17079/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.12.2023
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Anfrage

 

des Abgeordneten Mario Lindner,

Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

 

betreffend „Ist unser Gesundheitssystem für einen Blackout gewappnet?“

 

Nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den damit einhergehenden Engpässen in der europäischen Energieversorgung ist die Frage eines möglichen Blackouts in Teilen Österreichs oder im gesamten Bundesgebiet von hoher politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Brisanz. Auch die zunehmende Abhängigkeit vieler Teile der kritischen Infrastruktur unserer Republik von digitaler Kommunikation und dem Internet stellen die Politik vor die Frage, wie grundlegende Versorgungsleistungen, die zum Überleben von Österreicher*innen nötig sind, auch im Falle eines länger andauernden Blackouts aufrechterhalten werden können.

 

Besonders relevant ist diese Frage für den Gesundheitsbereich. In kaum einem anderen Bereich ist die umfassende Vorbereitung auf mögliche Kommunikations- und Energieausfälle mit besonderem Augenmerk auf die Aufrechterhaltung von Schnittstellen zwischen den einzelnen Leistungsträger*innen so lebensrelevant, wie in diesem. Während Länder wie Deutschland sich schon lange und ausführlich mit dem Vorgehen in solchen Extremsituationen beschäftigen, scheinen die Vorkehrungen in Österreich bisher weder gesamtheitlich koordiniert noch umfassend durchdacht zu sein. Die Herausforderungen, die für die Gesundheitsversorgung durch einen Blackout entstehen können, fasste das Deutsche Ärzteblatt kürzlich unter anderem wie folgt zusammen:

 

Arztpraxen und Ärztezentren verfügen im Unterschied zu Krankenhäusern in der Regel nur in seltenen Fällen über Notstromkapazitäten. Vor allem Facharztpraxen und Dialysezentren sind jedoch auf stromabhängige Technik angewiesen und ohne Strom kaum arbeitsfähig. Nicht nur medizintechnische Geräte oder die elektronische Patientenverwaltung sind von einem Stromausfall betroffen, auch Aufzug-, Klima- oder Heizungsanlagen kommen zum Erliegen. Die Sterilisationseinrichtungen fallen aus. Darüber hinaus können auch Batterien beispielsweise in Geräten zur Heimbeatmung knapp werden. (…) Hält ein Stromausfall länger an, verknappen sich wichtige Ressourcen wie Zeit, Beatmungsgeräte, verfügbares Personal, Treibstoff und Informationen. (…) Schon im Zeitraum von acht bis 24 Stunden fortwährenden Stromausfalls nimmt daher die Beeinträchtigung der medizinischen Versorgung deutlich zu.[1]

 

Betroffen sind aber nicht nur Arztpraxen und Krankenhäuser, sondern auch Apotheken – insbesondere modern ausgestattete Großapotheken, deren Warenausgabe nur mehr elektronisch erfolgt – sowie Medikamentengroßlager oder auch Notfall- und Einsatzorganisationen. Viele dieser Einrichtungen und Verbände bereiten sich seit geraumer Zeit selbstständig auf mögliche Blackout-Szenarien vor. Es stellt sich jedoch die Frage, welche koordinierende, vernetzende und abstimmende Rolle der Bund, insbesondere das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, in dieser Frage einnimmt, um eine flächendeckende und dauerhafte Gesundheitsversorgung in allen Bereichen im Falle eines Blackouts aufrechtzuerhalten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

Anfrage:

 

1.    Welche Gesamtstrategien/Überlegungen/Vorkehrungen wurden seitens Ihres Ressorts bisher hinsichtlich der Aufrechterhaltung des ganzheitlichen Gesundheitssystems im Falle eines Blackouts in Österreich erstellt? Bitte fügen Sie alle dahingehenden Konzepte und Unterlagen Ihrer Anfragebeantwortung bei.

2.    Welche Abteilungen in Ihrem Ressort, sowie welche externen Stellen sind mit der Erstellung derartiger Gesamtstrategien/Überlegungen/Vorkehrungen beauftragt?

3.    Wie oft werden die bisher fertiggestellten Überlegungen für den Fall eines Blackouts in Österreich seitens Ihres Ressorts überarbeitet, evaluiert und auf neue Entwicklungen angepasst?

4.    Gibt es hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung in solchen Blackout-Szenarien konkrete Abstimmungen mit anderen EU- bzw. Nachbarstaaten?

a.    Wenn ja, welche Vereinbarungen wurden dahingehend konkret getroffen?

5.    Welche Budgetmittel sind bisher in Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der ganzheitlichen Gesundheitsversorgung im Fall eines (länger andauernden) Blackouts geflossen und wofür wurden diese konkret eingesetzt?

6.    Welche Budgetmittel sind für das Kalenderjahr 2024 konkret für Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der ganzheitlichen Gesundheitsversorgung im Fall eines (länger andauernden) Blackouts bestimmt und wofür konkret werden diese eingesetzt?

7.    Wie konkret soll insbesondere die Arzneimittelversorgung im Fall eines (länger andauernden) Blackouts aufrechterhalten werden und welche Pläne, Vorkehrungen bzw. Bestimmungen wurden für diesen Fall bisher ausgearbeitet?

8.    Wie konkret soll insbesondere die Arbeit von Apotheken, insbesondere voll-automatisierten Apotheken deren Arzneimittelausgabe nur mehr elektronisch erfolgt, im Fall eines (länger andauernden) Blackouts aufrechterhalten werden und welche Pläne, Vorkehrungen bzw. Bestimmungen wurden für diesen Fall bisher ausgearbeitet?

9.    Wie konkret soll insbesondere die Tätigkeit von Medikamenten-Großlagern im Fall eines (länger andauernden) Blackouts aufrechterhalten werden und welche Pläne, Vorkehrungen bzw. Bestimmungen wurden für diesen Fall bisher ausgearbeitet?

10. Wie konkret soll insbesondere die Tätigkeit von Einsatzorganisationen und Notfallsanitäter*innen im Fall eines (länger andauernden) Blackouts aufrechterhalten werden und welche Pläne, Vorkehrungen bzw. Bestimmungen wurden für diesen Fall bisher ausgearbeitet?

11. Wie konkret soll insbesondere der Zugang zum ECard-System im Fall eines (länger andauernden) Blackouts aufrechterhalten werden und welche Pläne, Vorkehrungen bzw. Bestimmungen wurden für diesen Fall bisher ausgearbeitet?

a.    Welche Vorkehrungen wurden insbesondere hinsichtlich des Zugangs zur, in vielen Fällen notwendigen Informationen zur Kranken- und Medikamentionsgeschichte von Patient*innen, die im ECard-System gespeichert sind, getroffen?



[1] Vgl. https://www.aerzteblatt.de/archiv/123167/Sicherheitsmanagement-Blackout-im-Gesundheitswesen