16857/J XXVII. GP
Eingelangt am 14.11.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Willkür-Verdacht bei Meisterprüfungen
Konkurrenz-Schutzsystem Wirtschaftskammer
Die Wirtschaftskammer begrenzt den Zugang zu vielen unternehmerischen Tätigkeiten durch Prüfungen, die ein werdender Unternehmer absolvieren muss. Dabei verschafft sich die Kammer ein Körberlgeld durch Prüfungsgebühren. Ein größerer Einnahmenblock entsteht dadurch, dass die Kammer im eigenen "Bildungshaus" WIFI die passenden Vorbereitungskurse für die eigenen Prüfungen anbietet. So haben sich die Wirtschaftskämmerer ein Geschäftsmodell gebastelt, das neue Konkurrenten fernhält und für den Willen zum Markteintritt eine Art Eintrittsgeld in Form von Gebühren für Kurse und Prüfungen vorsieht.
Willkür bei Meisterprüfung in Vorarlberg?
Wie dieses System funktioniert, zeigt ein aktueller Fall aus Vorarlberg. Nach einer Meisterprüfung zum Dachdecker- und Spenglermeister stehen schwere Vorwürfe gegen die Prüfungskommission nach einer negativen Beurteilung zweier Kandidaten im Raum. Es geht um chaotische Zustände während der Prüfungen, um Ungereimtheiten bei den Bewertungsunterlagen und letztlich um Willkür und Befangenheit bei der Beurteilung. Die Betroffenen hatten zunächst Schwierigkeiten bei der Einsichtnahme gehabt. Mit Unterstützung eines Rechtsanwaltes wurde ein Bescheid und Akteneinsicht erwirkt, die wiederum neue Widersprüche aufbrachte. Prüfungszeugnisse sollen nachträgliche Korrekturen einzelner Kriterien aufweisen und in einem Fall stimme nicht einmal die Additionssumme. Der Fall liegt inzwischen beim Landesverwaltungsgericht.
Wirtschaftskammer Vorarlberg gibt Fehler zu
Selbst der Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg räumt Fehler ein. „Ich sage nicht, dass alles 100 Prozent so gelaufen ist, wie ich mir eine optimale Prüfung vorstelle“, so Direktor Christoph Jenny. Trotz dieser Feststellung geht er jedoch auf keine Details ein und lässt keinen Reformschritte erkennen. All die schwerwiegenden Vorwürfe werden achselzuckend mit dem Verweis auf die Entscheidung des befassten Verwaltungsgerichts vom Tisch gewischt. Die zum Ausdruck gebrachte Sorge des betroffenen Unternehmers über Fehlentwicklungen bei Meisterprüfungen werden vom eigenen Interessensvertreter einfach ignoriert.
Gewerbeberechtigung & das System Wirtschaftskammer: Mittelbare Bundesverwaltung mit vielen Akteuren, aber wenig Verantwortlichkeit
Der Zugang zu Berufen ist in Österreich bekanntlich sehr restriktiv geregelt. Die Gesetzgebung hinsichtlich der Gewerbeordnung 1994 (GewO), liegt im Zuständigkeitsbereich von Bundesminister Kocher, die Vollziehung verteilt sich jedoch auf mehrere Hände. Die Prüfungen werden von den Landeskammern im übertragenen Wirkungsbereich der Landeskammern durchgeführt, die hier als Behörde agieren. Zur Durchführung der Meisterprüfungen sind in jedem Bundesland Meisterprüfungsstellen eingerichtet. Die Gewerbeordnung sieht in § 351 vor, dass die Prüfer "ihre Tätigkeit im öffentlichen Interesse unparteiisch auszuüben" haben. Die Prüfer haben dem Leiter der Meisterprüfungsstelle die gewissenhafte und unparteiische Ausübung ihres Amtes schriftlich oder mündlich zu versprechen. Über den Ausschluss von Mitgliedern der Prüfungskommission entscheidet der Leiter der Meisterprüfungsstelle. Der Landeshauptmann kann zur Überwachung des ordnungsgemäßen Vorganges bei der Prüfung einen Vertreter zur Prüfung entsenden.
Dieser Fall zeigt auf, wie undurchsichtig das System Wirtschaftskammern auch bei der Vollziehung von Bundesgesetzen sein kann. Dies wirft die Frage auf, welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung im Bereich der Meisterprüfungen der zuständige Bundesminister Kocher in den letzten Jahren gesetzt hat bzw. welche Maßnahmen vorbereitet werden, um den aufgezeigten Fehlentwicklungen bei Meisterprüfungen entgegenzuwirken, insbesondere falls der Willkür-Verdacht sich erhärtet.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Welche Informationen wurden diesbezüglich angefordert?
i. Wenn nein, warum nicht?
i. Welche Informationen wurden diesbezüglich angefordert?