17047/J XXVII. GP

Eingelangt am 01.12.2023
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage II: Empfehlungen des Rechnungshofs zu Asylbetreuungseinrichtungen des Bundes

 

Die Grundversorgungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG regelt die Zuständigkeit zwischen dem Bund und den Ländern hinsichtlich der Grundversorgung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden. Demnach leistet der Bund im Wesentlichen die Grundversorgung für Asylwerber:innen in der ersten Phase des Asylverfahrens, dem sogenannten Zulassungsverfahren. In dieser Zeit werden Asylwerber:innen grundsätzlich in Bundesbetreuungseinrichtungen untergebracht und versorgt. Grundprinzip der Aufgabenvertei­lung ist, dass Asylwerbende nur kurzfristig in der Betreuung des Bundes verbleiben und möglichst zeitnah und gleichmäßig auf die Länder verteilt werden. Jedoch verbleiben zahlreiche Asylwerber:innen, die bereits zum Asylverfahren zugelassen sind, viel länger in der Bundesbetreuung: Seit Jahren funktioniert der Verteilungsschlüssel nicht und nur wenige Bundesländer erfüllen ihre Quoten. 

Von September bis Februar 2021 überprüfte der Rechnungshof die Asylbetreuungseinrichtungen des Bundes im Bundesministerium für Inneres. Prüfungsziel war es, die Entwicklung und Kosten der Bundesbetreuung darzu­stellen sowie die Objektauswahl für die Betreuungseinrichtungen, die Vertragsge­staltung, die Betreuung und den Personaleinsatz des Bundesministeriums für Inneres zu beurteilen. Die Kritik des Rechnungshofs richtet sich vor allem auf die fehlende Versorgung und die vom Bund zu langfristig geschlossenen Verträge für Quartiere. So waren elf der Betreuungseinrichtungen Ende 2020 bei aufrechtem Vertragsverhältnis, also trotz laufender Zahlungen, stillgelegt, drei davon wurden als Depot genutzt. Dem Bund entstanden bis Ende 2020 Kosten von über elf Millionen für still gelegte Betreuungseinrichtungen. Der Rechnungshof merkt auch an, dass einzelne Mietverträge bis zu 15 Jahre gebunden sind. Lange Kündigungsfristen schränkten die Möglichkeiten, auf geänderte Rahmenbedingungen flexibel zu reagieren zusätzlich ein. Ein spezielles Problemfeld stellen Containeranlagen dar, die während der höheren Anzahl an Asylwerber:innen im Laufe der Jahre 2015 und 2016 errichtet wurden. Denn als diese fertig waren, bestand nicht mehr der Bedarf, den man erwartet hatte. Das Innenministerium verwendete weniger als 30 Prozent der für die Unterbringung von Asylwerber:innen beschafften 3.063 Container für den vorgesehenen Zweck - laut Rechnungshof wären Einsparungen von rund 15 Millionen möglich gewesen. Allgemein wird von den Prüfer:innen kritisch festgehalten, dass das Innenministerium keinen Prozess für Krisensituationen mit einem raschen Anstieg der Antragszahlen festgelegt hat. So sei auch strategisch vom Ministerium keine Vorsorge getroffen worden, und das, obwohl das Ministerium über Daten zu Asyl, Fremdenwesen und Grundversorgung verfügt hat. Auch seien Zuständigkeiten nicht klar geregelt gewesen, unterschiedliche Organisationseinheiten des Ressorts seien für die Suche und Eignungsprüfung von Objekten eingesetzt gewesen. Abschließend richtet der Rechnungshof 18 Empfehlungen an das Innenministerium (1). 

Aus den Beantwortungen zu den NEOS-Anfragen 12445/J und 15197/J stellte sich heraus, dass nur 5 von 18 Empfehlungen des Rechnungshofs vollinhaltlich umgesetzt wurden - die anderen befinden sich nach wie vor in "einer stetigen laufenden Umsetzung". Des weiteren gibt es noch immer keinen Überblick über die tatsächlichen Gesamtkosten der Grundversorgung. Es sei an dieser Stelle anzumerken, dass allein im Jahr 2022 aufgrund der Nichtübernahme von bereits zum Verfahren zugelassenen Asylwerber:innen in die Landesgrundversorgung Mehrkosten in Höhe von 71,26 Mio. EUR anfielen, wie sich aus einer NEOS-Anfrage ergab (2). Diese Steuergeldverschwendung sollte in Zukunft vermieden werden. Aktuelle Informationen zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs sowie diesbezüglich geplante Maßnahmen sind daher von Interesse. 

  1. https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/2022-2_Asylbetreuungseinrichungen.pdf
  2. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/14066

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. RH Empfehlung Nr. 1: "Es wäre ein ganzheitliches, von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen getragenes und auf die jeweiligen Zielgruppen und die Aufenthaltsdauer abgestimmtes Konzept zur Bereithaltung von Vorsorgekapazitäten für die Betreuung von Asylwerbenden durch den Bund zu erstellen." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 2: "Für den Fall eines krisenhaften Anstiegs der Zahl der Asylwerbenden wäre eine Vorgehensweise zum raschen Aufbau kurzfristiger Unterbringungskapazitäten durch den Bund – zusätzlich zu den dauerhaft bereitstehenden – zu entwickeln. Dabei sollten z.B. auch Containerlösungen einbezogen werden." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 3: "Zur Bewältigung größerer Migrationsbewegungen wäre gemeinsam mit den Ländern ein übergreifendes Konzept für eine effektive und wirtschaftliche Vorgehensweise bei der Unterbringung und Betreuung von Asylwerbenden zu entwickeln." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn ja, wie lautet das Konzept? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
    4. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 4: "Für ein erneutes Ansteigen der Asylantragszahlen wäre eine geeignete Strategie zu entwickeln; für ein effizientes Krisenmanagement sowie zur Beschaf­fung von Unterbringungskapazitäten wären ein einheitlicher Prozess mit Zielsetzungen sowie organisatorische Maßnahmen zu definieren." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn ja, wie gestaltet sich der einheitliche Prozess? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
    4. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 5: "Die Entscheidungsprozesse bei der Objektsuche und -auswahl von Liegenschaften und Gebäuden für bestimmte Zwecke – wie für die Betreuung von Asylwerbenden – einschließlich der im Zuge der Eignungsprüfung vorgenommenen Bewertungen wären vollständig, nachvollziehbar und transparent zu dokumentieren." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 6: "Das Bundesministerium für Landesverteidigung wäre verstärkt in die Planung und Konzeption von Vorsorgekapazitäten für die Betreuung von Asylwerben­den einzubinden, um im Krisenfall rasch potenzielle Unterbringungsmöglichkeiten aus dem militärischen Bereich zur Verfügung zu haben." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 7: "Im Rahmen der standardisierten und grundlegenden Eignungsprüfung von Liegenschaften und Gebäuden für bestimmte Zwecke – wie für die Betreuung von Asylwerbenden – wären die relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 8: "Im Rahmen von Vertragsverhandlungen und –abschlüssen wären die Entschei­dungswege nachvollziehbar und transparent zu dokumentieren sowie sicherzustellen, dass auch für Dritte ersichtlich ist, wer den Vertrag im Namen des Bundesministeriums für Inneres unterzeichnete." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 9: "Es wären standardmäßig in Mietverträgen den Bund wirtschaftlich bestmög­lich absichernde Klauseln vorzusehen sowie die Entscheidungsgrundlagen und –gründe nachvollziehbar zu dokumentieren." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 10: "Die Mietverträge zu den Betreuungseinrichtungen des Bundes für Asylwerbende wären zu evaluieren sowie nach Möglichkeit nachzuverhandeln und anzupassen, um nachteilige Folgen aus den Verträgen zu minimieren." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Welche Verträge wurden inwiefern evaluiert und nachverhandelt? 

                                          i.    Einsparungen in welcher Höhe wurden dadurch erreicht? 

                                        ii.    Welche nicht und aus welchem Grund jeweils? 

    1. Wenn nein, warum nicht? 
    2. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 11: "Anhand der Daten zu bestehenden Betreuungseinrichtungen des Bundes für Asylwerbende wären – unter Beachtung jener der Asylbetreuungseinrichtungen der Länder – Richtwerte für die Objekt–Kosten pro Kapazität festzulegen und bei künftigen Objektbeschaffungen zu berücksichtigen." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
    3. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 12: "Mobile Kapazitäten – und insbesondere die bereits angekauften und zur Zeit der Gebarungsüberprüfung in verschiedenen Bereichen verwendeten Container – wären in ein umfassendes Konzept zur Vorsorge für den Fall eines starken Anstiegs der Asylantragszahlen zu integrieren." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn ja, wie lautet das Konzept? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
    4. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. RH Empfehlung Nr. 13: "Es wäre sicherzustellen, dass dem Bundesministerium für Inneres im Bedarfsfall ausreichend geeignete Flächen für die rasche Errichtung von Containeranlagen zur Unterbringung von Asylwerbenden zur Verfügung stehen." Wurde diese Empfehlung mittlerweile umgesetzt?
    1. Wenn ja, wann und durch welche konkrete(n) Maßnahme(n)? 
    2. Wenn ja, welche geeigneten Flächen stünden im Bedarfsfall zur Verfügung? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
    4. Wenn nein, ist geplant, diese Empfehlung in dieser Legislaturperiode noch umzusetzen?  
  1. Gibt es mittlerweile einen Überblick über die tatsächlichen Gesamtkosten der Grundversorgung? 
    1. Wenn ja, seit wann?
    2. Wenn ja, welche Stelle ist dafür zuständig?  
    3. Wenn ja, welche Zahlen und Daten stehen hinsichtlich der tatsächlichen Gesamtkosten der Grundversorgung zur Verfügung? 
    4. Wenn nein, warum nicht? 
    5. Wenn nein, bis wann ist die Schaffung eines Überblicks über die tatsächlichen Gesamtkosten der Grundversorgung geplant?
  1. Gibt es hinsichtlich der Umsetzungen der gegenständlichen Empfehlungen einen Austausch mit dem Rechnungshof? 
    1. Wenn ja, in welchen zeitlichen Abständen und welche Positionen vertreten Sie bzw. Vertreter:innen Ihres Ministeriums? 
    2. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 
  1. Planen Sie bzw. Ihr Ministerium manche Empfehlungen nicht umzusetzen? 
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn ja, mit welcher Begründung jeweils? 
  1. Gibt es aktuell bzw. gab es seit Ende 2020 bis zum Zeitpunkt der Anfrage Betreuungseinrichtungen, die bei aufrechtem Vertragsverhältnis stillgelegt sind bzw. temporär stillgelegt waren? Bitte um Angabe nach Betreuungseinrichtungen und nach jeweiligem Zeitraum der Stilllegung. 
    1. Wenn ja, welche? 
    2. Wenn ja, zu welchen Kosten? 
    3. Wenn ja, werden bzw. wurden diese alternativ genützt? 
  1. Welche Mietverträge bestehen aktuell bzgl. Betreuungseinrichtungen? 
    1. Mit wem bzw. welchem/welcher Vertragspartner:in jeweils? 
    2. Wie lang ist das Innenministerium jeweils gebunden bzw. wie lang sind die Kündigungsfristen?