16880/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.11.2023
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, MMag. DDr. Hubert Fuchs
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Gewinnsprünge heimischer Institute auf Kosten der österreichischen Bankkunden
Immer mehr verschärft sich in Österreich die Lage für jene Menschen, die Kunden bei einem heimischen Bankinstitut sind. Der Grund: Kreditnehmer und Schuldner erleben eine horrende Teuerung. Die Institute verdienen sich indes eine goldene Nase, nicht zuletzt, weil die hohen Zinssprünge der EZB auch nicht an die Anleger und Sparer weitergeben werden. Wer Geld auf einem Konto oder Sparbuch liegen oder in einem anderem Finanzprodukt gebunden hat, verliert kräftig. Dabei fahren die Banken fabelhafte Gewinne ein: die Bank Austria kann etwa 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 80% mehr Gewinn verbuchen. Die schlechte Wirtschaftslage wird aber Kreditrückzahlungen durch Ausfälle einbrechen lassen – im Umkehrschluss wird es in der Folge den Banken teuer zu stehen kommen.
Die „Krone“ hat am 4.11.2023 über die Misere folgendes berichtete:
Die raschen Zinserhöhungen der EZB sorgen heuer für Gewinnsprünge bei allen heimischen Instituten. Die Sparer schauten bisher meist durch die Finger. Doch die schlechtere Wirtschaftslage und die teuren Kredite werden in Folge Kunden unter Druck bringen und die Ausfallraten wieder erhöhen, warnt die Nationalbank.
Die Bank Austria hat ihren Gewinn in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um über 80 % zu 2022 steigern können. Bei der Erste Group und der Bawag sind es 40 %. Wohin man auch blickt, es scheint so, als ob die heimischen Institute im Geld schwimmen würden.
Es geht sprunghaft in die Höhe
Großen Anteil daran hat das sogenannte Zinsergebnis. Das ist die Differenz zwischen dem, was ein Kredit kostet und dem, was die Bank für Einlagen zahlt. Das ist ihr „normales“ Geschäft. Während der jahrelangen Nullzinsphase schafften alle heimischen Marktteilnehmer zusammen ein Zinsergebnis von rund 15 Milliarden € im Jahr. Die Betriebsergebnisse pendelten um 8 Mrd. €.
Doch seit dem Vorjahr - dank der Zinssprünge der EZB - geht es sprunghaft in die Höhe: Über 19 Mrd. € waren es 2022, heuer schaffte man schon zum Halbjahr laut OeNB-Statistik 12,3 Mrd. €, entsprechend steigen auch die Gewinne. Die Banken müssen ordentlich Kritik einstecken. Man würde sich auf Kosten der Sparer bereichern, lautet ein Vorwurf.
Die Betroffenen sehen das nicht so. Sie mussten jahrelange Strafzinsen zahlen, wenn sie ihr Kapital bei der EZB „parkten“. Trotz niedriger Zinsspanne wurden europaweit Vorschriften für das Eigenkapital erhöht, damit die Branche „krisensicher“ wurde.
Nationalbank mahnt zur Vorsicht
Der Vizegouverneur der OeNB, Gottfried Haber, Chef der Bankenaufsicht, mahnt ebenfalls zur Vorsicht: „Wir empfehlen den Instituten, die derzeit gute Ertragslage zu nutzen, um ihre Eigenkapital-Basis weiter zu stärken.“ Denn im EU-Vergleich haben die in Österreich ansässigen Kreditinstitute nicht gerade die höchste Eigenkapitalausstattung. Mit einer „harten Kernkapitalquote“ von im Schnitt 15,2 % erfüllen wir zwar alle gesetzlichen Vorgaben. Doch nur griechische und spanische Banken haben niedrigere Werte. Haber: „Zinserhöhungen haben am Anfang Vorteile für die Banken, die Nachteile kommen erst später zum Tragen.“ Denn durch die höheren Raten kommt es in Folge vermehrt zu Kreditausfällen, und das belastet wiederum die Bankbilanzen. Die schlechte Wirtschaftslage könnte das beschleunigen.
Der Vorwurf, dass die Institute die Zinserhöhungen an die Sparer gar nicht weitergeben, hält einem Faktencheck nicht stand: Von August 2022 bis August 2023 stiegen Kreditzinsen im Schnitt von 1,66 auf 5,09 %, ein Plus von 3,43 Prozentpunkten. Haber: „Im selben Zeitraum ging es bei Einlagen mit Bindung von 0,26 auf 3,49 % hinauf. Das ist auch ein Plus von 3,23.“
Täglich fällige Zinsen nach wie vor schlecht
Nach wie vor schlecht ist die Verzinsung auf Girokonten und bei „täglich fälligen“ Veranlagungen. Girokonten sind aber für den Zahlungsverkehr gedacht und kein Instrument zum Geld sparen. Doch in Österreich liegen über 100 Milliarden Euro unverzinst auf Girokonten, fast genauso viel auf täglich fälligen Sparkonten. Wer mehr Ertrag will, muss sein Geld binden, zumindest für 6 Monate oder ein Jahr. Experten gehen sogar davon aus, dass die Sparzinsen noch ein bisschen in die Höhe gehen werden.
Denn dass dies bisher so langsam geschah, hat einen Grund: Während der Corona-Krise hat die EZB die Banken mit billiger Liquidität versorgt, damit diese jederzeit Kredite vergeben und die Wirtschaft ankurbeln können. Jetzt ist die Kreditnachfrage wegen der schwachen Wirtschaftslage aber eingebrochen.
Die Banken müssen erst ihre überschüssige Liquidität abbauen (was gerade geschieht), bevor sie wieder vermehrt die Einlagen der Sparer benötigen. Der Wettbewerb um dieses für die Banken vergleichsweise günstige Geld dürfte die Sparzinsen dann wieder um einiges in die Höhe treiben.[1]
Die Politik, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, muss Sorge tragen, dass die Einlagen der österreichischen Bankkonten vor der weiteren Entwertung geschützt werden und dass die einseitigen Zinserhöhungen, die Kredite unbezahlbar machen und damit nicht nur die Wirtschaft gefährden, sondern auch tatsächlich Armut verursachen, beendet wird. Es muss aufhören, dass den Bürgern das Geld aus den Taschen gezogen wird, Kredite entweder nicht abbezahlt werden können oder schon gar nicht gewährt werden und die Österreicher damit quasi enteignet werden.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende
ANFRAGE
1. Wie kommentieren Sie die extrem hohen Gewinne, die heimische Bankinstitute einfahren, vor dem Hintergrund einer in Armut versinkenden Bevölkerung?
a. Inwiefern sehen Sie sich hierbei zum Handeln berufen?
2. Welche Maßnahmen können, werden und wollen Sie setzen, um dieser Enteignung entgegenzuwirken?
3. Welche Maßnahmen trifft Ihr Ministerium, um die Einlagen der Bevölkerung zu schützen und Kredite im bezahlbaren Rahmen zu halten?
4. Mit welchen Stellen, Behörden und Banken (damit gemeint auch die Bankenaufsicht und die Österreichische Nationalbank) sind Sie im Gespräch, um die Entwicklungen hin zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Bevölkerung und einer damit einhergehenden Rezension zu verhindern?
a. Was empfehlen Ihnen diese Stellen, Behörden und Banken?
b. Welchen dieser Ratschläge kommen Sie nach?
5. Welche Stellungnahme geben Sie zu den Warnungen der Österreichischen Nationalbank hinsichtlich der Gefahr erhöhter Ausfallraten bei Krediten aufgrund der steigenden Zinsen?
6. Welche Stellungnahme geben Sie zu den Empfehlungen der Bankenaufsicht ab, wonach die Banken nun Ertragslage nutzen sollen, um ihre Eigenkapital-Basis weiter zu stärken?
7. Können Sie behaupten, dass innerhalb der Banken die richtigen Entscheidungen getroffen werden, welche dazu führen, dass die Eigenkapitalbasis der Banken erhöht werden, die eigene überschüssige Liquidität zu Gunsten der Sparkonten abgebaut und in Folge erhöhte Einlagenzinsen an die Sparer weitergegeben werden?
a. Wenn ja, welche Entscheidungen werden dazu innerhalb der Banken getroffen?
b. Wenn nein, welche falschen Entscheidungen werden innerhalb der Banken getroffen, die negative Entwicklungen für die österreichischen Bankkunden und die heimische Wirtschaft bedeuten?
c. Wenn nein, welchen Einfluss können Sie darauf nehmen?
8. Welchen Beitrag leisten Sie dazu, dass die Interessen österreichischen Bankkunden und heimischen Wirtschaft gegenüber den Banken vertreten werden?
9. Welche Maßnahmen setzen Sie oder streben Sie an, um die schlechte Wirtschaftslage zu verbessern?
a. Welche Maßnahmen empfehlen Sie den Banken in diesem Zusammenhang?
b. Welche Maßnahmen setzen die Banken in diesem Zusammenhang?
10. Welche Maßnahmen setzen Sie oder streben Sie an gegen steigende Ausfallraten bei Krediten aufgrund der steigenden Zinsen?
a. Welche Maßnahmen empfehlen Sie den Banken in diesem Zusammenhang?
b. Welche Maßnahmen setzen die Banken in diesem Zusammenhang?
11. Welche Maßnahmen setzen Sie oder streben Sie an, damit Banken ihre extrem gestiegenen Gewinne nicht auf bedrohliche Kosten der Kunden und der Wirtschaft?
a. Welche Maßnahmen empfehlen Sie den Banken in diesem Zusammenhang?
b. Welche Maßnahmen setzen die Banken in diesem Zusammenhang?