16833/J XXVII. GP
Eingelangt am 10.11.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Entfernungsbeihilfe: Arbeitslose in Zeiten des Arbeitskräftemangels besser vermitteln
Die Vermittlung von Arbeitskräften über die Bundesländergrenzen hinweg sei wegen Corona "etwas eingeschlafen", sagte Petra Draxl, damals noch AMS-Wien Chefin, am 30.04.2022 zum Kurier. (1) Für das Einschlafenlassen ihrer Aufgaben ist Frau Draxl mittlerweile zum Vorstandsmitglied des AMS auf Bundesebene aufgestiegen. Dabei hätte das AMS mit der Entfernungsbeihilfe ein Instrument zur Förderung der innerstaatlichen Arbeitskräftemobilität, das dazu dient, Arbeitsuchenden und Lehrstellensuchenden die Annahme weiter entfernter Arbeitsplätze finanziell zu attraktivieren.
Dennoch können mit der gegenwärtigen Ausgestaltung der Entfernungsbeihilfe Probleme auftreten, die eine missbräuchliche Inanspruchnahme ermöglichen bzw. Mitnahmeeffekte bewirken. Gerade im Hinblick auf die Notwendigkeit sparsamer Politik, insbesondere im Feld der Arbeitsmarktpolitik, ist auch die Entfernungsbeihilfe einer genauen Betrachtung zu unterziehen. Eine gut konzipierte Entfernungsbeihilfe ist jedenfalls ein wichtiges und notwendiges Mittel in der Dämpfung des Arbeitskräftemangels.
Die Entfernungsbeihilfe kann jedoch - je nach tatsächlicher Ausgestaltung - im Zusammenhang mit den Zumutbarkeitsbestimmungen gem. § 9 Abs 2 AlVG zu einem Mitnahmeeffekt führen. Denn es ist fraglich, ob die Entfernungsbeihilfe tatsächlich ausschließlich Personen erhalten, die einen Arbeitsplatz an einem Arbeitsort annehmen, der gem. § 9 Abs 2 AlVG nicht zumutbar ist. Die Entfernungsbeihilfe kann auch beantragt werden, wenn die offene Stelle auch ohne Beihilfe angenommen worden wäre - ein typisches Beispiel für einen Mitnahmeeffekt.
Gleichzeitig ist es für Unternehmen mit mehreren Firmenstandorten bei standortübergreifenden Umstrukturierungen der Belegschaft möglich, die Entfernungsbeihilfe missbräuchlich zu verwenden. Denn grundsätzlich kann eine Person nach einer nur kurzfristigen Meldung beim AMS als arbeitssuchend vom selben Unternehmen an einem anderen Standort wieder eingestellt werden. Das Unternehmen kann dadurch einerseits den betroffenen Mitarbeitern einen finanziellen Anreiz geben, mobiler zu sein. Problematischer scheint aber andererseits, dass durch die Entfernungsbeihilfe personelle Umstrukturierungen von größeren Unternehmen mit mehreren Standorten auf Kosten der Versichertengemeinschaft indirekt gefördert werden.
In der Anfrage-Beantwortung (8588/AB XXV.GP) entgegnete der zuständige Bundesminister a.D., Alois Stöger, auf die Fragen:
Folgendes: "Eine diesbezügliche statistische Auswertung ist nicht möglich."
Was es braucht, ist eine finanziell sorgfältig aufgestellte Entfernungsbeihilfe. Aufgrund der obenstehend skizzierten Unfeinheiten braucht dieses Instrument zur Dämpfung des Arbeitskräftemangels eine Schärfung und eine größere Dichte an statistischen Auswertungen, um daraus konkrete Ableitungen treffen zu können.
Summe der Auszahlungen bei der Entfernungsbeihilfe laut Transparenzportal: (2)

Quellen:
(1) https://kurier.at/wirtschaft/ams-wien-chefin-muessen-arbeitslose-wieder-aktivieren/401991197
(2) https://transparenzportal.gv.at/tdb/tp/leistung/1003235.html
(3) https://www.parlament.gv.at/dokument/XXV/AB/8588/imfname_538498.pdf
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn keine statistische Auswertung erfolgte: Woran liegt es, dass hierbei keine statistische Auswertung möglich ist?