16862/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.11.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mario Lindner, Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend „Rekordanstieg bei STIs – wann kommt die kostenfreie PrEP?“

Ansteckungen mit sexuell übertragbaren Infektionen (STIs) erreichen europaweit und auch in Österreich Rekordhöhen, wie eine WHO-Studie Anfang November eindrucksvoll zeigte: Neben einer Verdoppelung der HIV-Diagnosen zwischen 2010 und 2019 sind auch Infektionen wie Chlamydien und Gonorrhoe auf dem Vormarsch – dieser Trend zeichnet sich besonders auch in Österreich. Diese Studie, die auch von Forscher*innen der MedUni Wien durchgeführt wurde, unterstreicht einmal mehr, dass es hierzulande an einer umfassenden Strategie zur Eindämmung von STIs und insbesondere HIV fehlt. In Österreich existiert bisher nicht einmal ein flächendeckendes STI-Monitoring.

Ein wirklicher Game-Changer in dieser Frage könnte die lange geforderte kostenfreie Abgabe der HIV-Prä-Expositionsprophylaxe PrEP an Risikogruppen sein: Neuinfektionen mit dem Hl-Virus stellten auch im Jahr 2022 noch eine große gesundheitspolitische Herausforderung dar. Auch wenn sich die Lebenssituation von Menschen, die mit HIV leben, durch neue Behandlungsmethoden in den vergangenen Jahrzehnten massiv verbessert hat, muss es das zentrale Ziel einer aktiven Gesundheitsversorgung sein, jede HIV-Neuinfektion zu verhindern! Die PrEP wird als mehrfach bewiesene kosteneffiziente Maßnahme für Personen mit einem erhöhten HIV-Ansteckungsrisiko von UNAIDS, der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sowie nationalen Expert*innengremien empfohlen. Viele Länder bieten die PrEP für Risikogruppen daher als Leistung des öffentlichen Gesundheitssystems dar – Deutschland etwa seit 2019. In Österreich dagegen ist der Zugang zu dieser wichtigen Vorsorgeleistung bis heute vor allem eine soziale Frage – die hohen Kosten, durch monatlichen Erwerb der notwendigen Medikamente und regelmäßige STI-Testungen, macht den Zugang zu einer PrEP-Behandlung leider nur für einkommensstarke Gruppen möglich.

Gerade hinsichtlich der Eindämmung anderer STIs kann die PrEP für Risikogruppen durch die Pflicht zum 3-monatlichen STI-Screening einen wichtigen Beitrag leisten. Seit inzwischen Frühjahr 2023 liegt zum Zeitpunkt der Anfragestellung das diesbezügliche Health Technology Assessment durch das AIHTA vor. Diese Studie unterstützt die Forderung nach einem kostenfreien Zugang zur PrEP für Personen mit Risikoverhalten. Auch die Gesundheitsreferent*innen-Konferenz der Bundesländer hat das zuständige Bundesministerium schon im Mai zu aktivem Handeln in dieser Frage aufgefordert – bisher jedoch ohne Erfolg. Trotz Ankündigungen fehlen jedoch bisher Auskünfte über konkrete Schritte, die eine rasche Umsetzung der öffentlich finanzierten PrEP für Personen mit erhöhtem Risiko einer HlV-lnfektion möglich machen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Welche konkreten Schlüsse zieht Ihr Ressort aus der WHO-Studie zur Rekordausbreitung von sexuell übertragbaren Infektionen in Europa und insbesondere der österreichischen Situation?

2.    Welche konkreten Schritte sind seit der Veröffentlichung des Health Technology Assessments am 17. April 2023 gesetzt worden, um die Umsetzung eines kostenfreien Zugangs zur PrEP für Personen mit Risikoverhalten vorzubereiten?

3.    Welche konkreten Fortschritte und Ergebnisse konnten seitens Ihres Ressorts seit der Anfragebeantwortung 15275/AB insbesondere hinsichtlich der Evaluierung der „ökonomischen Folgen einer solchen Maßnahmen sowie die Versorgungslage“, von „Fragen der Finanzierung“ und hinsichtlich der Gestaltung „effektive(r) Rahmenbedingungen“ erzielt werden?

a.   Welche offenen Fragen sind seitens Ihres Ressorts in diesen Themenbereichen noch zu klären und bis wann soll das passieren?

4.    Gab es seitens Ihres Ressorts bisher bereits konkrete Gespräche mit dem Dachverband der Sozialversicherungsträger bez. einer kostenfreien Abgabe von PrEP an Risikogruppen?

a.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

b.    Wenn nein, warum noch nicht?

5.    Ist seitens Ihres Ressorts bereits eine Verordnung o.ä. bez. einer kostenfreien Abgabe von PrEP an Risikogruppen in Vorbereitung?

6.    Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort bis zum Ende der Legislaturperiode, um eine der Hauptlehren der erwähnten Studie, nämlich das Fehlen eines gesundheitspolitischen Gesamtüberblicks zur Verbreitung von allen STIs in Österreich, umzusetzen?

a.    Wenn ja, bis wann und in welcher Form soll ein solcher Gesamtüberblick umgesetzt werden?

b.    Wenn nein, warum sehen Sie dazu keine Notwendigkeit?

7.    Inwieweit sind die, in der Anfragebeantwortung 15275/AB angesprochenen, ressortinternen und Fachexpert*innen-Gespräche bez. des neuen Epidemiegesetzes vorangeschritten?

a.   Bis wann soll dieses Gesetz dem Parlament zum Beschluss vorgelegt werden?