchen Schritt im Prozess der Vereinsgründung eingebunden?
- Welche Notwendigkeit sieht man
seitens Ihres Ministeriums für diese Vereinsgründung?
- Laut dem aktuellen
Vereinsregisterauszug ist der Vereinsobmann zugleich Abteilungsleiter der Abteilung
II/2 in Ihrem Ressort und zudem Mitarbeiter einer Versuchsanstalt. Wie ist
diese dreifache Funktion vereinbar?
- In welcher Form ist der Mitarbeiter
in der Versuchsanstalt angestellt?
- In welchem Zeitausmaß ist der
Mitarbeiter in der Versuchsanstalt angestellt?
- Zur Erfüllung welcher Aufgaben
ist der Mitarbeiter in der Versuchsanstalt angestellt?
- Laut Vereinsstatuten des Weit sind
alle Versuchsanstalten in Österreich ordentliche Mitglieder. Sind
alle staatlichen Versuchsanstalten zur Mitgliedschaft verpflichtet?
- Wenn ja, auf welcher
Rechtsgrundlage?
- Wenn nein, wieso ist ein Verein mit
irreführenden Vereinsstatuten, bei dem die Republik, vertreten durch
Ihr Ministerium, ebenfalls außerordentliches Mitglied ist, ein
Partner Ihres Ressorts?
- Wenn nein, welche Versuchsanstalten
sind aktuell Mitglieder des Vereins? Wer trifft in den Versuchsanstalten
die Entscheidung eines Beitritts? Auf welcher Rechtsgrundlage passiert
dieser Beitritt?
- Der private Verein finanziert sich
durch Mitgliedsbeiträge, wovon somit auch Versuchsanstalten betroffen
sind. Welche Beiträge werden hier jährlich fällig? Welche
Beiträge wurden seitens Vereinsgründung von welcher
Versuchsanstalt an den Verein gezahlt?
- Gemäß 4.2.1 der
Vereinsstatuten ist die Republik Österreich, vertreten durch eine vom
BMBWF zu nominierende Person außerordentliches Mitglied des Vereins.
Wer in Ihrem Ministerium war für die Entscheidung über die
Mitgliedschaft zuständig? Wer ist die nominierte Person?
- Der Verein hat zudem einen
strategischen Beirat, bestehend aus zwei Vorstandsmitgliedern und einem
von Ihnen, Herr Bundesminister, entsendetem Mitglied. Wer aus Ihrem
Ministerium ist in den strategischen Beirat entsendet?
- Wie viel Zeitaufwand ist damit
verbunden?
- Welche Position nimmt die entsendete
Person in Ihrem Ministerium wahr?
- Zählt die Tätigkeit im
Beirat zur Arbeitszeit dieser Person?
- Bekommt diese Person zusätzliche
Auflagen/ Entlohnung für die Tätigkeit im Beirat?
- Inwiefern sind Sie in die
Aktivitäten des Vereins eingebunden oder informiert?
- Der Verein finanziert sich zudem durch
Schulraumüberlassung im Sinne des § 128a SchOG. Welche
Schulräume welcher Schulen wurden dem Verein überlassen?
- Auf welcher Rechtsgrundlage geschieht
diese Überlassung?
- Werden dafür entsprechende
Entgelte vom Verein an die Schulen gezahlt?
i. Wenn ja, in welcher Höhe?
- Vereinssitz ist laut Vereinsregister
die Adresse der Versuchsanstalt des TGM. Werden dort Büroflachen der
Versuchsanstalt für Vereinstätigkeiten verwendet?
- Wenn ja, auf welcher
Rechtsgrundlage?
- Wenn ja, wer hat die Nutzung
genehmigt?
- Wenn ja, fällt dafür Miete
an? In welche Höhe?