17043/J XXVII. GP

Eingelangt am 30.11.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits,

Genossinnen und Genossen

betreffend „Neue Gentechnik zukünftig ohne Risikobewertung, Nachweisverfahren und Kennzeichnung auf unseren Tellern“?

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 5. Juli ihren Vorschlag für einen Rechtsrahmen für Pflanzen, die mit Hilfe neuer Gentechnik (NGT-Pflanzen) herstellt werden. Der EU-Vorschlag plant für NGT-Pflanzen eine umfassende Deregulierung geltender und bewährter Gentechnikregelungen. Künftig sollen rund 95 Prozent der Pflanzen, die mit Hilfe neuer Gentechnikverfahren wie zB der Genschere CRISPR/Cas hergestellt werden, von bislang gültigen Gentechnikregeln, die dem Vorsorgeprinzip folgen sowie umfassende Kennzeichnung für Konsument:innen garantieren, ausgenommen werden. Die durch neue gentechnische Verfahren veränderten Pflanzen, die an bis zu zwanzig verschiedenen Stellen des Genoms gentechnisch verändert wurden, sollen "als gleichwertig mit herkömmlichen Pflanzen" eingestuft werden.

Trotz zahlreicher Differenzen und noch vieler offener Fragen über die geplante europäische Verordnung zur neuen Gentechnik ist es das Ziel der spanischen Ratspräsidentschaft, mit den EU-Mitgliedstaaten bis 12. Dezember 2023 einen gemeinsamen Standpunkt zu beschließen. Damit die EU-Mitgliedstaaten sich auf die Herausforderungen der neuen gentechnischen Verfahren (NGT) einstellen können, schlug Kroatien beim Agrarminister:innenrat am 21. November 2023 vor, den Mitgliedstaaten zumindest sieben Jahre lang die Möglichkeit zu geben, NGT-Pflanzen national zu verbieten. Denn der EU-Vorschlag sieht keine nationalen Verbote vor, die grundsätzlich bei gentechnisch veränderten Pflanzen möglich sind. Nach Ansicht der kroatischen Agrarministerin müssen noch eine ganze Reihe von Problemen für Umwelt, Wirtschaft und menschliche Gesundheit gelöst werden, bevor man über die Verordnung abstimmen kann. Ein Kernpunkt ist dabei die Wahlfreiheit für Konsument:innen und Unternehmen, sich für oder gegen gentechnisch veränderte (gv) Produkte zu entscheiden, heißt es in ihrer schriftlichen Vorlage. Um diese sicherzustellen, müssten sämtliche NGT-Pflanzen angemessen gekennzeichnet und überwacht werden -denn seien sie einmal in die Umwelt freigesetzt, wo sie sich weiter vermehren und ausbreiten, könne das irreversible Schäden verursachen.

Die Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, Jessica Polfjärd von der EVP verwässerte in ihrem Zwischenbericht dem EU-Vorschlag noch weiter:  Selbst die Ausnahme für die Biolandwirtschaft sowie die Kennzeichnung für das Saatgut als NGT soll aus ihrer Sicht fallen. Die EU-Parlamentarier:innen brachten über 1.193 Änderungsanträge ein. Da sich aktuell eine konservative Mehrheit im EU-Parlament abzeichnet, die den EU-Vorschlag unterstützt, ist die Abstimmung im EU-Rat sehr entscheidend. Es gibt noch viele offenen Fragen, die vor einem Ratsbeschluss geklärt werden müssen.

Die Haltung der Bundesregierung kommt in der Pressaussendung vom 5. Juli 2023 klar zum Ausdruck: Der EU-Vorschlag wird abgelehnt. Es ist daher dringend notwendig Allianzen auf EU-Ebene zu bilden, um im Rat eine Mehrheit im Interesse Österreichs zu gewinnen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

  1. Welche Schritte haben Sie gesetzt und werden Sie als Minister setzen, um Allianzen zu bilden, damit der EU-Vorschlag zur Neuen Gentechnik in der Abstimmung am EU-Agrarministerrat am 11./12. Dezember 2023 zurückgewiesen wird?
  2. Mit dem Kommissionsvorschlag kann aufgrund fehlender Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit entlang der Wertschöpfungskette, sowie dem Wegfall von verpflichtenden Nachweismethoden für fast alle NGT-Pflanzen, eine Absicherung der Gentechnik-freien und der Bio-Landwirtschaft nicht gewährleistet werden: Welche Schritte/Initiativen haben Sie gesetzt und werden Sie setzen, damit künftig der Fortbestand von biologischer/gentechnikfreier Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft möglich ist?
  3. Welche konkreten Schritte haben Sie gesetzt und werden Sie auf europäischer Ebene setzen, um Allianzen gegen den EU-Vorschlag zur Neuen Gentechnik zu bilden?
  4. Welche solcher Initiativen wurden wann gesetzt (bitte um detaillierte Auflistung)?
  5. Welche Wirkung, welche konkreten Erfolge, hatten diese Initiativen?
  6. Mit welchen Mitgliedstaaten konnten durch österreichische Initiativen welche Allianzen gebildet werden, um den EU-Gesetzesvorschlag im Sinne der österreichischen Bürger:innen/Konsument:innen zu verändern?
  7. Welchen Mitgliedstaat konnten sie mit dieser Initiative für die Anliegen Österreichs in der Frage rund um Neue Gentechnik gewinnen?
  8. Welche Mitgliedstaaten konnten sie dafür gewinnen, sich für Kennzeichnung vom Feld bis zum Teller sowie Rückverfolgbarkeit einzusetzen, um die Wahlfreiheit für Konsument:innen bei Neuer Gentechnik auch zukünftig zu garantieren?
  9. Welche Mitgliedstaaten konnten sie dafür gewinnen, das Vorsorgeprinzip bei Neuer Gentechnik beizubehalten und eine verpflichtende Risikobewertung für alle Pflanzen, die mit Hilfe Neuer Gentechnik hergestellt werden einzufordern?
  10. Welchen Mitgliedstaat konnten Sie dafür gewinnen, Patentierung für Pflanzen, die mit Hilfe Neuer Gentechnik hergestellt werden, aktiv abzulehnen?
  11. Als Landwirtschaftsminister stellten Sie beim EU-Agrarministerrat im Jänner 2023 eine Initiative für mehr Mitspracherecht bei den Themen Umwelt, Klima und Energie vor. 15 Mitgliedstaaten unterstützen diesen Brief an den EU-Ratsvorsitz mit dem Vorschlag, den land- und forstwirtschaftlichen Expert:innen auf EU-Ebene mehr Mitspracherecht zu geben: Welche Schritte haben Sie gesetzt und werden Sie als Minister setzen, um Allianzen zu bilden, damit der EU-Vorschlag zur Neuen Gentechnik in der Abstimmung am EU-Agrarministerrat am 11./12. Dezember 2023 zurückgewiesen wird?