Eingelangt am 24.11.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin
Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Aktionsplan für eine
nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe): Stand der
Bio-Lebensmittelbeschaffung in den Ministeriumsküchen?
Die biologische Landwirtschaft hat in
Österreich zweifelsohne einen hohen Stellenwert. Davon zeugen auch
zahlreiche politische Bekenntnisse, den Bio-Anteil sukzessive auszubauen, um
das "Bioland Nummer 1" weiterhin
an der Spitze zu halten. In der Bio-Strategie des Landwirtschaftsministeriums
ging man daher sogar so weit, das Bio-Ziel in konkrete Zahlen zu
gießen. Demnach soll der Bio-Anteil an der landwirtschaftlichen
Bewirtschaftungsfläche im Jahr 2027 30% und bis 2030 sogar 35% ausmachen.
(1) Derzeit liegt dieser Wert bei etwas 27% (2). Insofern könnte von einem
realistischen Zielpfad gesprochen werden, doch gibt es bereits erste Anzeichen
und Mahnungen, dass sich nach Jahren des kontinuierlichen Bio-Zuwachses
allmählich eine Stagnationstendenz einstellen könnte. Sollte es die
Regierung mit dem Bio-Ziel tatsächlich ernst meinen, sollten daher auch
entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, damit sich dieser
Stagnationstrend nicht verfestigt.
Um die Bio-Landwirtschaft langfristig zu
stärken, ist es selbstverständlich notwendig, den Absatz von
Biolebensmitteln weiter zu forcieren. Die öffentliche
Gemeinschaftsverpflegung des Bundes würde einen wirkungsvollen
Hebel anbieten, um aktiv zur Bio-Zielerreichung beizutragen. Der Regierung
müsste hierbei eine Vorreiterrolle in der Beschaffung biologischer
Lebensmittel zukommen, die nicht zuletzt dazu beitragen würde,
ihre Glaubwürdigkeit in Bezug auf die von ihr gesetzten
Bio-Ziele zu verbessern – denn diese hat in letzter Zeit stark gelitten
(3). Bei etwa 1,8 Millionen Mahlzeiten, die in Österreich täglich in
Gemeinschaftsverpflegungen wie Kindergärten, Schulen etc. ausgegeben
werden (4), gäbe es neben der reinen Vorbildwirkung aber auch ein
beträchtliches Absatzpotential. Und was für Kindergärten,
Schulen und Pflegezentren gilt, sollte selbstverständlich auch für
die Gemeinschaftsverpflegung in Ministerien und Bundeseinrichtungen
gelten.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurde
2021 das aktualisierte naBe-Aktionsprogramm beschlossen, worin sich die
Bundesregierung per Ministerratsbeschluss verpflichtet hat,
in Koordination mit der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) ein nachhaltiges
und ökologisches Beschaffungswesen der öffentlichen Hand zu
etablieren. Insgesamt umfasst das Aktionsprogramm zur nachhaltigen Beschaffung
16 Produktgruppen, die zukünftig auf Basis konkreter
Nachhaltigkeitskriterien beschafft werden sollen. In der Kategorie
Lebensmittelbeschaffung wurden neben anderen Kriterien auch die
"Schrittweise Erhöhung des Mindestanteils an biologisch erzeugten
Lebensmitteln von 25 % im Jahr 2023 auf 55 % im Jahr 2030"
eingeführt. Demnach müsste der (monetäre) Anteil an biologischen
Lebensmittel in den Ministerien und deren nachgelagerten Bereichen aktuell bei
jeweils mindestens 25% liegen. (5)
Für die Umsetzung, Steuerung und
Evaluierung des naBe Aktionsprogramms wurde eine eigens dafür
eingerichtete interministerielle Steuerungsgruppe bestellt. Das BMK
übernimmt hierbei eine übergeordnete Funktion als interministerielle
Koordinierungsstelle. Des Weiteren gehören diesem Gremium auch die
für Beschaffung zuständigen Sektionsleiter der einzelnen Ministerien,
sowie die Geschäftsführung der BBG und der BIG
(Bundesimmobiliengesellschaft) an. Die Aufgaben des Steuerungsgremiums bestehen
etwa in der Koordination der zentralen Maßnahmen zur Implementierung des
naBe-Aktionsplans, sowie in der "Definition eines
ressortübergreifenden einheitlichen Monitoringsystems und jährliche
Erfolgskontrolle anhand der im Monitoringsystem festgelegten Kennzahlen".
(6)
Obwohl es auf der Website des naBe
heißt, dass derzeit an einem Monitoringsystem gearbeitet wird, "das
Auskunft über den Grad der Implementierung des naBe-Aktionsplans
gibt", gibt es bisher keine öffentlich zugänglichen Daten
über den tatsächlichen Implementierungsstand in den jeweiligen
Ministerien. Es wird jedoch von der naBe darauf hingewiesen, dass mit dem
Monitoringsystem zumindest folgende Punkte evaluiert werden sollen (6):
- die Institutionalisierung des
naBe-Aktionsplans in den einzelnen Bundeseinrichtungen,
- die Anwendung der naBe-Kriterien in den
Ausschreibungen und Verträgen und die naBe-Konformität der
beschafften Produkte und Leistungen sowie
- die Zusammensetzung der Anbieter
(Größe, vorhandenes Umweltmanagementsystem etc)
Da es aber bisher keinen entsprechenden
Monitoringbericht gibt, ist der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt, wie
es um den Umsetzungstand bei der Bio-Lebensmittelbeschaffung in den einzelne
Ministerien bestellt ist, wo die Hürden der Umsetzung liegen oder welche
Maßnahmen von der Steuerungsgruppe und den einzelnen Sektionsleitern
getroffen wurden, um bis 2030 das Ziel von 55% Biolebensmittelbeschaffung zu
erreichen.
Darüber hinaus häufen sich Hinweise
aus der Biobranche, dass es zwar Instrumentarien gäbe, die es den
Ministerien ermöglichen würden, den Bio-Anteil in ihren Küchen
unkompliziert zu erhöhen, dass diese aber nur unzureichend oder gar nicht
genutzt werden. Dazu zählen etwa sogenannte "Bio-Lose" in den
Ausschreibungen der BBG. Momentan ist es für reine Bioproduzenten schwer,
sich an offiziellen Ausschreibungen der BBG zu beteiligen, da sie meist keine
"konventionellen" Produkte in ihrem Sortiment vorweisen können
und somit die Ausschreibungen nicht vollständig erfüllen. Das
Instrument der "Biolose" würde demnach gewährleiten, dass
Anbieter, die ausschließlich Bioware anbieten, zumindest einen
Teilzuschlag der Gesamtausschreibung erhalten können. Ein anderes
Instrumentarium bestünde etwa im sogenannten "dynamischen
Beschaffungssystems Lebensmittel", womit die BBG den Ministerien die
Möglichkeit einräumt, regionale Kleinunternehmer leichter bei der
Lebensmittelbeschaffung zu berücksichtigen. Auch mit
diesem Instrument könnte die Bioquote unbürokratisch angehoben werden
und noch dazu ein Beitrag zur regionalen Beschaffung geleistet werden. Diese
Angebote bleiben jedoch weitgehend ungenutzt.
(1) https://info.bml.gv.at/themen/landwirtschaft/bio-lw/bioaktionsprogramm2023.html
(2) https://www.bio-austria.at/bio-bauern/statistik/#:~:text=So%20Bio%20ist%20%C3%96sterreich&text=Somit%20sind%2027%20Prozent%20der,Prozent%20im%20Vergleich%20zu%202019.
(3) Bei Bio verspielt der Staat viel
Glaubwürdigkeit - Verena Kainrath - derStandard.at › Diskurs
(4) https://greenpeace.at/assets/uploads/pdf/presse/Gemeinschaftsverpflegung_als_Motor_f%C3%BCr_%C3%B6st_Bio-Landwirtschaft_FiBL_20180529.pdf
(5) https://www.nabe.gv.at/
(6) https://www.nabe.gv.at/governance/
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Wie hoch ist das
monetäre Gesamtvolumina an beschafften Lebensmitteln im Ministeriums
und seiner nachgelagerten Bundeseinrichtungen?
- Wie hoch ist der aktuelle monetäre
Bioanteil an diesen Lebensmitteln in % der Gesamtbeschaffung und in
absoluten Zahlen?
- Um wie viel % konnte der monetäre
Bioanteil seit Inkrafttreten des aktualisierten naBe im Jahr 2021
erhöht werden?
- Wie hoch ist das Budget des Ministeriums,
das in den Jahren 2021 bis 2023 zur Lebensmittelbeschaffung zur
Verfügung stand?
- Wie viel % von diesem Budget ist explizit
für die Beschaffung von Biolebensmittel vorgesehen?
- Wie viele Einrichtungen der
öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung (Außer-Haus-Verpflegung)
gibt es im Zuständigkeitsbereich ihres Ministeriums oder nachgeordneter
Dienststellen? Bitte nennen sie auch jene Einrichtungen, deren Betrieb
vertraglich an Dritte vergeben wurde. Wenn ja, bitte um Nennung der
Einrichtungen und folgender Informationen für jede der genannten
Einrichtungen:
- Durchschnittliche Anzahl
der Personen die täglich von diesen Einrichtungen verpflegt werden
- Angabe, ob die
Einrichtung ausschließlich der Versorgung und Verpflegung der
Mitarbeiter des Ressorts dienen oder auch Zielgruppen darüber hinaus
verpflegt werden
- Angabe des Bio-Anteils (gemäß
Definition naBe) für 2022 und jedenfalls für das 1. Halbjahr
2023 oder darüber hinaus, sofern die Daten verfügbar sind.
Bitte um Angabe der Anteile in Bezug auf das gesamte Einkaufsvolumen wie
auch aufgeschlüsselt für die Produktgruppen Milch, Fleisch,
Eier, Geflügel, Trockenware, Gemüse
- Welcher monetäre
Anteil der Lebensmittelbeschaffung des Ministeriums wurde an Dritte
ausgelagert und um wie viele Vertragspartner handelt es sich dabei?
- Wurde in den Pachtverträgen die
Beschaffung von Biolebensmittel vorgeschrieben?
i. Wenn ja: Wie hoch wurde der Bioanteil festgesetzt?
ii. Wenn ja: Wie wird kontrolliert, ob der Bioanteil von den Pächtern
eingehalten wird?
iii. Wenn nein: Warum wurde darauf verzichtet, den Pächtern einen
vertraglich festgeschriebenen Bioanteil nach naBe Kriterien vorzugeben?
- Von wie vielen unterschiedlichen Lieferanten
bezieht das Ministerium derzeit seine Lebensmittel?
- Um welche Lieferanten handelt es sich
dabei?
- Welcher Anteil der Lebensmittelbeschaffung
wird über die BBG abgewickelt und welcher Anteil wird direkt
über das Ministerium eingekauft?
- Wie viele Ausschreibungen wurden seit 2021
mit der BBG zur Lebensmittelbeschaffung abgewickelt und welches
monetäre Volumen wurde damit umgesetzt (bitte um
Aufschlüsselung je Ausschreibung)?
- Bei wie vielen Lebensmittelbeschaffungen
für das Ministerium war sei 2021 in der Ausschreibung explizit ein
Bioanteil gefordert? Wie hoch waren diese geforderten Bioanteile in % der
Gesamtbeschaffung und in den jeweiligen Ausschreibungen?
- Wurde von ihrem Ministerium und den
nachgelagerten Stellen Biolose in der Rahmenvereinbarung mit der BBG
eingefordert?
- Wie viele Biolose wurden bisher
eingefordert? Wie hoch ist das monetäre Volumen an Biolebensmittel,
dass durch diese Lose vergeben wurde und wie hoch ist der Anteil dieser
Biolose an der gesamten Lebensmittelbeschaffung in %? (bitte auch
angeben, falls bisher noch keine Biolose angefordert wurden)
- Wird derzeit an
Maßnahmen gearbeitet, um zukünftig mehr Biolose in die
Rahmenvereinbarungen mit der BBG aufzunehmen? Bis wann und in welchem
Ausmaß sollen Biolose angefordert werden?
- Wenn bisher noch keine Biolose angefordert
wurden: Welche Gründe sprechen dagegen, Biolose in den
Rahmenvereinbarungen mit der BBG anzufordern?
- Wurde von ihrem
Ministerium bereits das von der BBG angebotene Instrumentarium der
"dynamischen Beschaffung Lebensmittel" angewandt, um damit
regionale Kleinproduzenten an den Lebensmittel-Ausschreibungen zu
beteiligen?
- Wenn ja: Wie viele
Verträge wurden über das Instrument der dynamischen Lebensmittelbeschaffung
bisher geschlossen und welche monetären Anteile stammen dabei aus
Bioproduktion? (bitte um Angabe des monetären Volumens das über
dieses Instrumentarium beschafft wird, welcher Teil davon biologisch ist
und welchen Anteil dieses Volumen am Gesamtvolumen der
Lebensmittelbeschaffung ausmacht)
- Wenn nein: Warum wurde
das Instrumentarium bisher nicht genutzt? Ist dem Ministerium
überhaupt bekannt, dass es dieses Instrumentarium gibt?
- Wenn nein: Wird derzeit
an Maßnahmen gearbeitet, um zukünftig mehr regionale
Kleinanbieter über das dynamische Beschaffungssystem in die
Lebensmittelbeschaffung des Ministeriums zu integrieren?
- Wenn nein: Welche
Verbesserungen müsste das Instrumentarium aufweisen, damit sie es
zukünftig anwenden bzw. wo sehen sie Schwachstellen und
Hinderungsgründe, die einer Anwendung bisher entgegen standen?
- Inwiefern achtet das Ministerium (bzw. die
Steuerungsgruppe) darauf, dass es bei Ausschreibungen der BBG zur
Lebensmittelbeschaffung zu einer "korrekten Festlegung des
Auftragsgegenstandes" nach dem Vergaberecht kommt, in der das
Kriterium eines Biosiegels ausdrücklich gefordert wird?
- Wenn dies bisher nicht berücksichtigt
wurde: Warum setzt sich das Ministerium nicht für eine angemessene
Ausschreibung nach Bio-Kriterien ein?
- Welche Maßnahmen
werden in ihrem Ministerium getroffen, um die im naBe definierten
Bio-Anteile in den Einrichtungen im Verantwortungsbereich ihres
Ministeriums zu erreichen? (bitte um Angabe der Maßnahmen, erwartetes
Potential, Zeitpläne sowie Monitoring-Vorhaben)
- Gibt es für ihr
Ressort verbindliche Vorgaben für die jeweils für die
Beschaffung von Lebensmitteln zuständigen Stellen (inkl. Caterings
und anderen Verpflegungsdienstleistungen), um das im naBe
festgeschriebene Ziel von 25% Bioanteil zu erreichen? Wenn ja, welche?
- Wie viele verbindliche Weisungen wurden
bisher im Ressort gesetzt, um den Anteil an Bio-Lebensmittel in der
Beschaffung zu erhöhen?
- Welchen Inhalt hatten diese Weisungen?
- Von welcher Stelle wurden diese Weisungen
erlassen?
- An welche Stellen ergingen diese Weisungen?
- Wurden die Weisungen vollumfänglich
umgesetzt? Wenn nein, warum nicht?
- Wann gab es das letzte Treffen der
interministeriellen Steuerungsgruppe naBe?
- Was wurde bei diesem Treffen besprochen und
welche konkreten Ergebnisse hat das Treffen ergeben (z.B.
Maßnahmen; Evaluierungen; etc.)?
- Welche Dienststelle ist im Ministerium
dafür verantwortlich, den naBe Aktionsplan hinsichtlich des 25%
Bio-Zieles umzusetzen und mit der interministeriellen Steuerungsgruppe zu
koordinieren?
- Welche Maßnahmen hat die
Steuerungsgruppe bisher erarbeitet und implementiert, um den Anteil an
Bio-Lebensmitteln zu erhöhen?
- Welche Daten wurden bisher von der
zuständigen Sektionsleitung ihres Ministeriums an die
Steuerungsgruppe übermittelt?
- Wurde im Rahmen der Steuerungsgruppe bereits
ein Monitoringbericht erstellt, in dem der Status Quo der
Bio-Lebensmittelbeschaffung insgesamt und in den einzelnen Ministerien
erhoben wurde?
- Wenn ja: Wie hoch ist der monetäre
Anteil ihres Ministeriums in der Gesamtbeschaffung des Bundes im Bereich
Lebensmittel (bitte in absoluten Zahlen und in % an der Gesamtbeschaffung
angeben)?
- Wurde vom Ministerium eine Monitoringstelle
eingerichtet, die sich mit der Evaluierung der Umsetzung des naBe
Aktionsplans innerhalb des Ministeriums befasst?
- Wie oft liefert diese Monitoringstelle
Daten an die interministerielle Steuerungsgruppe?
- Welche Maßnahmen werden im
Ministerium gesetzt, wenn das Monitoring ergeben sollte, dass das
Ministerium hinter der Zielerwartung bei der Beschaffung von Bio-Lebensmittel
zurück bleibt? Wurden bereits dementsprechende Maßnahmen
gesetzt? Wenn ja, welche?
- Fällt die Zuständigkeit für
die Erfüllung des 25%-Bio-Ziels nach dem naBe überhaupt in den
Zuständigkeitsbereich ihres Ministeriums?
- Wenn nein: Wie wollen sie den naBe dann
überhaupt umsetzen bzw. evaluieren, ob das von der Regierung
beschlossene Ziel erreicht wurde?
- Wenn nein: Wer ist stattdessen für die
Umsetzung des naBe Aktionsplans und im Konkreten für das
25%-Bio-Ziel in ihrem Ministerium zuständig? Wo liegt die
Verantwortlichkeit für die Implementierung des naBe?
i. Haben sie bereits bei der verantwortlichen Stelle interveniert, um den
Bioanteil in ihrem Ministerium zu erhöhen? Wenn ja: Welche Antwort haben
sie erhalten?