Eingelangt am 17.11.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin
für Justiz
betreffend Konsequenzen des
Volksanwaltschaftsberichtes 2022
Die Volksanwaltschaft überprüft aufgrund von
Beschwerden von Bürger:innen die Arbeit der öffentlichen Verwaltung
in Österreich. Dabei zeigt sie Defizite auf und drängt auf deren
Beseitigung. Falls dies nicht möglich ist, übermittelt sie dem
Parlament Vorschläge zu Gesetzesänderungen (https://volksanwaltschaft.gv.at/downloads/4oj0t/PB-46-Nachpr%C3%BCfend_2022_bf.pdf).
Seit dem Jahr 2014 wird der Jahresbericht an das Parlament
in zwei getrennten Bänden vorgelegt. Der erste Band behandelt die
Kontrolle der öffentlichen Verwaltung und umfasst im Wesentlichen die
Prüfverfahren, welche die Bundesministerien betreffen; im Jahre 2022
wurden 10.508 Prüfverfahren abgeschlossen, davon stellte die
Volksanwaltschaft in 2.278 Fällen- also rund einem Fünftel- einen
Missstand in der Verwaltung fest.
Der zweite Band umfasst insbesondere die präventiven
Aufgaben, die seit 1. Juli 2012 von der Volksanwaltschaft und den von ihr
eingesetzten Kommissionen im Rahmen ihrer Tätigkeit als Nationaler
Präventionsmechanismus (NPM) in Durchführung des Fakultativprotokolls
zur UN-Anti-Folterkonvention und als Kontrollorgan nach der
UN-Behindertenrechtskonvention zu erfüllen sind. In ihrem NPM-Bericht zum
Jahre 2022 stellte die Volksanwaltschaft wieder Mängel beim Schutz der
Grund- und Menschenrechte auf.
Zahlreiche von der Volksanwaltschaft angesprochenen
reformbedürftigen Themen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums.
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- Zögerliche Aufklärung einer
Misshandlung – JA Stein (Band "Kontrolle der öffentlichen
Verwaltung", S. 157): Von Amts wegen leitete die VA ein
Prüfverfahren zur Verletzung eines Insassen durch einen
Justizwachebeamten ein: Aus nicht bekanntem Grund habe ein Beamter
mit zwei Händen den Kopf eines Gefangenen genommen und mehrfach gegen
die Haftraumtüre geschlagen. Auf mehreren Videos, die der Verletzte
ins Internet stellte, sind zwei (Platz-) Wunden (an der linken Seite der
Stirn sowie am rechten Ohr) zu sehen. Mit Schreiben vom November 2022
teilte das BMJ mit, dass die StA Krems einen im September 2022 gegen den
Beamten eingebrachten Strafantrag zurückgezogen habe und damit das
Strafverfahren eingestellt wurde. Eine Disziplinaranzeige gegen den
Beamten sei bei der Bundesdisziplinarbehörde erstattet worden.
- Was ist der aktuelle Stand des
Disziplinarverfahrens?
- Welche Maßnahmen wurden nach
diesem Vorfall ergriffen (Schulungen, etc.)?
- Zu "aufreizende Kleidung"
einer Insassin in der JA Klagenfurt (Band "Kontrolle der
öffentlichen Verwaltung", S.161): Eine 36-jährige Frau, die
in der JA Klagenfurt in Untersuchungshaft war, erhielt eine Abmahnung. Als
sie zum Besuch ihrer Eltern geholt wurde, teilte ihr eine
Justizwachebeamtin mit, dass sie zu aufreizend gekleidet sei. Sie habe ein
Sommerkleid mit Kompressionsstrümpfen getragen. Für den Besuch
hätte sie sich umziehen und statt des Kleides eine Hose tragen
müssen. Das BMJ stellte von sich aus klar, dass die Insassinnen nicht
für das Verhalten der Insassen verantwortlich gemacht werden dürfen,
und stellte mehrere Maßnahmen in Aussicht. Der JA werde empfohlen,
den Insassinnen eine Vertrauensperson zu benennen. Weiters sollen den männlichen
Inhaftierten Workshops angeboten werden, um ihr Frauenbild zu
überdenken
- Wurden seit diesem Vorfall Workshops
angeboten?
i. Falls ja: wann wurden die Workshops durchgeführt?
ii. Falls Nein; warum nicht?
- Wurde den Insassinnen eine
Vertrauensperson benannt?
i. Wenn nein: wieso nicht?
- Medizinische Versorgung in den
Justizanstalten (Band "Kontrolle der öffentlichen
Verwaltung" S. 162 ff., Band "Präventive
Menschenrechtskontrolle, S. 118, ff): Die Berichte enthalten Schilderungen
über desaströse medizinische Versorgung und Überlastung von
medizinischem Personal in einer Vielzahl an Justizanstalten. Der Grund
sind die unattraktiven Arbeitsbedingungen und fehlenden monetären
Anreize, um Mediziner:innen für eine Tätigkeit im Vollzug zu
gewinnen.
- Welche Maßnahmen werden
getroffen, um diese prekäre Situation zu verbessern und um die
medizinische Versorgung in den Justizanstalten mittel - und langfristig
sicherzustellen?
- Nach dem StVG hat das BMJ binnen
längstens sechs Wochen nach rechtskräftigem Urteil zu
entscheiden, in welcher JA und nach welchen Grundsätzen die Strafe zu
vollziehen ist (Klassifizierung). Die VA kritisierte in ihrem Bericht,
dass die Frist für die sogenannte Klassifizierung in mehreren
Fällen überschritten wurde (Band "Kontrolle der
öffentlichen Verwaltung" S. 168). Welche Maßnahmen werden
gesetzt, um sicherzustellen, dass die gesetzlich vorgesehene Frist in
allen Fällen eingehalten wird?
- Der NPM erachtete bei einem Besuch der
JA Wien - Favoriten die Besuchszeiten als nicht ausreichend, die VA
forderte daher die Ausweitung der Besuchszeiten auf das Wochenende zur
Aufrechterhaltung familiärer und sonstiger persönlicher
Bindungen. (Band "Präventive Menschenrechtskontrolle, S. 113):
Wurden die Besuchszeiten entsprechend angepasst?
- Falls nein: wieso nicht?
- Der NPM forderte, Videotelefonie allen
Gefangenen zugänglich zu machen und nicht nur jenen Gefangenen, die
keinen Besuch in Österreich empfangen könnten (Band
"Präventive Menschenrechtskontrolle S. 113).
- Wurden Maßnahmen gesetzt, um
Videotelefonie allen Gefangengen zu ermöglichen?
i. Falls ja: welche Maßnahmen wurden zu welchem
Zeitpunkt gesetzt?
ii. Falls nein: warum nicht?
- In beiden Berichten wurde die
Zusammenarbeit zwischen Exekutive und Nicht-Exekutive angesprochen, der
NPM stellte fest, dass das wechselseitige Verständnis zwischen
Justizwache und Betreuungspersonal verbesserbar ist, das liegt auch an der
fehlenden Ausbildung des Exekutivpersonals über die Krankheitsbilder
der im Maßnahmenvollzug untergebrachten Personen. Laut dem BMJ würden
Vorbereitungen für ein gemeinsames Ausbildungskonzept für das
Exekekutive und das Nicht-exekutive Personal getroffen werden (Band
"Präventive Menschenrechtskontrolle S. 121).
- Wie ist der aktuelle Stand dieser
Vorbereitungen?
i. Wann kann mit dem Start dieser Ausbildung gerechnet werden
und wie soll sie ausgestaltet sein?
- Bei ihrem Besuch der JA Salzburg
stellte die Kommission fest, dass die VISCI-Einstufung mit farblichen
Aufklebern neben der Haftraumtüre angebracht war und kritisierte dies
als Verletzung der Privatsphäre (Band "Präventive
Menschenrechtskontrolle, S.115 ) Wurde diese Praxis mittlerweile beendet?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, durch welche konkreten
Maßnahmen?
- Wenn nein, warum nicht und
bis wann ist eine Umsetzung der Empfehlung durch welche konkreten
Maßnahmen geplant?
- Die Kommission musste feststellen,
dass bei Therapiegesprächen von Insassinnen mit der Psychotherapeutin
die Vertraulichkeit nicht immer gewahrt ist. (Band "Präventive
Menschenrechtskontrolle, S. 116) Welche Maßnahmen wurden getroffen,
um sicherzustellen, dass in Zukunft die Vertraulichkeit gewahrt wird?
- Die Kommission kritisierte, dass
Untergebrachte gem. § 21 Abs. 2 StGB, deren Urteil seit geraumer Zeit
rechtskräftig ist, noch landesgerichtlichen Gefangenenhäusern
angehalten werden. Können Untergebrachte nicht zeitnahe in ihre
Zielanstalt überstellt werden, ist ihnen bis dahin ein adäquates
Therapieangebot zu unterbreiten. Wurde diese Empfehlung befolgt?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, durch welche konkreten
Maßnahmen?
- Wenn nein, warum nicht und bis wann
ist eine Umsetzung der Empfehlung durch welche konkreten Maßnahmen
geplant?
- Die Kommission kritisierte die
baulichen Mängel im Landesklinikum Mauer, Pavillon 12 und regte an,
dass Nachsorgeeinrichtungen barrierefrei nutzbar sein müssen,
Fluchttüren dürfen nicht versperrt und Notausgänge
müssen als solche gekennzeichnet sein. Zudem sind den
Bediensteten regelmäßige Auffrischungs- und
Fortbildungskurse zum Thema Gewaltprävention anzubieten. Wurde diese
Empfehlung befolgt?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, durch welche konkreten
Maßnahmen?
- Wenn nein, warum nicht und
bis wann ist eine Umsetzung der Empfehlung durch welche konkreten
Maßnahmen geplant?
- Wurde die Empfehlung zu den
Nachsorgeeinrichtungen umgesetzt (Band Präventive
Menschenrechtskontrolle, S. 131-132)?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, durch welche konkreten
Maßnahmen?
- Wenn nein, warum nicht und
bis wann ist eine Umsetzung der Empfehlung durch welche konkreten
Maßnahmen geplant?