16980/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.11.2023
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

an die Ministerin für Justiz

betreffend Freimaurernetzwerke in Politik und Justiz

 

 

Im Zuge des Pädophilenskandals rund um den Schauspieler Florian Teichtmeister wurde seine Mitgliedschaft bei einer österreichischen Freimaurerloge prominent und durchaus unüblicherweise medial thematisiert.

 

Der Geheimbund der Freimaurer behauptet von sich selbst, in Österreich über rund 3.600 Mitglieder in 83 Logen zu verfügen, wobei die „Großloge von Österreich“ als deren offizielle Vertretung fungiert.[1] Nicht nur ein Blick in die Historie zeigt dabei, dass viele Menschen an wichtigen Schaltstellen der Republik, sei es in Justiz und Politik, Mitglieder bei Freimaurerlogen waren und immer noch sind. Die „Kronen Zeitung“ schrieb dazu kryptisch:

 

Große Namen finden sich in der Liste der ehemaligen und aktiven Freimaurer. Viele hochrangige Politiker in Österreich sind und waren Mitglieder.[2]

 

Der „Kurier“ schrieb im Jahr 2017 wiederum:

 

Viele hochrangige Politiker in Österreich (vor allem von der SPÖ, aber teilweise auch der ÖVP und anderer Parteien) sind und waren Mitglieder.[3]

 

Bekannt ist etwa, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen Mitglied einer Freimaurerloge in Innsbruck war, aus dieser aber angeblich wieder austrat.[4] Wiens ehemaliger SPÖ-Bürgermeister Helmut Zilk war ebenso Freimaurer, wie der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Fred Sinowatz, und auch Ex-SPÖ-Verkehrsminister Rudolf Streicher sowie SPÖ-Ex-Politiker Hannes Androsch sind Freimaurer.[5] Bekannt ist auch, dass der ÖVP-Kulturpolitiker Jörg Mauthe Freimaurer war.[6] Ebenso soll der Lobbyist Peter Hochegger Freimaurer sein.[7]

 

In einem Interview aus dem Jahr 2007 mit dem „Standard“ gab NEOS-Großspender Hans-Peter Haselsteiner wiederum unumwunden zu, Freimaurer zu sein:

 

STANDARD: Oh, schwerer Fehler, Entschuldigung. Ich wollte eigentlich zur Freimaurerei. Warum sind Sie Freimaurer?

Haselsteiner: Die Freimaurerei ist eine spannende und sehr anspruchsvolle Basis für die eigene Entwicklung. Die Freimaurer sind unter allen Männerbünden mit Abstand jener Verein, der das intellektuell höchste Niveau pflegt.

STANDARD: Sie kämen doch auch ohne Geheimbund an intellektuelle Diskurspartner.

Haselsteiner: Ja, aber dort sind die Gesprächspartner in einem anderen Habitus, unter Deckung, können sich völlig unabhängig von ihrem Beruf und ihrer Aufgabe frei äußern, das ginge sonst nie. Und es geht um ganz andere Themen. Mein Engagement für soziale Fragen, Ethik, Moral, Moraltheologie, das kommt aus der freimaurerischen Diskussion.

STANDARD: Ich habe nicht geschafft, zu eruieren, in welcher Loge Sie sind. Wenn man es googelt, kommt immer nur die Opernball-Loge.

Haselsteiner: Ich wurde das auch noch nie gefragt.

STANDARD: In welcher Loge sind Sie?

Haselsteiner: Das möchte ich Ihnen nicht sagen. Ginge zu nahe an die Deckung meiner Brüder.[8]

 

Wie gefährlich Freimaurer-Netzwerke in der Politik sein können, zeigte den 1970 und 1980er-Jahren in Italien der Skandal um die Propaganda-Due (P2) unter dem ehemaligen Faschisten Ligio Gelli, in deren Umfeld es zu unzähligen Terroranschlägen und Attentaten kam. Parlamentarier, Minister, Staatssekretäre, Lokalpolitiker und Beamte waren Mitglieder der Loge.

 

In einer pluralistischen und eigentlich transparenten Demokratie ist es höchst bedenklich, dass derart weitreichend vernetzte Geheimbünde offenbar unzählige Mitglieder in relevanten Führungspositionen des Staates installieren, darüber aber so gut wie keine Auskunft geben. Weder über Gründe dieser Mitgliedschaften, noch über Intentionen, Ziele oder gar mögliche Interessenskonflikte. Während vor allem von linker Seite regelmäßig Mitgliedschaften in Studentenverbindungen thematisiert und skandalisiert werden[9] sowie etwaige Mitgliedschaften innerhalb des Führungspersonals der Republik abgefragt werden - obwohl sich Studentenverbindungen im Gegensatz zur Freimaurerei nicht der Öffentlichkeit verschließen -, herrscht bei den österreichischen Freimaurernetzwerken offenbar kein Aufklärungsbedarf.

 

 

In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Mitarbeiter Ihres Ressorts (Kabinetts) haben eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen?

a.    Wie viele Mitarbeiter Ihres Ressorts haben im Erhebungsbogen für die Sicherheitsüberprüfung bei der Frage nach Vereinsmitgliedschaften angegeben, Mitglied einer Freimaurerloge zu sein?

b.    Wie viele Mitarbeiter Ihres Kabinetts haben im Erhebungsbogen für die Sicherheitsüberprüfung bei der Frage nach Vereinsmitgliedschaften angegeben, Mitglied einer Freimaurerloge zu sein?

    1. Sind Sie Mitglied einer Freimaurerloge?

                                          i.        Wenn ja, in welcher und seit wann?

  1. Werden Mitgliedschaften in Freimaurerlogen im Zuge der Sicherheitsüberprüfung von Mitarbeitern in Ihrem Ressort abgefragt?
    1. Wenn nein, warum nicht?
  2. Wie viele Staatsanwälte, Höchstrichter und leitende Beamte sowie Führungspersönlichkeiten in Gerichtshöfen (VfGH, VwGH, OLGs, OGH, BvWG, usw.) sind bekennende Freimaurer bzw. Mitglieder einer Freimaurerloge?
    1. Um welche Personen handelt es sich konkret?
  3. Stehen Freimaurerlogen bzw. deren Vertreter in Kontakt mit Ihrem Ressort bzw. gibt es Kooperationen oder anderweitige Zusammenarbeit?
    1. Wenn ja, bitte um konkrete Nennung welche Aktivitäten dies betrifft?
  4. Wie viele Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sind im Zusammenhang mit Freimaurerlogen bzw. Mitgliedern von Freimaurerlogen in der laufenden Legislaturperiode anhängig?
    1. Wer wird in diesen Verfahren wegen welchen Delikten als Beschuldigter geführt, bzw. gegen wen wird ermittelt?
    2. Wie stellen Sie sicher, dass Ermittlungs- und Strafverfahren, die gegen Mitglieder von Freimaurerlogen geführt werden, nicht von deren Mitgliedern in Polizei und Justiz unterdrückt werden?

6.    Wurden wegen Befangenheit bzw. dem Anschein der Befangenheit aufgrund der Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge auch schon Ermittlungen oder Verfahren abgegeben?

a.    Wie viele Gerichtsverfahren hätten wegen einer solchen Befangenheit nicht eingeleitet werden dürfen?

b.    Wie viele Gerichtsverfahren sind wegen solch einer Befangenheit wieder aufgenommen worden?

  1. Wurden im Zuge der Teichtmeister-Causa Ermittlungen der Justiz durch Freimaurer behindert oder wurde versucht, Einfluss auf sie zu nehmen?
    1. Wenn ja, wann, durch wen und in welcher Form? 


[1] Grossloge von Österreich der Alten, Freien und Angenommenen Maurer (freimaurerei.at)

[2] Aus Bund verbannt - Freimaurer: „Wurden von Teichtmeister getäuscht“ | krone.at

[3] Vom Mozart bis Zilk – sie waren Freimaurer | kurier.at

[4] Präsidentschaft: Van der Bellen, Ex-Freimaurer | DiePresse.com

[5] Freimaurer in Österreich: Das steckt dahinter - oe24.at

[6] Der Staat im Staate: Weit verzweigte Netzwerke der Logenbruder - Wochenblick.at

[7] Die Freimaurer-Connection: Großmeister der Skandale | trend.at

[8] "Russen sind gemütliche Menschen" - Anders gefragt - derStandard.at › Wirtschaft

[9] Ehre, Freundschaft, Freunderlwirtschaft - Wirtschaft - derStandard.at › Wirtschaft sowie ÖVP und CV: Geschichte einer Verflechtung - Inland - derStandard.at › Inland und Burschenschafter in der Regierung, im Parlament, in den Landtagen (kontrast.at)