16860/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.11.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Elisabeth Götze, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Tiergarten Schönbrunn: Eine "fischige" Angelegenheit

BEGRÜNDUNG

 

Mit Anfrage Nr. 1588/J[1] vom 08.08.2023 der Abgeordneten Elisabeth Götze und weitere wurden 18 Fragen im Zusammenhang mit dem Bauprojekt „Aquarium“ im Tiergarten Schönbrunn gestellt.

In der Anfragebeantwortung 15377/AB[2] vom 06.10.2023 wurden seitens des zuständigen BMAW die Fragen dem Grunde nach beantwortet, jedoch ergaben sich auf Basis der Beantwortung einige Folgefragen.

Im 4. Quartal 2019 wurden die Kosten für das Projekt „Neubau und Renovierung“ (in der Folge „altes Projekt“ genannt) geschätzt. Aus der Anfragebeantwortung geht nicht hervor, ob sich die Kosten von EURO 35 Mio. auf das Projekt „Neubau Aquarium“ alleine beziehen oder auch die Sanierung und den Umbau des bestehenden Gebäudes „Terrarienhaus“ erfassen.

Außerdem ergeben sich weitere Fragen im Hinblick auf das bereits geplante „alte“ Projekt. Laut Anfragebeantwortung kam es unter anderem „aufgrund von Behördenverfahren und der Berücksichtigung der historischen Sichtachse am Areal Schönbrunn (UNESCO Welterbe-Attribut)“ zu einer Verzögerung in der Planungsphase und damit zu einer Verschiebung des Projektstarts. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits Aufträge vergeben und in weiterer Folge Kosten für die Nichtausführung entstanden sind, ist unklar.

Dem Unternehmensserviceportal (USP) kann entnommen werden, dass die Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft m.b.H. im Juli 2019 zwei Bekanntmachungen veröffentlichte:

·         TGS-AQ ÖBA+LV+BauKG, 04.06.-04.07.2019[3]

·         TGS-AQ FBA, 11.06.-10.07.2019[4]

Bei letzterer Bekanntmachung wurde explizit angeführt, dass es sich um die Planer:innenleistungen und die Fachaufsicht für das alte Projekt „das neue Aquarium“ handelt. Da dieses Projekt aber wieder verworfen wurde, stellt sich die Frage, inwieweit diese ausgeschriebenen Aufträge dann ordnungsgemäß iSd BVergG mittels Widerruf oder Zuschlag beendet wurden und welche Kosten damit verbunden sind.

Im Juni 2022 gab es eine neuerliche Bekanntmachung[5], der Auftrag wurde bezeichnet mit „Artenschutz-Aquarium Schönbrunn“. Ob es sich dabei um die Ausschreibung für den „Umbau“ des Aquariums (in der Folge „neues Projekt“ genannt) handelt, ist nicht klar ersichtlich.

Die Vertragsverhandlungen zwischen dem Auftraggeber und dem Bieterkonsortium befinden sich laut Anfragebeantwortung des BMAW gerade in der „finalen Abstimmung.“ Dieses Prozedere ist gemäß § 203 Abs. 5 BVergG Teil des Verhandlungsverfahrens und sollte bereits abgeschlossen sein.

Zur Beantwortung dieser offenen Fragen stellen die unterfertigenden Abgeordneten daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Aus der Anfragebeantwortung geht hervor, dass der Zuschlag für die Planungsleistungen des ursprünglichen, im Jahr 2019 bekanntgemachten „alten Projekts“ bereits erteilt wurde. Nicht ersichtlich war, wer den Zuschlag erhalten hat.

a.    Ist eine Bekanntgabe, wer den Zuschlag erhalten hat, binnen 30 Tagen erfolgt?

                                  i.    Wenn ja: Wo wurde diese veröffentlicht und wer hat den Zuschlag erhalten?

                                ii.    Wenn nein: Hat das BMAW Vorsorge dafür getroffen, dass es im Falle der Nicht-Bekanntgabe zu einer Verwaltungsübertretung und damit verbunden einer Geldstrafe bis zu € 50.000 gemäß BVergG kommen kann? In welcher Form?

2)    Wurde das Vergabeverfahren für das im Jahr 2019 bekanntgemachte „alte“ Projekt bereits beendet?

a.    Wenn ja, in welcher Form und wo wurde dies wann bekannt gemacht?

b.    Wenn ja, welche Kosten sind durch das Beenden das Verfahrens entstanden, insbesondere dafür, dass bereits Planer:innenkosten entstanden sind?

c.    Wenn nein, warum nicht?

3)    Der Anfragebeantwortung kann nicht entnommen werden, ob die Tatsache, dass die Sichtachsen am Areal Schönbrunn ein UNESCO Welterbe-Attribut sind, im Rahmen der ursprünglichen Ausschreibungen 2019 sowie im Rahmen der neuerlichen Ausschreibung 2022 berücksichtigt wurde.

a.    Wenn ja, in welcher Form wurde das im „alten“ und „neuen“ Projekt berücksichtigt?

b.    Wenn ja, weshalb führte dies laut Anfragebeantwortung zu einer erheblichen Verzögerung des Starts des „alten“ Projekts, wenn dies Teil des Auftrags war?

c.    Wenn nein, wann wurden die Umstände bekannt und wann fanden diese Eingang in die Planung bzw. Projektierung?

4)    Die Kosten für den Umbau des Aquariums am derzeitigen Standort werden laut Anfragebeantwortung mit rund € 36,7 Mio. beziffert. Die Kosten für das (ursprüngliche) „alte“ Gesamtprojekt „Aquarienhaus“ wurden im damaligen Zeitpunkt auf rund € 35 Mio. geschätzt.

a.    Beinhalteten die Kosten von rund € 35 Mio. neben den Kosten für den Neubau des Aquariums auch die Kosten für den Umbau des bestehenden Standorts in ein Terrarienhaus?

b.    Ist ein Umbau oder Neubau des Terrarienhauses noch geplant und wenn ja, wann?

c.    Ist das „neue“ Projekt Aquarium im Vergleich zum „alten“ Projekt Aquarium flächenmäßig kleiner und wie hoch sind die Kosten je m2 sowie je m3 für das Becken im Vergleich? Bitte um Aufschlüsselung nach den beiden Projekten „alt“ und „neu“.

d.    Weshalb sind die Kosten für das „neue“, im Jahr 2022 bekanntgemachte Projekt um rund € 1,7 Mio. höher, wenn der Umbau des bestehenden Gebäudes in ein Terrarienhaus nicht mehr vorgenommen wird und damit ein geringer dimensioniertes Projekt verfolgt wird?

e.    Wie hoch sind die im Jahresvoranschlag 2023 getroffenen Kostenannahmen für den Bau des Aquariums?

5)    Das Vergabeverfahren wurde durch einen externen Experten bzw. eine externe Expertin begleitet. Wurde diese Begleitung vergabekonform ausgeschrieben

a.    Wenn ja, bitte um Skizzierung des genauen Ablaufs.

6)    Laut Anfragebeantwortung handelte es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich, das EU-weit ausgeschrieben wurde.

a.    Zu welchem Zeitpunkt wurden die finalen Vergabekriterien und deren Gewichtung festgelegt? Bitte um Aufschlüsselung nach „altem“ und „neuem“ Projekt.

b.    Welche Vergabekriterien wurden konkret festgelegt und gab es im Laufe des Vergabeverfahrens hier noch Änderung? Bitte um Aufschlüsselung nach „altem“ und „neuem“ Projekt.

7)    Die Vertragsverhandlungen zwischen dem Tiergarten Schönbrunn und dem erwähnten Bieterkonsortium nach Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich befinden sich gemäß Anfragebeantwortung in der „finalen Abstimmung“.

a.    Wie viele Verhandlungsrunden haben mit wie vielen Bietern stattgefunden?

b.    Wie viele Angebote lagen in der Schlussphase noch vor?

8)    Handelt es sich bei der „finalen Abstimmung“ zwischen dem Tiergarten und dem Bieterkonsortium um eine nachträgliche Vertragsänderung?

a.    Wenn ja, weshalb ist dies nicht bereits im Verhandlungsverfahren erfolgt?

b.    Wenn ja, handelt es sich um eine wesentliche Vertragsänderung?

c.    Wenn nein, wie wird begründet, dass es sich um eine unwesentliche und damit vergaberechtsunproblematische Änderung handelt?

9)    Das BVergG sieht vor, dass bei der Beschaffung von Leistungen, die zur Nutzung durch natürliche Personen vorgesehen sind, die Kriterien der Konzeption für alle Anforderungen inklusive der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden.

a.    Wurde das „alte“ Projekte so ausgeschrieben, dass den oben genannten Kriterien der Barrierefreiheit entsprochen wurde?

                                  i.    Wenn ja, entsprachen die ausgewählten Projekte den Anforderungen der Barrierefreiheit?

                                ii.    Wenn nein, aus welchen Gründen wurde von der Barrierefreiheit Abstand genommen?

b.    Wurde das „neue“ Projekt so ausgeschrieben, dass den oben genannten Kriterien der Barrierefreiheit entsprochen wurde?

                                  i.    Wenn ja, entsprachen die ausgewählten Projekte den Anforderungen der Barrierefreiheit?

                                ii.    Wenn nein, aus welchen Gründen wurde von der Barrierefreiheit Abstand genommen?

 



[1] Anfrage 15880/J, XXVII. GP, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/15880

[2] Anfragebeantwortung 15377/AB, XXVII. GP, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/15377.

[3] https://ausschreibungen.usp.gv.at/at.gv.bmdw.eproc-p/public/tender-detail?object=23602b0b-c7b0-4f10-9910-7ee5329433bc-5cf598d1059f7043cc57daa5&backlink=L2F0Lmd2LmJtZHcuZXByb2MtcC9wdWJsaWMvdGVuZGVybGlzdD9sb2FkZWQ9dHJ1ZSZxPXRpZXJnYXJ0ZW4g&orderColumn=2&orderDir=desc&start=0

[4] https://ausschreibungen.usp.gv.at/at.gv.bmdw.eproc-p/public/tender-detail?object=23602b0b-c7b0-4f10-9910-7ee5329433bc-5cfed3458294171538653d36&backlink=L2F0Lmd2LmJtZHcuZXByb2MtcC9wdWJsaWMvdGVuZGVybGlzdD9sb2FkZWQ9dHJ1ZSZxPXRpZXJnYXJ0ZW4g&orderColumn=2&orderDir=desc&start=0

[5] https://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:340542-2022:TEXT:DE:HTML&src=0