17007/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.11.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Aufklärung rund um die Genehmigung des Verkaufs der Sber AG!
Bis dato verabschiedete die Europäische Union elf Sanktionspakete gegen Russland und weitere Einzelmaßnahmen. Die Sanktionspakete umfassen eine Bandbreite von Maßnahmen – darunter Sanktionen im Finanzbereich, wie der SWIFT-Ausschluss von russischen Banken, Einlagenbeschränkungen für russische Staatsbürger:innen, das Verbot von Transaktionen mit der russischen Zentralbank und ein Verbot der Ausgabe von EUR-Scheinen an russische Staatsbürger oder Institutionen. Seit Beginn des Krieges stellt sich permanent die Frage, ob die österreichische Bundesregierung die EU-Sanktionen gegen Russland ausreichend mitträgt. Die Befürchtung besteht, dass Österreich dem nicht ordentlich nachkommt und seinem zweifelhaften Ruf als "Russlands Flugzeugträger in Europa" (Financial Times) dadurch gerecht wird.
Wie das profil mit dem Investigativjournalisten Stefan Melichar am 24.08.2023 aufdeckte, wurde der Verkauf der Österreich-Tochter der sanktionierten russischen Sberbank (überwiegend im staatlichen Besitz des Putin-Regimes) an den Unternehmer Stephan Zöchling unter sehr dubiosen Umständen im Juni 2023 durch die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) genehmigt. Es kam auch zu einer Strafanzeige durch einen weiteren Kaufinteressenten. Durch den Verkauf fließen 227 Mio. Euro direkt nach Russland, welches einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen hat.
Kurz nach Beginn des Kriegs wurde die Sberbank Europe AG abgewickelt, legte ihre Lizenz zurück und wurde in „Sber Vermögensverwaltungs AG in Abwicklung“ (Sber AG) umbenannt. Auf das nach der Abwicklung vorhandene Geld konnte die Sberbank aber aufgrund der Sanktionen nicht zugreifen. Erst durch eine Ausnahmeregelung, die als "Kann"-Bestimmung festgelegt war, kam die Möglichkeit eines Verkaufs in Frage. Die EU-Mitgliedsstaaten konnten unter ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen die Freigabe eingefrorener Gelder genehmigen, "sofern es notwendig ist, um einen laufenden Verkauf von Beteiligungen der russischen Bank in der EU abzuschließen."
Zunächst wurde dafür eine Frist bis zum 31. Oktober 2022, später dann bis zum 17. Juni 2023 eingeräumt. Die genaue Interpretation ist nicht eindeutig, wie aber Profil schreibt, deutet der vorliegende Genehmigungsbescheid der DSN "aber jedenfalls darauf hin, dass die DSN eine aus Sicht der Sberbank besonders günstige rechtliche Auslegung wählte – und zumindest in Bezug auf einen Aspekt die EU-Ausnahmeregelung verzerrt umgesetzt hat."
Den Begriff "laufender Verkauf" würde man umgangssprachlich wohl so verstehen, dass ein Verkauf kurz vor dem Abschluss steht. Der Sberbank wurde aber die Möglichkeit gegeben, sich in einem langen Prozess auf die aus Sicht Moskaus beste Alternative vorzubereiten. Der spätere Käufer Stephan Zöchling hat erst am 07. Juni 2023 seinen Genehmigungsantrag gestellt, also erst wenige Tage vor Fristende. Die Firmenkonstruktion, über die der Unternehmer die Sber AG erwerben wollte, befand sich zu diesem Zeitpunkt erst „in Gründung“. Die Errichtungserklärungen der beiden involvierten GmbHs waren laut profil lediglich zwei Tage alt und stammten vom 5. Juni 2023.
Durch den Verkauf sind rund 227 Millionen Euro nach Moskau geflossen. Dies ist im Kaufvertrag nämlich als Bedingung für die Übertragung der Aktien angeführt. Was auch stutzig macht, ist ein Vermerk im Kaufvertrag, dem zufolge die vorgesehenen Barerlöse aus der Sber AG-Liquidation genau den Nettokaufpreis ausmachen würden. Das hieße, dass es der Sberbank trotz Sanktionen gelungen ist, zumindest die gesamten liquiden Mittel, die sich aus der Abwicklung in Österreich ergeben haben, nach Russland zu bringen. Wie Stefan Melichar festhält, wirkt der Verkauf wirtschaftlich betrachtet eher wie eine Übertragung von Vermögenswerten. Faktisch scheint die sanktionierte Sberbank den langmächtigen Verkaufsprozess optimal genutzt zu haben, um eigentlich eingefrorene Gelder loszueisen.
Es bleibt der Anschein, dass Österreich seinen Spielraum exzessiv genutzt hat, sodass die Sberbank gut ausgestiegen ist – und somit auch das Putin-Regime.
Quellen:
https://www.profil.at/investigativ/sberbank-verkauf-trotz-sanktionen-so-lief-der-umstrittene-millionen-deal/402568874
https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/14191075/Sberbank-an-Investor-aus-Oesterreich-verkauft/15454855
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Welche Position nahm das BMI bzw. die DSN zu welchem Gesprächspunkt ein?
i. Welche Position nahm das BMI bzw. die DSN zu welchem Gesprächspunkt ein?
i. Welche Position nahm das BMI bzw. die DSN zu welchem Gesprächspunkt ein?
i. Wurde die Kommission/der Rat und die Mitgliedstaaten vom Gebrauch der Ausnahmeregelung informiert?
1. Wenn ja, wann zu welcher Genehmigung, mit welchem Inhalt und mit welcher Reaktion?
i. Waren Personen oder Organisationseinheit in diesen Prozess eingebunden, die nicht dem BMI zuzurechnen sind?
i. Gab es auch Kritik/Zweifel in Bezug auf den Genehmigungsbescheid?
1. Wenn ja, wer äußerte diese?
i. Wenn ja, wann durch wen?
i. Gab es hierzu Gespräche innerhalb und/oder außerhalb Ihres Ressorts?
1. Wenn ja, wer war wann daran beteiligt und was war der konkrete Gesprächsinhalt?
i. Gab es hierzu Gespräche innerhalb und/oder außerhalb Ihres Ressorts?
1. Wenn ja, wer war wann daran beteiligt und was war der konkrete Gesprächsinhalt?
i. Wenn ja, aufgrund welcher Kriterien und Erwägungen?
ii. Wenn nein, warum auf welchen Kriterien und Erwägungen?
i. Waren Personen oder Organisationseinheit in diesen Prozess eingebunden, die nicht dem BMI zuzurechnen sind?
i. Gab es auch Kritik/Zweifel in Bezug auf die Entscheidungen?
1. Wenn ja, wer äußerte diese?
i. Wenn ja, wann durch wen?
i. Wenn ja, inwiefern und wer war wann involviert?
ii. Gab es hierzu Gesprächen innerhalb und außerhalb Ihres Ressorts?
1. Wenn ja, wer war wann daran beteiligt und was war der konkrete Gesprächsinhalt?
2. Welche Position nahm das BMI jeweils ein?
i. Waren Personen oder Organisationseinheit in diese Prozesse eingebunden, die nicht dem BMI zuzurechnen sind?
i. Gab es auch Kritik/Zweifel in Bezug auf die Entscheidungen?
1. Wenn ja, wer äußerte diese?
i. Wenn ja, wann durch wen?